Stahnke und der Spökenkieker. Peter Gerdes

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Stahnke und der Spökenkieker - Peter Gerdes

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sich jetzt um Haltung, ein Vorhaben, das bei seiner Massigkeit wenig Aussicht auf Erfolg hatte. »So sieht es jedenfalls aus. Ehe wir aber etwas unternehmen können, brauchen wir Beweise. Etwas Handfestes eben. Bis jetzt haben wir ja bloß Vermutungen. Wenn auch recht plausible, wie ich zugeben muss.«

      »Vermutungen.« Krüger schnaubte verächtlich durch die Nase, so überzeugend, wie Stahnke es bisher nur in alten Preußen-Filmen gesehen und gehört hatte. »Etwas Handfestes! Ha!«

      Ingeborg balancierte das Kaffee-Tablett herein. Sie lächelte Krüger an, als sie die schlanke Blümchen-Tasse vor ihm abstellte. Stahnke bekam seinen HSV-Humpen, wie immer.

      »Danke, Inge«, sagte er. Sein Lächeln fiel unsicher aus und blieb unerwidert.

      »Bitte, Herr Stahnke.« Mit schnellen Schritten verließ die Frau den Raum, das leere Tablett unter den rechten Ellbogen geklemmt.

      Wie konnte ich nur so dämlich sein, dachte Stahnke. Nicht zum ersten Mal. Eine Affäre mit der eigenen Sekretärin, das war ja wohl der klassische Blödsinn. Der beste Beweis für einsetzende Torschlusspanik. Stahnke war jetzt fünfzig und das Alleinsein nach all den Jahren mit Katharina nicht mehr gewohnt, auch wenn er sich seit geraumer Zeit zwangsläufig mehr und mehr Praxis darin aneignete. Daher hatte er Inges Avancen einfach nichts entgegenzusetzen gehabt.

      Natürlich hatte er sich auch geschmeichelt gefühlt. Inge war acht Jahre jünger als er und ausgesprochen attraktiv. Schlank und sportlich, irgendwie handfest erotisch. Richtig, diese Hände. Klein und fest, zart und frech. Als Inge sich zum ersten Mal bei ihm eingehakt hatte, nach einem dieser endlosen Verhör-Abende, die sie zusammen mit ihm klaglos ertrug wie ein echter Kumpel, da hatte er gezittert wie ein Drahtseil unter Spannung. Sie hatte es gespürt. Und fester zugefasst.

      Aber Stahnke war nicht der Typ, der unterschiedliche Erwartungen lange ignorieren konnte. Er war einfach zu ehrlich. Natürlich hatte es eine Weile gedauert, bis er es selbst begriff. Zuerst hatte er sich in Inges offene Arme geworfen wie in einen Zeit-Strudel, der ihn zurück führte in die Lebensphase des Suchens, des Ausprobierens, des Spielens. In eine längst vergangene Lebensphase. In diesen Strudel aber war er alleine getaucht. Inge lebte und liebte hier und jetzt. Ihre Suche war niemals ziellos, und wenn sie spielte, dann nach festen Regeln. Sie wollte keine Affäre, sie wollte eine Beziehung. Etwas Handfestes eben.

      Als Stahnke das klar geworden war, da hatte er es ihr gesagt. Etwas ungelenk vielleicht – »du, lass das mal, wir müssen reden« –, aber unmissverständlich. Dass Katharina sich zwar von ihm getrennt, er sich aber noch immer nicht von ihr gelöst habe. Dass er deshalb zu einer neuen Bindung einfach nicht in der Lage sei. Das hatte er ihr gesagt, ganz offen; ein bisschen bewunderte er sich sogar dafür.

      Na ja, vielleicht hatte er die Karten nicht sofort auf den Tisch gelegt, aber doch ziemlich bald, kaum dass der erste Rausch verflogen war. Er wollte genießen, aber sie sollte sich nicht ausgenutzt fühlen.

      Natürlich tat sie genau das.

      Krüger stellte seine Tasse lautlos auf die Untertasse zurück. Seinem Gesichtsausdruck war nicht zu entnehmen, ob ihm Inges Kaffee mundete. Auch Stahnke trank. Der Kaffee war stark, fast bitter, mit viel Milch und Zucker darin. Typisch Inge: Wenn schon, denn schon. Nicht schlecht, auf Dauer aber würde ihm das auf den Magen schlagen.

      »Wann glauben Sie denn etwas Handfestes vorweisen zu können?«, fragte Krüger. »Wenn man mir das nächste Lager zertrümmert hat?«

      Zynisch konnte er also auch sein, der Herr Import-Export-Kaufmann. Was aber kein Wunder war, schließlich hatte man ihm übel mitgespielt. Erst diese Rufmordkampagne – »Garantiert in die Gruft mit Wendelins Walnüssen« – und dann die Verwüstung seines Speichers. Dutzende von Nuss- und Kaffeesäcken hatten sie aufgeschlitzt und dann mit dem Feuerlöscher draufgehalten. »Als nächstes bin ich selber dran«, fürchtete Wendelin Krüger. Deshalb hatten ihn die Kollegen auch zu Stahnke ins Dezernat Gewaltverbrechen geschickt.

      »Mal anders herum gefragt.« Stahnke beugte sich vor und stützte die Ellbogen auf die Schreibtischplatte, die Unterarme vorgestreckt, die Handflächen offen, als wollte er nach dem langen grauen Herrn greifen. »Kann es denn sein, dass vielleicht etwas dran ist an den Vorwürfen, die gegen Sie erhoben wurden? Schließlich handeln Sie ja mit ›notleidenden Partien‹. Und wenn Sie wirklich schimmelige Nüsse verkauft haben sollten, wäre das ja keine Kleinigkeit. Die sind ziemlich gesundheitsschädlich, habe ich mir sagen lassen. Tja, und dann wäre es immerhin denkbar, dass nicht böse Konkurrenten Ihr Lager verwüstet haben, sondern wütende Verbraucher.«

      Stahnke kam richtig in Fahrt, wie so oft, wenn sich aus ein paar Spekulationen plötzlich ein hübsches, stimmiges Bild zu formen begann. »Nüsse, das ist doch etwas für Naturköstler, oder? Nüsse im Müsli, klar. Oder im Kuchen. Na, und wenn solche Leute merken, dass man ihnen ausgerechnet in ihr Gesundheits-Essen Gift reingemischt hat, dann kann es doch sein, dass die losgehen wie die Tierschützer. Oder?«

      Stahnke klatschte die Handflächen auf den Tisch. Einen Fall mental zu sezieren und zu strukturieren war fast ebenso befriedigend wie die Ergreifung eines Täters aus Fleisch und Blut. Und bestimmt ebenso kreativ.

      Wendelin Krüger schnaubte wieder, diesmal lauter als zuvor. Mit einem Ruck erhob er sich, so dass der Besucherstuhl ein paar Zentimeter über das graue Linoleum nach hinten rutschte, was nach Krügers Kategorien vermutlich einem Wutausbruch gleichkam. »Mein Herr«, sagte er dennoch beherrscht, »ich habe nicht den Eindruck, dass Sie sich meinem Anliegen in gebührender Weise widmen, und bin nicht länger bereit, meine knapp bemessene Zeit auf Ihre abstrusen Theorien zu verwenden. Guten Tag.«

      Starker Abgang, dachte Stahnke, als der lange, gerade, graue Rücken durch die Tür verschwand. Er nahm sich vor, weitere Erkundigungen über die Geschäfte des Herrn Wendelin Krüger einzuholen. Gleichzeitig sollten die Kollegen von der Streife Krügers diverse Lager in der Speicherstadt verstärkt im Auge behalten. Wissen konnte man ja nie.

      Inge schaute herein. Ein giftiger Blick. »Noch einen Kaffee, Herr Stahnke?«

      Es war so bitter, viel bitterer noch als ihr starker Kaffee, und durch keinerlei Milch oder Zucker gemildert. Mit dem Lass-uns-doch-Freunde-bleiben-Mythos hatte Inge in den letzten zwei Wochen gnadenlos aufgeräumt. Wenn schon, denn schon – ganz oder gar nicht. Liebe war nicht, also war Feindschaft. Und jeder, der die Entwicklung vom kollegialen »Sie« zum erst kumpelhaften, dann begehrlichen »Du« verfolgt hatte, wusste jetzt natürlich Bescheid.

      Stahnke suchte Inges Blick, hielt ihm aber nicht stand. »Ja bitte«, sagte er und schichtete ein paar Aktendeckel um, hinter denen er sich am liebsten ganz versteckt hätte. Es war ja so bitter.

      Da war die Akte Krüger. »Vandalismus St-Annen-Straße«, das war in unmittelbarer Nähe des Speicherstadtmuseums. Irgendwie passend, machte doch dieser ganze Herr Wendelin einen irgendwie musealen Eindruck. Vielleicht konnte man ihn ja ausstopfen und ins Museum neben eine der alten Sortiermaschinen stellen.

      Inge platzte mit dem Kaffee mitten in sein Lachen hinein. Ihr blasses Gesicht unter dem dunkelblonden Pilzkopf blieb unverändert streng. »Ist sonst noch etwas, Herr Stahnke?«

      »Nein.« Der Hauptkommissar schluckte trocken. »Danke. Du kannst Feierabend machen, Inge.«

      Sie drehte sich um, mit schwingendem Rock, zeigte ihm das Muskelspiel ihrer schlanken Waden. Wie hatten sie es genossen, alle beide, wenn er zärtlich in diese Waden hineinbiss, sich dann langsam nach oben …

      Sie ging grußlos.

      »Kramer«, sagte Stahnke, ohne die Stimme zu heben.

      Sein

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