Wo gehen die Sterne hin, wenn es hell wird?. Carmen Gerstenberger

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Wo gehen die Sterne hin, wenn es hell wird? - Carmen Gerstenberger

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wahr?«

      Bastian seufzte und sein Lächeln wirkte nicht mehr so sorglos wie eben noch. »Und genau das tust du in diesem Moment. Sieh her.« Anschließend schnippte er mit den Fingern.

      Irritiert blickte Elena in den nächtlichen Himmel über Paris, der sich binnen eines Wimpernschlages in ein freundliches helles Blau verwandelte. Bevor sie realisierte, was gerade passiert war, veränderten sich der

      Untergrund und die Umgebung vor ihren Augen, als steckte sie in irgendeiner Matrix fest. »Was war das?«, fragte sie ein wenig ängstlich.

      »Lady Liberty heißt dich herzlich willkommen!« Grinsend verbeugte sich Bastian erneut vor Elena.

      »Das ist nicht wahr! Ernsthaft?« Es war ihr unmöglich, ihre Aufregung zu verbergen, so sehr freute sie sich. »Die Freiheitsstatue?« Wie ein aufgescheuchtes Huhn lief sie in dem kleinen Raum umher und strich bedächtig über jeden Zentimeter, den sie erhaschen konnte. Es fühlte sich an, als würde sich ein lang gehegter Traum erfüllen, doch sie konnte nicht sagen, ob dies lediglich ein Gespinst ihrer Einbildung oder die Wahrheit war.

      »Wünsche werden Wirklichkeit, zumindest in dieser Welt.« Wieder lächelte er sie zufrieden an. »Hast du deinen Bikini eingepackt?«, fragte er grinsend.

      »Aber wieso sollte ich?« Ratlos versuchte sie, aus seinem Gesagten schlau zu werden.

      »Na deshalb.«

      Noch während sie nach einer Antwort suchte, steckten ihre jetzt nackten Füße plötzlich in etwas Warmem fest. Erschrocken schnappte sie nach Luft, doch als sie sich an dem Geländer der Freiheitsstatue festhalten wollte, war diese längst verschwunden. Stattdessen griff sie ins Leere und dann sah sie, wo Bastian sie hingebracht hatte. Weißer Sandstrand erstreckte sich, soweit sie blicken konnte und glasklares Wasser umspielte sanft ihre Knöchel, während die seit langem vermissten Sonnenstrahlen sie von allen Seiten wärmten. »Gute Güte, das ist das Paradies!« Langsam ging sie in die Hocke, vergrub ihre Hand im nassen Sand und ließ ihn glückselig durch die Finger gleiten.

      »Oder auch Whitehaven Beach«, erwiderte Bastian und reckte sein Gesicht der Sonne entgegen.

      »Australien?« Ihr war auf einmal, als kannte sie all die Orte, zu denen Bastian sie brachte. Nicht, weil sie bereits dort gewesen war, sondern weil sie vorgehabt hatte, diese zu besuchen. In einem anderen Leben, das ihr heute so fern und unerreichbar erschien. Allerdings hatte sie nicht die geringste Ahnung, ob sie sich all das nur einbildete oder ob es sich tatsächlich so verhielt.

      »Es sind nicht nur die schönsten Plätze der Welt, ein jeder Ort soll dir auch etwas mitgeben, das dir nicht mehr genommen werden kann, egal wo immer du dich in der Wirklichkeit befinden magst.«

      Elena, die es sich inzwischen im weichen und hellen Sand außerhalb des Wassers gemütlich gemacht hatte, blickte neugierig geworden zu Bastian, der es sich nun neben ihr bequem machte. »Meine Erinnerungen?«, fragte sie zaghaft.

      »Die auch.« Sein Blick glitt über den Strand, hinaus zu den sich leicht kräuselnden Wellen und schließlich in die Ferne, wo der Ozean unendlich zu sein schien. Er wirkte jetzt ein wenig schwermütig auf sie und sie wünschte sich, dass er seine Gedanken mit ihr teilen würde. Schließlich räusperte er sich und schenkte ihr wieder seine gesamte Aufmerksamkeit. »Paris steht für die Liebe wie keine andere Stadt der Welt«, fuhr er lächelnd fort. »Und was kann ein Mädchen mit gelben Abenteuer-Gummistiefeln wohl mehr benötigen, als alle Liebe der Welt?«

      Was er sagte, rührte Elena auf tiefster Ebene, und weil sie nicht wusste, was sie darauf erwidern sollte, sah sie schüchtern in den Sand, anstelle in Bastians Augen. Wie recht er doch hatte. Ohne die Liebe ihrer Eltern hätte sie wohl kaum das Abenteuer Leben überstanden, da war sie sich sehr sicher!

      »Die Lady Liberty steht selbstredend für Freiheit.«

      »Und Freiheit ist das oberste Gut in einem Leben, in dem man im eigenen Körper gefangen ist«, flüsterte sie.

      Nickend versuchte er, weiterhin tapfer zu lächeln, doch sie sah ihm die Niedergeschlagenheit an. »Und dieses kleine Paradies hier steht für Wärme.«

      »Ohne Wärme ist kein Leben möglich.«

      Für einige wenige Sekunden sah er sie wortlos an, als legte er sich seine nächsten Worte sachte zurecht, doch dann schüttelte er den Kopf, sprang auf, reichte ihr eine Hand und zog sie zu sich hoch. »Vergiss deine Gummistiefel nicht!« Augenzwinkernd schnippte er erneut mit den Fingern, und sowie Elena blinzelte, war der wunderschöne Strand verschwunden.

      Obwohl er das nicht zum ersten Mal tat, keuchte sie dennoch kurz erschrocken auf, dieser abrupte Umgebungswechsel war nichts, an das sie sich schnell gewöhnen konnte. Doch davon abgesehen erfasste sie dieselbe Aufregung wie auch schon zuvor. Wo hatte er sie dieses Mal hingebracht, was erwartete sie? Als sie an sich hinabblickte, sah sie zu ihrem Erstaunen, dass ihre baren Füße wieder in den Gummistiefeln steckten, obwohl sie selbige nicht an sich genommen hatte. Oh, wie sehr sie sich wünschte, niemals mehr aus dieser wundervollen bunten, lauten und grellen Welt aufwachen zu müssen, in der alles möglich war.

      »Na, kannst du es erraten?« Ungeduldig hüpfte Bastian von einem Bein auf das andere, während er die Arme weit ausgestreckt in die Luft hielt.

      Elena wurde derart von ihren Gedanken gesteuert, dass sie bisher nur Zeit darauf verschwendet hatte zu grübeln, anstatt sich umzusehen, was sie nun rasch nachholte. Der Anblick des aus unzähligen Steinen erbauten Wunderwerkes, auf dem sie standen, raubte ihr den Atem. »Sind wir etwa auf der Chinesischen Mauer?«

      »So hübsch und noch dazu so schlau!« Nickend verschränkte er die Arme vor der Brust und holte Luft. »Die Mauer steht für Schutz.« Bedächtig ging er einige Schritte auf sie zu. »Du sollst dich niemals wieder hilflos fühlen!«

      Elena schluckte schwer gegen den aufkeimenden Kloß in ihrer Kehle an, so sehr rührten seine Worte sie. Was würde sie darum geben, wenn ihr geistiges Gefängnis ebenso stabile Mauern besäße, welche die Finsternis für immer von ihr fernhalten würden.

      Seufzend sah sich Bastian um. »Sosehr ich diese einzigartigen Orte genieße, so leid tut es mir, dass wir all dies im Schnelldurchlauf anschauen müssen, doch die Zeit ist ein unbarmherziger Gegner!«

      Elena presste die Lippen aufeinander, weil sie nicht wusste, wie sie dieses niederdrückende Gefühl von Bedauern loswerden konnte, das wieder anfing, sich in ihr zu regen. Bastian tat all das hier für sie, und doch musste er sich eilen, wohl, weil er Angst hatte, sie könnte wieder in die Schatten ihres Verstandes zurückkehren, bevor er ihr alles gezeigt hatte. Er war ihr im Grunde völlig fremd und dennoch hatte noch nie jemand etwas derart Wundervolles für sie getan.

      »Sei nicht traurig«, sagte er leise. »Eines Tages wirst du all dies nochmal erleben! Du hast alle Zeit der Welt!« Beinahe hätte sie vor Frustration geschnaubt. Zeit war in der Tat das Einzige, das ihr körperloses Ich zur Genüge besaß.

      »Für Trübsal gibt es in unserem Abenteuer keinen Raum«, unterbrach er ihre Gedanken und nahm ihre

      Hand in seine. »Komm!«

      Einen Fingerschnipp später saß sie plötzlich auf einem großen Felsen und blickte weit unter sich auf die Kultstätte hinab, zu der Bastian sie gebracht hatte. »Großer Gott, Machu Picchu?« Nun fühlten sich ihre Augen doch verdächtig feucht an und Elena schniefte gegen die verwirrenden Gefühle an, die sich in ihrem Inneren abwechselten. »Ich glaube, hier hatte ich vor, herzukommen, kann das sein?«

      »Ganz

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