SchattenSchnee. Nané Lénard
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Читать онлайн книгу SchattenSchnee - Nané Lénard страница 14
„Eins können wir auf jeden Fall sagen“, kam es aus dem Rollstuhl. „Der Mörder hat sowohl medizinisches als auch biochemisches Fachwissen.“
„Wohl so eine Art Universalgenie mit ein bisschen zu hoher Drehzahl im Gehirn“, meinte Peter.
„Gar keine so schlechte Idee“, fand Nadja. „Vielleicht haben wir es mit jemandem zu tun, der eine Inselbegabung hat. So eine Form von Autismus oder so.“
„Ihr sprecht also von einem Menschen, der auf der einen Seite genial ist, aber andererseits auch heftige Defizite aufweist?“, hakte Detlef nach.
„Genau das war meine Überlegung“, antwortete Peter und kratzte sich das Kinn. „Aber mir wäre es verdammt noch mal lieber, wenn wir es nicht mit einem durchgeknallten Typen zu tun hätten.“
Nadja schüttelte den Kopf. „Da bist du vollkommen auf dem Holzweg. Von verrückt kann überhaupt keine Rede sein. Diese Menschen sind klar im Kopf, zum Teil sogar hochbegabt, strukturiert, fixiert und pedantisch. Oft fehlt ihnen die Empathie.“
„Sag ich doch, durchgeknallt“, beharrte Peter auf seiner Meinung.
„Das ist Definitionssache“, erwiderte Nadja. „Ich glaube aber, bei so einem Tätertyp könnte es sich viel schwieriger gestalten, ihm auf die Spur zu kommen, als bei einem von dir als Verrückten bezeichneten. Ein Mensch mit einer schweren psychosozialen Persönlichkeitsstörung handelt nämlich eher impulsiv und weniger überlegt. Seine Aktionen sind spontaner, also nicht geplant. Jemand mit Grips könnte schwer zu überführen sein.“
„Möglich, für mich sind beide Arten von Typen durchgeknallt“, behauptete Peter, „und fertig.“
„Wollen wir uns dann unseren Aufgaben widmen?“, schaltete sich Wolf ein und beendete die Diskussion. Er war müde, auch wenn er das ungern zugeben wollte.
„Also gut“, lenkte Peter ein. „Dann verabreden wir uns wieder für den nächsten Nachmittag. Passt das mit deinen Übungsstunden, Wolf? Ich hätte dich wieder gerne mit dabei.“
„Das kriegen wir hin“, versprach Wolf. „Die Stunden sind vormittags und noch etwas Massage am Abend. Es ist sicher auch möglich, kurzfristig etwas umzustellen, denn der Mann ist ja nur meinetwegen hier.“
„Okay, dann ran an die Arbeit“, ordnete Peter an.
Detlef, Nadine und Niklas gingen in ihre Büros. Wolf winkte zum Abschied an der Tür.
Als alle weg waren, nahm Peter seine Frau in den Arm. „Wie kommst du mit dem Fall klar, Nadeschda?“, fragte er besorgt. Seit ihrer Eileiterschwangerschaft konnte sie keine Kinder mehr bekommen.
„Ganz gut, mein Schatz“, sagte Nadja und lächelte ihn an. Es war rührend, dass er so mitfühlte. „Ich wüsste nur zu gerne, was einen Menschen dazu bringen kann, einer Frau den Uterus samt Embryo zu entfernen und eine andere Gebärmutter in den Unterleib zu legen. Das beschäftigt mich. Mit der anderen Sache habe ich abgeschlossen. Außerdem habe ich ja dich. Zwei von der Sorte, um die ich mich kümmern muss, wären mir zu viel.“
Peter brummte. Er war doch kein Kind.
„Wir werden es herausfinden“, versprach er ihr, „und das Schwein einkassieren, das das gemacht hat.“
Überlegungen
Momo Dietsch hatte viele Quellen, die er anzapfen konnte. Zuerst war er etwas missmutig gewesen, dass er nicht gleich mit der Nachricht und einem Foto an die Öffentlichkeit hatte gehen können, aber er sah es im Grunde ein. Und es lief ihm ja auch nicht weg. Er würde exklusiv berichten dürfen. Das Versprechen hatte er vom Kommissariat.
Was ihm keiner verwehren durfte, war, dass er eigene Recherchen anstellte. Etwas an der jungen Frau war ihm komisch vorgekommen. Okay, sie war tot und deswegen sowieso blass-bläulich bleich, aber trotzdem war sie ihm unglaublich hellhäutig und hellhaarig vorgekommen. Er hatte schon so einige Tote gesehen. Sie war anders. Sie wirkte tatsächlich wie eine Lichtgestalt, beinahe durchscheinend.
Wieder und wieder studierte er die Bilder, die er am Fundort gemacht hatte. Besonders genau betrachtete er den Haaransatz, denn dort konnte man eine unechte Blondine am besten entlarven.
Doch hier war wirklich alles hell. Kein dunkel nachwachsendes Haar zeigte sich auf den Fotos, die Augenbrauen waren fast weiß. Leider konnte er die Achsel- oder Schambehaarung nicht erkennen, aber er hätte seinen Arsch darauf verwettet, dass auch die nahezu unpigmentiert war.
Und eben da lag der Hase für ihn im Pfeffer. So helle Menschen hatte er bisher gehäuft nur auf Island gesehen. Natürlich mochte es auch in Deutschland und Umgebung welche geben und sicherlich etliche in den nordischen Ländern wie Schweden, Dänemark, Norwegen oder Finnland. Aber vielleicht hatte genau das etwas zu bedeuten. Sie sah nicht aus, als ob sie von hier stammte.
Das Klingeln des Telefons riss ihn aus seinen Gedanken.
„Dietsch.“
„Hei, Momo, hier ist Peter Kruse vom Bückeburger Kommissariat .“
„Ah, toll von dir zu hören. Gibt’s was Neues?“
„Leider nichts, wovon ich dir berichten könnte.“
„Schade, aber du wirst doch einen Grund haben, weswegen du mich anrufst“, vermutete Momo.
„Klar, du kannst jetzt einen Aufruf in der Zeitung starten“, informierte Peter ihn, „aber nur das Gesicht, hörst du? Schneid von den Goldlöckchen so viel ab, wie du kannst.“
„Ah, dann wisst ihr immer noch nicht, wer die Frau ist.“
„Würde ich dich sonst anrufen?“, fragte Peter und verdrehte im Geist die Augen.
„Vielleicht brauchst du auch so meine Hilfe“, überlegte Momo laut.
„Ganz bestimmt brauche ich die, weil du uns ja kriminalistisch haushoch überlegen bist“, gab Peter als Antwort. „Sag uns also alles, was du weißt und wir noch nicht.“
Arroganter Fatzke, dachte Momo. „Vielleicht mache ich das“, sagte er frech, „vielleicht auch nicht.“
„Wenn du sachdienliche Informationen zurückhältst, machst du dich strafbar“, drohte Peter scherzhaft.
„Schon klar, Herr Kommissar!“
„Oberkommissar, bitte.“
„Von mir aus auch das.“
„Spaß beiseite. Kann ich mich darauf verlassen, dass du sensibel mit dem Aufruf umgehst? Also keine Details, die dir bekannt sind. Nur Foto und kurze Beschreibung, wo die Frau gefunden worden ist?“
„Klar, hab ich ja versprochen. Und du wolltest mich auf dem Laufenden halten, wenn es was Neues gibt.“
„Mache ich dann auch, wenn es was Relevantes ist, was ich weitergeben kann“, sicherte Peter ihm zu.
„Na gut, ich verlasse mich auf dein Wort“, sagte Momo und verabschiedete sich.
Jetzt