Together. Katrin Gindele

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Together - Katrin Gindele

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nicht einmal als eine solche zu bezeichnen, es handelte sich eher um festgetretenen Lehmboden, überzogen mit einer schmierigen Masse aus Schnee und Schlamm.

      Das ganze Dorf wirkte auf mich, als wäre hier schon seit unzähligen Sommern nichts mehr vernünftig repariert worden.

      Da blieb die Gruppe ruckartig stehen. Ich stolperte kurz, konnte mich aber glücklicherweise abfangen, sodass ich nicht in den Schlamm fiel.

      Wir standen vor einem Haus, unmerklich größer als die anderen Gebäude, jedoch nicht weniger sanierungsbedürftig.

      »Was soll das?«, donnerte eine aufgebrachte Frauenstimme über die Straße.

      Neugierig geworden hob ich den Kopf und lugte zwischen zwei breiten Rücken hindurch, um einen Blick auf die Person zu erhaschen, die ihre Stimme erhob.

      Eine Frau mittleren Alters, mit rabenschwarzen langen Haaren und tiefdunklen Augen, beide Hände in die Hüfte gestemmt, verharrte auf der obersten Stufe einer alten Holztreppe. Ihr schwarzer Rock wirkte alt und zerschlissen. Über ihren schmalen Schultern lag ein graues Fell, wahrscheinlich zum Schutz gegen die Kälte.

      Scheinbar hatten alle Bewohner diese beinahe schwarzen Augen. Man erkannte erst, dass sie eigentlich dunkelbraun waren, sobald man direkt vor ihnen stand. Eine außergewöhnliche Augenfarbe, die man beim Südvolk vergeblich suchte.

      »Ich habe ein kleines Geschenk für dich«, beantwortete einer der Nordmänner ihre Frage.

      Wie auf Kommando wurde ich vorwärts geschoben, durch die Gruppe hindurch, sodass ich schlussendlich direkt am Fuße der Treppe stand.

      Der stechende Blick dieser Frau heftete sich auf mein Gesicht. Langsam kam sie die Treppe herunter.

      »Und was soll ich deiner Meinung nach mit ihr anstellen?«, empörte sie sich, nachdem sie mich gründlich von Kopf bis Fuß gemustert hatte.

      Bei ihrem Anblick keimte in mir ein kleiner Hoffnungsschimmer auf. Diese Frau war eindeutig die Vorsteherin des Dorfes – ganz egal, wie ärmlich ihre Bekleidung auch wirkte, oder wie ungepflegt ihre Haare aussahen, die sie lose zusammengebunden zu einem Zopf über ihrer rechten Schulter trug. Zumindest schien sie hier das Sagen zu haben, überlegte ich. Warum sonst sollte man ihr ein Geschenk machen wollen?

      Etwas Besseres hätte mir in meiner Situation gar nicht passieren können. Nur sie konnte mir helfen. Sie war in der Lage den Männern zu befehlen, mich zurückzubringen.

      Also nahm ich all meinen Mut zusammen, machte einen Knicks, wie es die Höflichkeit gebot, und ergriff das Wort.

      »Mein Name ist Solea. Ich bin die Tochter einer Vorsteherin und wurde von euren Männern verschleppt. Voller Ehrfurcht erbitte ich um die Gnade in mein Dorf zurückkehren zu dürfen.«

      Ich hatte so viel Respekt in meine Stimme gelegt, wie ich unter diesen Umständen aufbringen konnte. Ich zitterte am ganzen Leib und meine Zähne klapperten so laut, dass es bestimmt jeder hören konnte. Nichtsdestotrotz lag nun all meine Hoffnung in ihren Händen.

      Aufmerksam betrachtete ich ihr wettergegerbtes Gesicht und hoffte auf ihren Zuspruch. Ihre Augen wurden zunehmend größer. Entgeistert starrte sie mich an.

      »Wie redest du denn?«, fragte sie und ehe ich etwas darauf erwidern konnte, lachte sie lauthals los.

      Das gesamte Dorf stimmte in ihr Gelächter ein, alle lachten aus vollem Herzen. Sogar die Männer, die mich eben noch finster angeschaut hatten, grinsten breit.

      Was war nur los mit diesen Leuten? Gab es denn in diesem verdammten Dorf überhaupt keine zivilisierten Bewohner?

      »Ich versteh nicht, was es da zu lachen gibt«, brachte ich mein Unverständnis zur Sprache. »Um Euch mit dem nötigen Respekt zu begegnen, habe ich meine Worte mit Bedacht gewählt. So benimmt man sich, wenn man auch nur einen Funken Anstand im Leib hat.«

      Das Lachen der Bewohner verstummte genauso schnell, wie es zuvor eingesetzt hatte. Urplötzlich herrschte eine unangenehme Stille auf dem Marktplatz.

      »Ist das so?«, fragte mich die Frau, die nun unmittelbar vor mir stand. Ihre Gesichtszüge verhärteten sich. »Willst du damit sagen, wir haben keinen einzigen Funken Anstand im Leib?«

      Zuerst wollte ich ihre Frage verneinen. Doch meine Erziehung gebot mir stets die Wahrheit zu sagen, sei sie auch noch so unangenehm. »Ja, das will ich damit sagen«, antwortete ich mit klarer Stimme.

      Die Frau schwieg einen Moment, dann hob sie ihren rechten Arm. Erschrocken kniff ich beide Augen zusammen und wappnete mich innerlich gegen den Schmerz, der auf ihre Ohrfeige folgen würde, ausgelöst von meiner ehrlichen, aber nicht sehr klugen Antwort.

      Als nichts dergleichen passierte, blinzelte ich verwirrt.

      Im nächsten Moment spürte ich ihre kalten Finger an meinem Kinn. Mit einem groben Handgriff drückte sie meinen Kopf nach oben und betrachtete aufmerksam meine Verletzungen.

      »Wer war das?«, hörte ich sie kurz darauf fragen.

      Zunächst erhielt sie keine Antwort.

      »Sie hat unser Volk beleidigt«, verteidigte sich der Mann, der für meine aufgeplatzte Lippe verantwortlich war. »Sie hat verdient, was sie bekommen hat.«

      Die Frau ließ mich los, reckte den Hals und schaute an mir vorbei in die Richtung, aus der die Stimme kam.

      Ich wagte nicht, mich umzudrehen. Wie erstarrt blieb ich stehen, schlotternd vor Kälte, und lauschte auf ihre Worte.

      »Wir unterhalten uns später«, sagte sie an den Mann gewandt. Sie machte auf dem Absatz kehrt und begann die Treppe hochzusteigen. »Bringt sie in das Haus von Ragol und Iwara. Gebt ihr Feuerholz, ich will nicht, dass unser Gast erfriert.«

      Gast?

      »So wird hier also ein Gast behandelt«, rief ich hinterher und riss meine gefesselten Hände in die Höhe, als sie sich zu mir umdrehte. »Das nennt Ihr Gastfreundschaft?«

      Ein Lächeln umspielte ihre fahlen Lippen.

      »Was erwartest du von einer Horde Wilder, ohne einen Funken Anstand im Leib?«

      Ehe ich etwas erwidern konnte, verschwand sie in dem Haus mit den kaputten Fensterläden. Jemand trat von hinten an mich heran.

      »Folgt mir, verehrte Dame.« Seine Stimme triefte vor Spott. »Ich begleite Euch in Eure Gemächer.« Dabei packte er mich an der Schulter und stieß mich vorwärts.

      Die Menge löste sich allmählich auf, einer nach dem anderen verschwand in den umliegenden Häusern. Nur ein paar wenige blieben, um den Männern beim Abladen der gestohlenen Vorräte zu helfen.

      Aus dem Augenwinkel bemerkte ich ein altes Mütterchen, das, gestützt auf einem krummen Stock, hinter mir herschaute. Ihr faltiges, wettergegerbtes Gesicht war blass und eingefallen, beinahe schon ausgemergelt. Ihre grauen Haare wirkten fettig, sie waren schon eine Ewigkeit nicht mehr gewaschen worden. Doch ihre dunklen Augen schauten klar und wachsam.

      Noch während ich darüber nachdachte, warum die alte Frau stehengeblieben war, um mich zu beobachten, erreichten wir unser Ziel. Eine Hütte, so winzig, dass dort drinnen unmöglich zwei Personen leben konnten. Ich musste beim Durchschreiten der Tür den

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