Die Pest. Kent Heckenlively
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Die Frau, die sich als „Jamie“ vorgestellt hatte und die sich jetzt als Mitglied der Polizei des Campus der University of Nevada von Reno entpuppte, befand sich ebenfalls im Verhörraum. „Wir werden Ihnen die Möglichkeit geben, nach Reno zurückzukehren“, sagte sie.
Man muss sich fragen, wie oft die UNR-Campus-Polizei zuvor die Grenze zu Nevada überquert hatte, um eine außerordentliche Professorin in Südkalifornien festzunehmen.
Mikovits fragte sich, ob das ganze Theater ein Versuch gewesen sei, sie einzuschüchtern, sodass sie zustimmen würde, das WPI an der Lipkin-Studie teilnehmen zu lassen. Diese Teilnahme würde dem WPI mindestens eine Viertelmillion Dollar einbringen. Etwa nach dem Motto: Verhaftet sie in ihrem Haus, schleppt sie zurück nach Reno, und lasst sie in einer Gefängniszelle versauern, bis sie zustimmt, das WPI wieder an der Lipkin-Studie teilnehmen zu lassen? Und wenn sie nicht zustimmt, wer weiß, was ihr in einer Gefängniszelle in Nevada passieren könnte?
„Ich gehe niemals wieder nach Reno zurück“, antwortete Mikovits, so klar und deutlich sie konnte. „Das werden wir ja sehen. Wir sehen uns!“, höhnte der Campus-Polizist. Nach etwa zwei Stunden wurde Mikovits in das Gefängnis des Bezirks Ventura gebracht, registriert und aufgefordert, ein Polizeifoto von sich anfertigen zu lassen. Sie unterzogen sie einer gründlichen Leibesvisitation, einschließlich der Untersuchung ihrer Körperhöhlen auf Drogen, nahmen ihr ihren einzigen Schmuck – ihren Hochzeitsring – ihre Baseballkappe und ihre Kleidung ab und gaben ihr einen der üblichen orangefarbenen Gefängnisoveralls. Sie versuchte, den ihr zustehenden Anruf zu nutzen, um David zu erreichen, aber veraltete Vorschriften untersagten Anrufe auf ein Mobiltelefon. Die einzige Festnetznummer, an die sie sich erinnern konnte, war die ihres langjährigen Mitarbeiters Dr. Frank Ruscetti in Maryland. Da niemand zu Hause war, konnte sie nur eine Nachricht auf dem Anrufbeantworter hinterlassen. Anstatt Mikovits zu erlauben zu sprechen, war alles, was auf dem Anrufbeantworter zu hören war, eine geisterhafte roboterartige Stimme, die sagte: „Sie haben einen Anruf vom Häftling.“
Ruscetti erinnerte sich später, keine Ahnung gehabt zu haben, was er mit dieser verrückten Nachricht anfangen sollte. Schließlich rief sie einen Kautionsvermittler an und versuchte, die 100.000-Dollar-Bürgschaft abzuschicken, die sie hinterlegen sollte. Der Kautionsvermittler erzählte ihr mit ungläubiger Stimme, dass in ihrem Fall eine „Kautionssperre“ erlassen worden war und sie an diesem Tag nicht entlassen werden konnte. „Sie müssen wirklich den Zorn von jemandem sehr Wichtigen auf sich gezogen haben“, sagte er.
* * *
„Ich habe noch nie einen Fall gehabt, in dem jemand beschuldigt wurde, seine eigene Forschung gestohlen zu haben“, berichtete Bill Burns von dem Kautionsunternehmen 101 Bail Bonds später.33
Wenn ein potenzieller Kunde Bill kontaktierte, stellte er in der Regel einige Hintergrundrecherchen an, um einen Eindruck von der Person zu bekommen. Manchmal konnten die Leute, die verhaftet wurden, ziemliche Schönredner sein, aber ihre Akte erzählte in der Regel die wahre Geschichte. Burns sprach mit Mikovits’ Anwalt, der die Besonderheiten des Streits mit den Whittemores erklärte. Dann führte er seine eigenen Nachforschungen durch. Er konnte schnell feststellen, dass Mikovits keine kriminelle Vorgeschichte hatte, dass sie eine angesehene Wissenschaftlerin war und auch ihr Mann David Nolde nie Probleme mit dem Gesetz gehabt hatte.
In seiner Vorstellung begann sich ein Bild von seiner neuen Kundin zu formen. Er hatte ein ähnliches Szenario schon mehrmals gesehen – ob es ein übereifriger Bezirksstaatsanwalt war, der jemanden ungerechtfertigterweise strafrechtlich verfolgte, oder eine wohlhabende Person Einfluss hatte und wusste, wie man einem Menschen das Leben schwer machen konnte. Die Informationen, die er in kurzer Zeit über Mikovits zusammentrug, überzeugten ihn, dass hier etwas definitiv aus dem Ruder lief.
„Viele Menschen leiden unter dieser Illusion, wie großartig unser Rechtssystem doch sei“, erzählte Burns später, „aber in Wirklichkeit ist es nicht großartig. Man redet von Ländern der Dritten Welt. Man könnte sich wie in einem Land der Dritten Welt fühlen, wenn man eingesperrt ist und versucht, rauszukommen. Sie können nicht telefonieren. Sie haben keine Möglichkeit, eine Verteidigung zu organisieren. Es ist in einem Land dieses Formats erstaunlich, dass viele Menschen in unserem System so furchtbar aufs Kreuz gelegt werden. Es passiert sehr leicht, am Ende eines Prozesses alles zu verlieren, eines Prozesses, der gar nicht erst hätte geführt werden sollen.“
Es war für Burns’ Unternehmen wichtig zu entscheiden, ob ein potenzieller Kunde vertrauenswürdig war. Kautionen werden erst entlastet, wenn der Fall geklärt ist, unabhängig davon, ob das zwei Monate oder zwei Jahre dauert. Die Kaution für Mikovits betrug hunderttausend Dollar, was bedeutete, dass sie 10 Prozent dieses Geldes im Voraus aufbringen würde. Burns würde normalerweise ein Pfandrecht auf ihr Haus oder andere Immobilien als Sicherheit für die Bürgschaft beanspruchen, aber in diesem Fall hatte er Mikovits oder David Nolde nichts als Bürgschaftssicherung überschreiben lassen.
„Ich habe hunderttausend Dollar auf diese Unterschriften gesetzt, weil ich dachte, dass der Fall nicht nur vollkommen lächerlich war, sondern alles daran verkehrt war“, sagte er später.
* * *
Im Keller des Ventura County Courthouse befanden sich drei Zellen. Die Zellen waren 4,5 m² groß, mit einer knapp einen Meter langen Stahlbank, einer kleinen Wand und auf der anderen Seite einer Stahltoilette, leider ohne Toilettenpapier. Die Wächter wechselten die Zellen ab, in die sie neue Gefangene sperrten, in der Regel etwa fünf in eine Zelle. Wenn es voll wurde oder schon zu später Stunde war, wurde die Gruppe der Gefangenen in die neue Gefängnisanlage in Ventura County gebracht.
Viele der Menschen in der Haftzelle waren wegen Drogendelikten oder Fahrens unter Drogeneinfluss aufgegriffen worden. Einige der Gefangenen hatten an diesem Tag ihren Haftantrittstermin, um ihre Strafe ganz oder teilweise zu verbüßen. Dies waren Menschen, deren Fälle bereits verhandelt worden waren und die aufgrund der Überbelegung der Gefängnisse und der vergleichsweisen Geringfügigkeit ihrer Straftat nur ein paar Tage absitzen mussten.
Kurz nachdem Mikovits in ihrer Zelle angekommen war, kam eine Frau namens Karen (Pseudonym) herein, die an diesem Tag ihre Haft antreten musste. Sie arbeitete für eine lokale Zeitung und organisierte die Fahrzeuge, die am frühen Morgen die Lieferungen ausfuhren. Sie war wegen geringen Drogenbesitzes verhaftet und verurteilt worden und wollte, wie sie Mikovits erzählte, mit ihrem Fehler abschließen und die ganze Sache nur hinter sich bringen. Andere Insassen waren etwas Furcht einflößender. Eine Frau kam herein, auf 15 cm hohen Absätzen, ihre Haare mit achtzehn verschiedenen Schattierungen des Regenbogens gefärbt, und es war eindeutig, dass man sie wegen Drogen verhaftet hatte. Karen und Judy tauschten dankbare Blicke aus, dass sie nicht in ihre Zelle gesteckt worden war.
Als die Stunden vergingen, füllten sich die Zellen weiter, wobei einige von ihnen offenbar Stammgäste waren; sie begrüßten ihre Mithäftlinge oder Wächter herzlich, während sie abgefertigt wurden. Irgendwann fragte eine der Gefangenen, ob eine von ihnen Ersttäterin sei.
„Ich bin es“, sagte Mikovits.
* * *
Am späten Abend, vermutlich um zehn oder elf, wurde Ruth (Pseudonym), eine aufgelöste Frau Mitte fünfzig, ins Gefängnis gebracht. Sie hustete und jammerte gleichzeitig, dass dies alles ein Fehler sei. In den sechs oder sieben Stunden, die Mikovits in der Haftzelle war, hatte sie ein wenig über Gefängnispsychologie gelernt: Man schaute nicht direkt auf Menschen und man hielt den Kopf unten. Alle anderen vermieden es auch, Ruth anzuschauen.
„Das