Leopardenjagd. Edi Graf
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Er spähte durch das Glas. Sah den Landcruiser in der Ebene. Keine Täuschung. Er hielt den Atem an. Das musste sein Mann sein. Wer sonst sollte um diese Zeit noch durch den Tsavo fahren? Die Touristen hatten sich entweder in ihre Lodges verkrochen und fuhren erst am nächsten Morgen wieder hinaus, oder sie hatten, wie die meisten es taten, den Park noch vor Einbruch der Dunkelheit verlassen, um in ihre Hotels an der Küste zurückzukehren.
Hier, wo Kitema zwischen den hohen Dornbüschen lauerte, musste das Fahrzeug, wenn es dem kürzesten Weg Richtung Voi folgte, ein ausgetrocknetes Bachbett durchqueren. Es war selbst für einen Fourwheeler die einzige Stelle weit und breit, an der die steilen Ufer passierbar waren. Der Landcruiser würde sich langsam schaukelnd den Weg zwischen den mächtigen Steinquadern und den knietiefen Erdlöchern suchen, den selten Wasser führenden Zulauf des Athi überqueren und auf der anderen Uferseite wieder die Böschung erklimmen. Zwei schmale Rillen, hinterlassen von den zahlreichen Fahrzeugen, die an dieser Stelle schon den Bachlauf passiert hatten, wiesen den Weg, und es kostete den Fahrer volle Konzentration, hier nicht auszubrechen oder im weichen Ufersand steckenzubleiben.
Sobald der Landcruiser an dieser Stelle war, würde Kitema schießen. Der Rest wäre dann ein Kinderspiel. Seine Hand strich über den Mündungsfeuerdämpfer. Der leere Tank würde den Fahrer kurz darauf zwingen, anzuhalten und auszusteigen.
Dann würde Kitema zuschlagen.
3
Alan Scott liebte die holprigen Waschbrettpisten, die Gravelroads abseits der üblichen Fahrwege, die selbst einem alten Safariguide höchste Fahrkünste abverlangten. Wenn man sie mit einer stetigen, nicht zu langsamen Geschwindigkeit befuhr, schienen die Räder über die schmalen Querrillen hinwegzugleiten, nur die Schlaglöcher wurden dann eine leicht zu übersehende Gefahr. Rechtzeitig zu reagieren, sie zu umfahren, ohne mit dem Fahrzeug ins Schlingern zu kommen, das war die hohe Kunst der Bushdriver. Diese Straßen waren sein Leben, die Pfade, auf denen er am liebsten durch Afrika fuhr. Weil er wusste, wie er sie zu nehmen hatte, gehörten auch Gäste mit lädierten Bandscheiben und wertvollen Fotoausrüstungen zu seinen zufriedenen Kunden. Nie in seiner langjährigen Karriere als Safarifahrer war er in einem Warzenschweinloch gelandet oder hatte eine Ölwanne geschrottet.
Er schlug genervt mit der flachen Hand auf das Lenkrad, als er den Zeiger der Tankuhr schlagartig in den roten Bereich pendeln sah. Im Schatten einer gewaltigen Schirmakazie, deren überhängende Äste aus der Piste einen turmhohen Tunnel machten, trat er unbeherrscht auf die Bremse und blieb in der dichten Staubwolke, von den Reifen im roten Sand aufgewirbelt, stehen. Lärmend stob ein Schwarm Dreifarbenglanzstare aus dem Akaziendickicht hervor, und eine Horde Paviane floh, aufgeregt kreischend, auf den Baum. Missmutig kroch Alan von seinem klebrigen Sitz, knallte die Fahrertür zu und ging nach hinten, um den Reservekanister in den Tank zu füllen. Das Schweißband seiner Legionärsmütze war nass geschwitzt und er fuhr sich mit dem Handrücken über die glänzende Stirn.
Er schleppte den schweren 20-Liter-Kanister zum Tank, öffnete den Verschluss und schraubte den rüsselförmigen Einfüllstutzen auf das Ventil des Kanisters. Glucksend entleerten sich die ersten Liter in den Tank, während der Kanister, den er gegen den Jeep stemmte, Schluck um Schluck leichter wurde. Alan lauschte dem gleichmäßigen Schmatzen der zähen Flüssigkeit, als ihn plötzlich ein anderes Geräusch ablenkte.
Das laute Rascheln kam aus dem Dickicht hinter seinem Rücken und ließ ihn herumfahren. Fast entglitt ihm bei der raschen Drehung der Kanister. Das Rascheln wiederholte sich, und er suchte mit seinen Augen den Busch ab, ohne den Kanister abzusetzen. Nichts war zu sehen.
Wen er nicht bemerken konnte, war der Mann – Kitema –, der sich dem Rover von der anderen Seite genähert hatte und hinter einem kurzstämmigen Busch kauerte. Zwei Wurzelstücke, die er über den Rover und Alan hinweg in das Dickicht geschleudert hatte, hatten die Geräusche verursacht, die Alan von ihm ablenken sollten, wenn er sein Jagdmesser mit aller Kraft in den rechten Vorderreifen des Rovers stieß. Die Luft entwich zischend, doch das Geräusch verebbte im Glucksen des einlaufenden Benzins.
Alles war ruhig geblieben. Alan schraubte den Tankverschluss zu und bemerkte auf seinem Weg zur Fahrerseite sofort, dass etwas nicht stimmte; der Wagen schien zur einen Seite hin abzusacken. Zunächst dachte er an eine Unebenheit der Piste, eine Mulde, den Eingang zu einem Erdferkelloch, der einen Teil des Reifens verschluckt haben konnte, doch dann sah er die Deformierung des grauen Gummis und trat fluchend gegen den platten Reifen. Das hatte ihm gerade noch gefehlt! Okay, Reifenpannen gehörten dazu, waren Bestandteil jeder Safari. Einen Reifen zu wechseln, war eine Kleinigkeit im Busch. Trotzdem: Wenn es einen Platten gab, war es gewöhnlich im denkbar schlechtesten Augenblick. Auf dem Weg zur Flugpiste, wenn die Zeit wirklich drängte; mitten in der Büffelherde, die gerade dabei war, vielhundertköpfig die Piste zu überqueren; oder kurz vor Einbruch der Dunkelheit, wenn es kaum noch Tageslicht gab und die Batterie der Stirnlampe mal wieder schlappmachte.
Der Reifen war hin, und Alan stapfte ein weiteres Mal zum Heck, um das Reserverad und den Wagenheber zu holen. Mit einer Hand griff er nach einem Stein und setzte ihn als Bremsblock vor das linke Hinterrad. Den schlängelnden Körper, der unter dem Stein davonglitt, bemerkte er nicht. Die Nacht war in greifbare Nähe gerückt, nur ein Fingerbreit hob sich die Sonne noch über die Hügel im Westen. Die plötzliche Stille, die sich immer dann im Buschland breitmachte, wenn der Tag zur Neige ging und sich die friedlichen Sänger, Zupfer und Zirper zur Ruhe begaben, um den leisen und geräuschlosen Räubern der Dunkelheit Platz zu machen, hatte auf einmal etwas Unheimliches, und er vergegenwärtigte sich noch einmal den Augenblick vor wenigen Minuten, als er bei einem Blick in den Rückspiegel geglaubt hatte, eine menschliche Gestalt über die Piste huschen zu sehen, schemenhaft nur, verwackelt durch die holprige Fahrt und undeutlich im Staub, den der Landcruiser hinter sich aufwirbelte. Er hatte es als eine Täuschung abgetan, ein Tier vielleicht, ein großer Pavian. Doch jetzt, nachdem so kurz aufeinander erst der Tank leer und dann der Reifen geplatzt war, hatte er Verdacht geschöpft.
Seine Augen suchten die Umgebung nach verdächtigen Bewegungen ab, doch nicht ein Lufthauch bewegte die dürren Äste der Dornbüsche, kein Vogel kreiste in der Luft und auch die Paviane waren nicht mehr zu hören. Er kam sich vor wie auf einem ausgetrockneten Friedhof. Das Knirschen, als er sich in den Sand kniete, war das einzige Geräusch, und sein lang gezogener Schatten das Einzige, was sich bewegte. Alan suchte nach der Metallnase im Unterboden des Cruisers, um den Wagenheber anzusetzen. Er musste sich auf den Rücken legen und unter den Wagen robben, um sie zu finden. Für einige Sekunden schloss er die Augen, um sie an die Dunkelheit zu gewöhnen. Dann fand er mit der rechten Hand die Stelle und tastete mit der anderen ins Freie nach dem Wagenheber.
– Zsssssst –
Das Zischen unmittelbar neben seinem Ohr durchschnitt die Stille, und Alan hob erschrocken den Kopf. Die Bewegung war so heftig, dass er mit der Stirn gegen den rauen Unterboden stieß. Etwas glitt dicht neben seinem Kopf an seinem Körper entlang. Er hielt den Atem an und spürte, dass sein Herz wie ein Hammer gegen die Rippen schlug.
– Zsssssst –
Das Zischen wiederholte sich, zwar kürzer, aber dafür deutlicher als zuvor. Und irgendwie schien es aggressiver geworden zu sein.
Schon zum zweiten Mal war das Reptil gestört worden. Zuerst hatte der Feind es aus seinem Versteck unter dem Stein vertrieben, dann, als