Sand und Asche. Peter Gerdes

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Sand und Asche - Peter Gerdes

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hat es in sich. Eben ein Überschallknall. Von wegen ein leises ›Plop‹ wie bei James Bond!«

      »Und wie ist es bei Unterschallmunition?«, fragte Stahnke leise.

      Kramer schwieg zwei Sekunden lang. Dann pfiff er durch die Zähne. »Natürlich. Die gibt’s ja auch. Ist weniger effizient als die mit Überschallgeschwindigkeit, aber mit entsprechend größerer, langsam brennender Treibladung und erhöhtem Geschossgewicht …«

      »Und mit Kaliber neun Millimeter«, sagte Stahnke und nickte. »Das reicht auch bei Unterschall. Wurde das Geschoss schon untersucht?«

      »Ist im Labor«, antwortete Kramer. Es klang ein wenig kleinlaut.

      Stahnke bemühte sich, seinen kleinen Triumph nicht zu sehr zu genießen. In der Regel machte ihm Kramers überlegenes Recherchewissen ja auch nichts aus. Aber es konnte gewiss nicht schaden, gelegentlich mal selber einen Punkt zu verbuchen.

      Zumal ihm Kramer allein schon durch die Tatsache um Längen voraus war, dass er gestern Abend telefonisch erreichbar gewesen war und Stahnke nicht. Ganz bewusst nicht; er hatte seine erwachsene Tochter in Südniedersachsen besucht, was selten genug vorkam, und sein Handy mit voller Absicht zu Hause gelassen. Wenn er schon zu weit vom Schuss war, um etwas tun zu können, dann wollte er auch nicht mit Anrufen belästigt werden. Außerdem wusste Kramer ja Bescheid.

      Trotzdem ärgerlich, dass solch eine Sache ausgerechnet an so einem Tag passieren musste!

      Stahnke schob seine Hände zurück in die Hosentaschen, wo er sie bei Tatortbesichtigungen mit Vorliebe aufbewahrte, um nicht unbedacht Spuren zu vernichten, und drehte sich langsam um die eigene Achse. Die BBS-Sporthalle kannte er gut. Ein großes Ding. Hallenfußball-Kreismeisterschaften, Basketball-Regionalliga, Turngala, sogar nationale Titelkämpfe im Taekwon-Do hatten hier schon stattgefunden. Aber eine Modenschau? Wer war bloß auf diese Idee gekommen? Haute Couture und Mattenmief, das passte doch nicht zusammen!

      Andererseits hatte solch eine Riesenhalle aber auch Vorteile. Lage und Infrastruktur stimmten, Parkplätze waren in Hülle und Fülle vorhanden, und vor allem bot die Dreifachsporthalle Platz im Überfluss. Man musste nur die entsprechenden Mittel und die richtigen Leute haben, um Funktionalität und Atmosphäre des weitläufigen Innenraums durch Einbauten und Dekoration entsprechend zu verändern.

      Stahnke nickte anerkennend. Ganz offensichtlich waren die richtigen Leute zum Einsatz gekommen, denn das Resultat war überzeugend. Nicht unbedingt gerade jetzt, da alle Neon-Leuchtröhren strahlten und das Rampenlicht und die Punktstrahler ausgeschaltet waren. Aber bei geschickt ausgesteuerter Beleuchtung konnte die Sporthalle in derart gediegener Aufmachung bestimmt als Modetempel durchgehen.

      An den nötigen Finanzmitteln, das sah man auf den ersten Blick, hatte es nicht gefehlt. Kay-Uwe Venema stand ja auch dahinter.

      Venema war Reeder. Einer von denen, die der ostfriesischen Kleinstadt Leer zum Status des zweitgrößten Reedereistandorts Deutschlands gleich hinter Hamburg verholfen hatten. Einer von denen, die an der Globalisierung verdienten, daran, dass Rohstoffe, Halbfertig- und Fertigprodukte seit Jahren in immer größeren Mengen und immer schneller per Schiff um den Planeten strömten, ohne Rücksicht auf ökologische Erfordernisse. Preis und Profit waren die einzigen Maßstäbe. Ein Geschäft, auf das sich Kay-Uwe Venema hervorragend verstand. Er war reich geworden dabei. Schwerreich. Um nicht zu sagen stinkreich.

      Stahnke musste grinsen, als er ihm die Herkunft dieses Adjektivs einfiel. Einer wie Venema gab sein Geld sicher nicht für das Privileg aus, eines Tages innerhalb einer Kirche oder gar eines Doms begraben zu werden, unter den steinernen Bodenplatten, um Mitmenschen und Nachkommen durch seinen Verwesungsgestank auch nach seinem Tod noch unter die Nasen zu reiben, um wie viel höher seine eigene soziale Stellung gewesen war als ihre. Nein, ein Kay-Uwe Venema wusste sein Geld so zu investieren, dass es schon zu Lebzeiten seines Besitzers reichen Ertrag brachte.

      Venema kaufte und bereederte durchaus nicht nur Schiffe; ewig konnte der überhitzte Welthandel schließlich nicht so weiterlaufen, das zeigte die aktuelle Finanz- und Wirtschaftskrise deutlich. Eine Weile noch, sicher, aber nicht ewig, dafür würde schon der zwangsläufig weiter steigende Ölpreis sorgen. Wenn dann die Transportbranche zusammenbrach, würde das Venema nicht mit in die Pleite reißen, denn er hatte seine multiplen Millionen breit angelegt. Zukunftstechnologie wie Solar- und Windenergie, Gezeitenkraftwerke, Chemie und Pharmazie, medizinische Institute, Technologie und Tourismus. Und das waren nur die Engagements, von denen etwas in der Zeitung stand. Irgendetwas davon würde auch in Zukunft dafür sorgen, dass Venema obenauf schwamm, ganz egal, was aus seinen Schiffen wurde und wen die zyklische und trotzdem so schwer berechenbare Weltwirtschaft demnächst im Abgrund des Bankrotts verschwinden ließ.

      Einer wie Venema konnte sich jeden Wunsch erfüllen. Nicht nur sich, sondern auch seinem Töchterchen. Und wenn Töchterchen aus dem Pony-Alter heraus war und Model werden wollte, dann kaufte Papa ihm eben eine eigene Modenschau.

      Damit, dass Töchterchen bei dieser Gelegenheit Opfer eines Mordanschlags werden würde, hatte Papa Venema wohl nicht gerechnet. Ob er sich das jemals verzeihen konnte?

      Na ja – gut möglich. Schließlich war Stephanie Venema ja nicht tot.

      »Wo genau wurde sie denn getroffen?«, fragte Stahnke.

      »Das Geschoss ging zwischen Brustkorb und linkem Oberarm hindurch«, berichtete Kramer. »Da der Oberarm zu diesem Zeitpunkt angelegt war, gab es beiderseits Fleischwunden. Schmerzhaft, aber ungefährlich. Das Mädel hat unverschämtes Glück gehabt.«

      Stahnke runzelte die Stirn; auf einer Bühne vor Hunderten von Zuschauern mit großkalibriger Munition beschossen zu werden, entsprach eher nicht seiner Vorstellung von Glück. Aber wie auch immer, natürlich hatte Kramer wieder einmal recht.

      »Das Projektil haben wir aus dem Hallenboden geklaubt«, fuhr der Oberkommissar fort. »Das Opfer ist nach dem Beschuss vom Laufsteg auf einen der Tische gestürzt, unmittelbar neben dem Tisch, an dem ihr Vater saß. Ihn hat sie im Fallen ebenfalls umgerissen.« Kramers Stoiker-Maske bekam einen Augenblick lang Risse: »Als ob der Schock für den nicht schon groß genug gewesen wäre.«

      Stahnke musste an seine eigene Tochter denken; das ließ sich einfach nicht verhindern. »Gib mal die Pressefotos her«, schnauzte er ungewollt barsch.

      Stephanie Venema war wirklich wunderschön, das musste ihr der Neid lassen, dachte Stahnke. Auch wenn so hochgewachsene, dünne Blondinen überhaupt nicht sein Typ waren. Aber selbst wie sie so dalag, inmitten von Glasscherben und blutüberströmt, war ihre besondere Ausstrahlung spürbar. Dieses Mädchen schien wirklich das Zeug zu haben, in der Modewelt Karriere zu machen.

      Dann stellte Stahnke fest, dass er Stephanie Venema kannte.

      »Dann müsste sie jetzt siebzehn sein«, murmelte Stahnke.

      »Stimmt genau«, bestätigte Kramer und nickte anerkennend. Wieder ein unverdienter Punkt für Stahnke.

      »Wo kommt eigentlich das viele Blut her?«, fragte der Hauptkommissar. »Doch nicht von zwei Streifschusswunden. Wurde eine Schlagader verletzt?«

      »Das

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