Einführung in die germanistische Linguistik. Karin Pittner
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Girnth, Heiko (2007): Variationslinguistik. In: Steinbach, Markus et al. (Hgg.): Schnittstellen der germanistischen Linguistik. Stuttgart/Weimar: Metzler, S. 187–218. [gute Überblicksdarstellung über sprachliche Variation im Deutschen]
Kellermeier-Rehbein, Birte (2014): Plurizentrik. Einführung in die nationalen Varietäten des Deutschen. Berlin: Erich Schmidt. [klare, gut lesbare Darstellung der Thematik]
König, Werner (2019): dtv-Atlas zur deutschen Sprache. Tafeln und Texte. 19., überarbeitete und korrigierte Auflage. München: dtv. [umfangreiches Kartenmaterial zur Sprachgeschichte und Dialekten des Deutschen]
2. Phonologie
Überblick
Die Phonologie behandelt die lautliche Ebene der Sprache, wobei sie auf die Ergebnisse der Phonetik zurückgreifen kann. Die Phonetik untersucht die Artikulation, die akustische Übertragung und Wahrnehmung von Lauten aus naturwissenschaftlicher Sicht. Die Phonologie hingegen untersucht die Funktion der Laute (Phone) in einem Sprachsystem. Das Lautinventar des Deutschen umfasst Konsonanten und Vokale, die anhand bestimmter Merkmale klassifiziert werden können. Mithilfe des Minimalpaartests können die kleinsten bedeutungsunterscheidenden Einheiten (Phoneme) ermittelt werden, die durch verschiedene Laute (Allophone) realisiert sein können.
Laute können nach bestimmten Regeln zu Silben kombiniert werden, die über einen Kern (Nukleus), einen Anfangs- und einen Endrand verfügen. Durch phonologische Prozesse können Laute in bestimmten Merkmalen verändert oder umgestellt werden. Über einzelne Laute hinausgehende Eigenschaften sind Akzent und Ton.
2.1 Die phonetischen Grundlagen der Phonologie
Phonetik und Phonologie
Die Phonetik beschreibt die materiellen Aspekte der Sprachlaute, die Phonologie dagegen ihre Funktion in einem Sprachsystem. Die Phonologie ist eine Teildisziplin der Linguistik, die das Lautsystem der einzelnen Sprachen untersucht. Die Phonetik dagegen untersucht die lautliche Seite menschlicher Äußerungen unter naturwissenschaftlichem Aspekt, und zwar
a) vom Sprecher aus: Artikulatorische Phonetik
b) vom Hörer aus: Auditive Phonetik
c) auf den Kanal bezogen: Akustische Phonetik
Teilgebiete der Phonetik
Die artikulatorische Phonetik beschreibt die Bildung der Laute. Die akustische Phonetik untersucht die physikalischen Eigenschaften der Schallwellen, wie ihre Dauer, Frequenz und Intensität. Die auditive (oder perzeptive) Phonetik untersucht, wie die Laute wahrgenommen und im Gehirn verarbeitet werden.
Wir werden uns hier näher mit der artikulatorischen Phonetik beschäftigen, da sie wesentliche Grundlagen für die Phonologie liefert. Die artikulatorische Phonetik untersucht, wie die Laute gebildet werden.
Abb. 1 Teilgebiete der Phonetik
Artikulationsorgane
An der Artikulation von Lauten sind eine Reihe von Organen beteiligt. Die Lunge stellt den Luftstrom bereit, der bei der Artikulation geformt wird. Eine wichtige Rolle spielt das Ansatzrohr, das den Luftraum vom Kehlkopf bis zu den Lippen bzw. zur Nase umfasst. Die beweglichen Artikulationsorgane werden auch Artikulatoren genannt. Dazu gehören die Zunge, die Lippen, der Unterkiefer, das Gaumensegel mit dem Zäpfchen sowie der Rachen und der Kehlkopf mit den Stimmlippen, auch Stimmbänder genannt (Glottis).
Abb. 2 Artikulationsorte der Konsonanten im Deutschen (adaptiert nach Pompino-Marschall 2009:183)
Der Kehldeckel stellt die Weiche zwischen Luft- und Speiseröhre dar. Nur bei geöffnetem Kehldeckel ist Atmung und somit Stimme möglich. Die Stimmbänder bestimmen durch ihr Schwingen oder Nichtschwingen über die Stimmhaftigkeit bzw. Stimmlosigkeit der Laute. Das Gaumensegel (Velum) schließt oder öffnet den Nasenraum und bestimmt damit die Nasalität bzw. Oralität der Laute. Die Zunge reguliert den Luftdurchgang durch die Mundhöhle von relativ unbehindert bis zum völligen Verschluss und formt den Luftstrom.
2.2 Das Lautinventar des Deutschen
Phone
Der kontinuierliche Schallstrom lässt sich aufgrund kleiner wahrnehmbarer Veränderungen in einzelne Laute zerlegen, die Phone oder auch Segmente genannt werden. So können z.B. kompetente Sprecher/innen des Deutschen die Lautfolge des Wortes Mann mühelos in drei Segmente zerlegen, nämlich [man]. Phone werden in eckigen Klammern notiert.
Lautschrift
Dabei entspricht nicht immer einem Segment ein Buchstabe. So enthält das Word Schach sechs Buchstaben, jedoch nur drei Laute. Da es keine 1:1-Entsprechung von Laut und Buchstabe gibt (z.B. enthalten Stil, Stiel, stiehl alle den Laut [i:], eine langes i), ist eine Lautschrift notwendig. Am häufigsten verwendet wird die Lautschrift der International Phonetic Association, das International Phonetic Alphabet (kurz IPA-Lautschrift).
Vokale und Konsonanten
Im Folgenden werden wir uns mit dem Lautinventar des Deutschen und seiner Wiedergabe in IPA befassen. Eine erste grobe Klassifikation von Lauten ist ihre Unterteilung in Vokale und Konsonanten. Vokale heißen diejenigen Laute, bei denen der Luftstrom oberhalb der Glottis nicht behindert wird, weswegen sie eine größere Schallfülle aufweisen als die Konsonanten, bei deren Bildung der Luftstrom behindert wird. Die unterschiedlichen Vokale entstehen durch verschiedene Formungen des Resonanzraumes.
2.2.1 Konsonanten
Bei der Artikulation der Konsonanten wird der Luftstrom in unterschiedlichem Maß behindert. Konsonanten werden nach verschiedenen Eigenschaften klassifiziert:
– Wo wird der Luftstrom behindert? (Artikulationsstelle bzw. artikulierendes Organ)
– Auf welche Weise wird der Luftstrom behindert? (Artikulationsart)
– Schwingen die Stimmbänder mit? (Stimmhaftigkeit)
Artikulationsort
Der Artikulationsort der Konsonanten ist die Stelle, an der die Behinderung des Luftstroms stattfindet.
Bilabial: | die beiden Lippen berühren sich: [p], [b], [m] |
Labiodental: | die untere Lippe berührt die oberen Zähne: [f], [v] |
Alveolar: | die Zungenspitze berührt den oberen Zahndamm: [t], [d], [s], [z], [n], [l], [r] |
Postalveolar: |
die Zunge bewegt sich an die Rückseite des
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