Schlemmen am Eifelsteig. Hubert vom Venn

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Schlemmen am Eifelsteig - Hubert vom Venn

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an … Reinartzhof zwischen Eupen und Roetgen gelegen. All die Orte haben etwas gemein: Es leben keine Menschen mehr dort. Und genau der verschwundene Ort Reinartzhof soll unser erster Zwischenstopp sein. Dort treffen wir Förster Georg Hamacher, der viel Arbeit und Energie in die Erinnerungs-Kultur des verschwunden Reinartzhof gesteckt hat. Er erzählt uns kurz die jahrhundertealte Geschichte dieses Dorfs, das auch »Auf dem Reinhard«, oder »Rennert« genannt wurde.

      Reinartzhof lag am Pilgerweg zwischen Aachen (Heiligtumsfahrt) und Trier (Heiliger Rock).

      Bild 7: In Reinartzhof

      In einem Pilger-Hospiz versorgte ein Einsiedler (an einigen Stellen ist auch von Brüdern die Rede) die Pilger mit Nahrung und Unterkunft. Ein Glöckchen half zur Orientierung bei schlechtem Wetter.

      Da später von den um dieses Hospiz errichteten Höfen Viehzucht betrieben wurde, erging 1958 eine Enteignungsverfügung, die sich aber bis 1971 hinzog.

      Begründung für die Enteignung: Trinkwasserschutz im Einzugsbereich der Eupener Wesertalsperre.

      Als die letzten Bewohner den einsamen Weiler verlassen hatten, wurde auch deren Hof dem Erdboden gleichgemacht. Hartnäckig hielt sich das Gerücht, dass der Trinkwasserschutz nur vorgeschoben worden sei, ein geplanter NATO-Flughafen zu Zeiten des kalten Krieges soll der wirkliche Grund gewesen sein. Doch aus dem NATO-Flughafen wurde nichts, die dunklen Wolken verzogen sich. Heute erinnern nur noch ein paar Mauerreste, eine Kapelle, die aus Steinen der Höfe errichtet wurden und die Infotafeln von Georg Hamacher an den einsamen Weiler dort oben im Venn.

      Und da die Printe – wir kommen, wie bereits geschrieben, in Gemünd noch auf das Thema zurück – auch ein beliebtes Nahrungsmittel der Pilger war, gab es mit Produkten der Region hier die …

      Rotkohlsuppe Reinartzhof

      Ein Rotkohl, ein Apfel, eine Zwiebel, 25 Gramm Griebenschmalz, 200 Gramm Speck, Sirop d‘Aubel (sehr guten Sirop gibt es im Klosterladen von Val Dieu), Printen nach Geschmack, ein Liter Gemüsebrühe, ein Glas Sherry oder ein süßer Wein von der Mosel, Pfeffer und Salz, saure Sahne, Petersilie, Schnittlauch.

      Zubereitung: Rotkohl und Zwiebel fein schneiden, in Griebenschmalz und klein gewürfeltem Speck andünsten. Apfel würfeln, Printen und Sirop d‘Aubel zufügen. 25 Minuten in zwei Drittel der Gemüsebrühe kochen, danach ungefähr 3/4 von der Masse pürieren. Sherry oder Wein und die restliche Gemüsebrühe zu der pürierten Suppe, Pfeffer und Salz nach Geschmack. Noch einmal aufkochen. Die restliche, nicht pürierte Masse dazu. Mit der Sahne und mit Petersilie und Schnittlauch dekorieren.

      Da Georg Hamacher sich inzwischen verabschiedet hat, bleibe ich noch eine Zeitlang auf der Bank neben der Kapelle sitzen, in Gedanken an die Menschen versunken, die dort jahrhundertelang gelebt haben.

      Das Wunder von Reinartzhof

      Doch ich bleibe nicht lange alleine, da sich ungefragt einer dieser geheimnisumwitterten Vennläufer zu mir setzt.

      »Du bist ein Geschichtensammler, das weiß ich«, sagte der Mann, den ich nur vom Sehen kannte. »Ich erzähle dir eine Geschichte, hier vom Reinart.«

      Da ich oft Geschichtenerzähler treffe, fragte ich vorsichtig nach: »Und stimmt die Geschichte?«

      »Manche sagen so, mache sagen so«, antwortete er nur und begann: »Die Winter auf dem Reinart waren schon immer hart. Weihnachten stand vor der Tür und die Bewohner des kleinen Weilers hatten alle für die Festtage vorgesorgt.

      Nur – ich nenne ihn einfach so – der alte Alfons, Fons genannt, nicht. Er galt als mürrischer Einzelgänger, sein Haus lag auch etwas abseits und außer mit seinem Hund Lux, den er über alles liebte, sprach er kaum mit Jemand.

      ›De Tachszick muss et don‹, sagte er immer: ›Die Tageszeit muss reichen‹.

      Am Abend vor Heiligabend wollte Lux noch eine Runde um das Haus drehen. Daher öffnete Fons die Haustür, sofort wehte Schnee ins Gehöft. Fons schloss hinter dem Hund die Tür, rutschte auf dem nassen Steinboden aus, schlug hart auf und blieb bewusstlos liegen.

      Lux hatte dies nicht bemerkt. Erst als der Hund wieder ins Haus wollte, witterte das Tier, dass irgendetwas nicht stimmte. Der Schäferhund lief bellend durchs Dorf, aber keiner reagierte, da Lux dies oft tat – meistens hinter anderen Hunden oder Katzen.

      Fons lag noch immer bewusstlos in dem eiskalten Flur.

      Traurig trottete Lux nach Hause und hoffte, dass die Tür doch noch aufgehen würde.

      Vergebens!

      Derweil schlug das Glöckchen vom Reinart, das seit 1831 in der alten Monschauer Pfarrkirche ›St. Mariä Geburt‹ hängt, wie immer in der Rurstadt zur Viertelstunde – Viertel nach sechs, Dunkelheit lag über der damaligen Kreisstadt.

      Verwundert schauten in den nächsten Stunden Anwohner der alten Pfarrkirche zur Turmuhr, da die Glocke schwieg.

      Zu hören war sie allerdings über den Häusern auf dem Reinart. Die Menschen traten aus ihren Häusern und starrten verwundert zum Himmel, wo das Glockengeläut mal über dem Hof, mal über einem anderen Gehöft zu hören war. Schließlich läutete das Glöckchen über dem Weg, der zu Fons Haus führte. Die Bewohner vom Reinart zogen sich warme Sachen an und folgten der Glocke bis vor das Haus von Fons, wo Lux an der Tür kratzte. Da dort oben im Venn nie jemand die Haustür abschloss, fand das kleine Grüppchen den alten Mann, der auch bald wieder zu sich kam und außer einer riesigen Beule unverletzt war.

      Fons war peinlich berührt, wusste der doch, dass man ihn im Dorf ›den Muffkopp‹ nannte. Die Frauen des Dorfes zogen sich in den Flur zurück und tuschelten lange zusammen. Dann riefen sie die Männer und wieder wurde getuschelt. Schließlich blieb nur noch Jupp bei Fons, während all die anderen sich verabschiedeten: ›Wir kommen gleich wieder‹.

      Und sie kamen wieder. Zuerst Karl, der einen kleinen Tannenbaum mitbrachte und ihn bescheiden mit Strohsternen schmückte. Dann folgten die anderen Familien. Alle hatten zu Hause Körbe gefüllt und schon bald standen und lagen auf dem grob gezimmerten Küchentisch Schinken, Würste, Käse, gekochte Kartoffeln, Butter sowie Wein, Bier und Schnaps.

      An diesem Vorheiligabend saßen die Reinarter noch lange zusammen und redeten von alten Zeiten in der Einsamkeit. Es war schon spät am Abend, als die Gruppe das Haus von Fons verließ, der erstmals erzählte, warum er immer so verschlossen und einsam gelebt hatte – eine Geschichte von Tod, Krieg und schmerzlichen Verlusten.

      ›Das machen wir nun jedes Jahr am Vorheiligabend‹, rief eine der Frauen.

      Damals ahnte noch keiner, dass nur ein Jahr später durch königlichen Erlass das ganze Dorf enteignet wurde, die Menschen den Ort in alle Himmelsrichtungen verlassen mussten.

      Kurzum: Eine Feier hat es nie wieder gegeben, man erzählte sich nur noch davon, wenn sich zufällig irgendwo ehemalige Bewohner aus dem Dorf trafen.«

      »Und damit endet nun deine Geschichte?«, fragte ich den Vennläufer.

      »Nicht ganz«, antwortet dieser: »Um Mitternacht wunderten sich an diesem Tag die Monschauer, dass die Glocke vom Reinart nicht nur einmal schlug, sondern – fast jubelnd – fünf Minuten läutete. Man hat mir berichtet, dass man noch heute um Mitternacht vor Heiligabend die Glocke hier oben

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