Der Geheimbund der 45. Bernhard Wucherer

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Der Geheimbund der 45 - Bernhard Wucherer

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aller Zeilen, Spalten und der beiden Diagonalen gleich sind. Diese Summe (15) wird als »Magische Zahl« des »Magischen Quadrates« auf dem »Magischen Amulett« bezeichnet. Rechnet man alle Zahlen zusammen, ergibt sich die Zahl 45. Das »Lo Shu« war schon zu Zeiten des legendären mythologischen Kaisers Yu (Regierungszeit von 2205–2147 v. Chr.) in China bekannt (wo es auch im Roman herkommt, weil es in Europa erst im 16. und 17. Jahrhundert beschrieben wird. Dies hat allerdings nichts mit dem in Isny gefundenen Exemplar zu tun). Im Westen hat sich unter anderem Adam Ries (1492 oder 1493–1559 n. Chr.) mit dem »Magischen Quadrat« beschäftigt. In seinem »Rechenbüchlin« gab er auf Seite 71 diese Aufgabe mitsamt der Lösung. Neben zwei Beispielen folgte: »Und darnach verwechsel mit den 8. und 2. also/ so hastu allenthalben 15. Denn alle Summen ergeben die Magische Zahl 15«. Text: »EK« für Egidius Krauwinckel, tätig in Nürnberg.

      Die Motive beider Seiten werden im Roman vordergründig thematisiert und formen sich darin zu zwanghaften rituellen Handlungen, die im Codex des Geheimbundes »Gladius Dei« (lateinisch für »Schwert Gottes«) festgehalten sind. Dessen 45 Mitglieder haben sich bei der Gründung ihres mystischen Zirkels Anno Domini 1001 in der späteren Konzilstadt Konstanz aufgrund der Abbildungen auf dem Avers zum Ziel gesetzt, die bei Todesstrafe verbotenen und von der Kirche verfolgten anatomischen Präparationen zum Zwecke der Wissenschaft voranzutreiben. Und was das Revers des »Magischen Amuletts« betrifft, gibt der Codex dieses Bündnisses vor, talentierten, aber mittellosen Knaben aus dem Bereich und dem Umfeld des Bodensees, aus Westschwaben (dem heutigen Oberschwaben) und aus dem Allgäu zu ermöglichen, die Arithmetik oder andere Fächer der »artes liberales«, der »sieben freien Künste«, zu studieren. Grundsätzlich wäre es äußerst lobenswert, dass sich ein elitäres Bündnis von Adeligen, Gelehrten, Kaufleuten und Medizinern dieser Thematik annimmt … wenn es sich nicht selbst barbarischer Praktiken bedienen würde, die seinen hehren Zielen widersprechen.

      Der in Isny ausgegrabene »Prangerstein«

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      Foto: Heinz Bucher, Isny

      Der mächtige Prangerstein (1,7 Meter × 1,2 Meter) bot die Grundlage für die räumlichen beziehungsweise geografischen Beschreibungen in diesem Roman. Er stand an der exponiertesten Stelle Isnys, am Marktplatz, direkt am Alten Rathaus, dem früheren Amtshaus. Die ungewöhnliche Form mit den reliefartigen Linien erinnert an die städtebauliche Geometrie der Siedlungsgründung, die damit verbundene Gründungsachse und die Ummauerung, sowie die Handelsstraßen und die wichtigsten Stadttore. Die in den Stein gehauenen Zeichen zeigen links ein nach Norden orientiertes gleichseitiges Dreieck. Die Nordrichtung ist vertieft. Die drei Spitzen sind die Stadttore ohne das Obertor. Der Ausgrabungspunkt ist das Wassertor, rechts als Turm mit Spitzdach erkennbar. Die Nordrichtung ist astronomisch orientiert. Die Seitenlängen betragen jeweils tausend »Isnyer Fuß« (333,33 Meter). Da die Tore noch stehen und mit modernen Mitteln vermessen werden konnten, bestätigen sie den »Vermessungsstein« und den Baubeschluss aus der Klosterchronik. Straßen und Tore wurden von der Gründungsachse aus festgelegt. Sie beginnt am Wassertor (Tordurchgang Mitte, Innenseite Tor) und richtet sich zur gegenüberliegenden Dreiecksseite (Seitenhalbierungspunkt). Das vierte Tor (Obertor) ist vom Marktplatz aus nach der astronomischen Wintersonnenwende (22. bzw. 23. Dezember, kürzester Tag) ausgerichtet. Der »Isnyer Fuß« gibt auch die Länge (33,33 Zentimeter) für die ersten Ziegelsteine (Funde aus der Grabung am Marktplatz) vor. Der Maßstab auf dem interessanten Fundobjekt beträgt 1:500. Wie auch andernorts wurde der Pranger in Isny benutzt und war ein Strafwerkzeug in Form eines Pfahls oder einer Säule, an die Missetäter wegen einer als straf- oder verachtungswürdig empfundenen Tat eine gewisse Zeit lang angebunden oder angekettet stehen mussten und somit allgemeiner Verachtung und Spott ausgesetzt waren. Quelle: Roland Manz, Erhard Bolender, Heinz Bucher, März 2020.

      Isny im Allgäu, Hauptort des Geschehens

      Als mächtige Gletscher vor zehntausend Jahren das Allgäu bei Isny formen, bildet sich die reizvolle Landschaft aus, wie wir sie heute kennen und lieben. Damals entstehen das heute landschaftsprägende sanfte Gebirge der Adelegg mit Schwarzem Grat, der Eistobel mit Wasserfällen, Strudellöchern und gewaltigen Felswänden, die Moore mit Heideflächen, lichten Waldgebieten, Wiesen und Seen.

      Bereits den Römern gefällt dieses Fleckchen Erde so gut, dass sie ein Kastell auf einem Moränenhügel im Tal der Argen unweit der heutigen Stadt Isny bauen. Erstmals urkundlich erwähnt wird Isny im 11. Jahrhundert. Als Freie Reichsstadt entwickelt sich Isny ab dem 14. Jahrhundert zur ersten großen Blüte. Die stattlichen Bürgerhäuser innerhalb des mittelalterlichen Ovals mit Toren und Türmen und die noch weitgehend erhaltene hohe Stadtmauer mit Wehrgang zeugen bis heute vom Reichtum der Stadt. Isny ist eine der ersten Städte, die protestantisch wird, nachdem Martin Luther persönlich den Stadtoberen einen Brief geschrieben hat. Die Besonderheit eines katholischen Klosters in der von evangelischem Bürgertum geprägten Stadt, ist nur einer der vielen Gegensätze und jahrhundertelangen Streitpunkte in der Stadtgeschichte. Bereits 1507 bekommt die Stadt als zweite im Bodenseeraum nach Konstanz das Münzrecht.

      1365 wird Isny Freie Reichsstadt und damit nur dem Kaiser untertan. Der freiheitliche Geist bleibt den Isnyern bis heute erhalten. Inzwischen zählt die Stadt mit den vier eingemeindeten Orten Beuren, Großholzleute, Neutrauchburg und Rohrdorf rund vierzehntausend Einwohner. Kunst und Kultur sind in Isny an vielen Ecken zu spüren und zu erleben. Ganz besonders im früheren Kloster und späteren Schloss, das seit Kurzem Kunsthalle, Städtische Galerie und Städtisches Museum unter einem Dach vereint. Aber auch in Isny-Großholzleute, denn dort im historischen Gasthof »Adler« logieren in früheren Zeiten Königinnen, befindet sich eine Station der Thurn-und-Taxis-Post und ist der Gründungsort der ersten Skischule weit und breit. Beim Treffen der »Gruppe 47« mit Preisträger Günter Grass wird dort Literaturgeschichte geschrieben, als Grass zum ersten Mal aus dem Manuskript seiner »Blechtrommel« liest. Besonders herausragend ist die seit Jahrhunderten original erhaltene Prädikantenbibliothek im Turm der Nikolaikirche. Sie enthält wertvolle Handschriften, Inkunabeln (Früh- oder Wiegendrucke) und weitere Kostbarkeiten. Im Rahmen der Stadtsanierung in den letzten Jahren fördern umfangreiche archäologische Ausgrabungen in der Isnyer Altstadt bedeutende Zeugnisse der Geschichte zutage. Neben alten Webstühlen, Tongefäßen und Gläsern sowie sehr mächtigen alten Fundamenten und dem »Prangerstein« wird 2018 auch der »Münzmeisterpfennig« ausgegraben, der in diesem Roman als »Magisches Amulett« die Hauptrolle spielt. Viel Freude beim Lesen dieses herausragend recherchierten historischen Romans!

      Die Gründung des

      »Gladius Dei« – Geheimbund der 45

      Konstanz – Anno Domini 1001

      Ein grausamer Codex verbindet fünfundvierzig Verschwörer aus dem gesamten Allgäu, aus Westschwaben und rund um den Bodensee.

      Es war eine laue Sommernacht. Der pralle Mond zog einen silbernen Streifen über das Mare Brigantium von Konstanz nach Buchhorn hinüber und von dort aus in gerader Linie weiter bis zu einer kleinen Allgäuer Siedlung, die man bald als villa Ysinensi, dann verkürzt als Ysinensi, später als Isine, Isne und etwa fünf Jahrhunderte darauf als Isny bezeichnen würde.

      In Konstanz schien es so, als wenn der Mond vom See aus direkt auf die höchste Erhebung der kleinen Handelsmetropole leuchte und den bedeutendsten Sakralbau im Südwesten der deutschen Lande anstrahle. Trotz der mitternächtlichen Stunde war es fast taghell. So konnte niemand sehen, dass um diese unchristliche Zeit Kerzenlicht aus den Fenstern des Konstanzer Münsters flackerte. Aber auch ohne die Helligkeit hätte niemand etwas davon mitbekommen, was sich im Inneren des neuen Gebäudes abspielte, das anstelle der alten Bischofskirche errichtet worden war. Denn die abergläubischen Bewohner von Konstanz trauten sich nicht, den Mond anzusehen, wenn der sich in voller Pracht entfaltet hatte und ihnen den Schlaf raubte, wenn sie ihn ansahen. Der Anblick konnte großes Unheil über sie, ihre Familien und über ihr Vieh bringen. Deswegen hatten die meisten Menschen

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