Ostfriesenspieß. Wolfgang Santjer

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Ostfriesenspieß - Wolfgang Santjer

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style="font-size:15px;">      Tag 3, morgens

      Altstadt Leer,

      Dachgeschosswohnung von Jan Broning

      Das Telefon an seinem Bett riss Jan Broning aus dem Schlaf. Broning war noch ganz in seinem Traum gefangen und es dauerte einen Moment, bis er die grüne Taste drückte.

      Bevor er seinen Namen nennen konnte, hörte er schon die Stimme seines Kollegen Hensmann von der Wache. Sofort hielt Broning den Hörer auf Abstand zu seinem Ohr. Böse Zungen behaupteten, Hensmann hätte in einem früheren Leben zu den Trompetern von Jericho gehört.

      »Sorry, Jan, noch ein bisschen früh, aber Kollege Kromminga von der Tatortgruppe bat mich, dich zu informieren. Sie sind draußen an der Autobahn 28 auf einem Parkplatz und haben einen Toten. Eindeutig Fremdverschulden und ganz schön krass. Er fragt an, ob du dir die Auffindesituation selbst ansehen möchtest. Die Spurensicherung ist am Aufrödeln und fährt gleich raus.«

      »Okay, Klaus. Sie sollen eine Ehrenrunde in der Wörde drehen und mich abholen. Ich mach mich fertig.«

      Jan Broning sah aus dem Fenster auf die gegenüberliegende neue Hafenstadt. War er der Einzige, oder gab es noch andere, die es bei diesem Anblick fröstelte? Er konnte sich nicht an diese Architektur gewöhnen.

      Morgens sah er immer zuerst aus dem Fenster auf die Nesse. Die Wohnungen waren teuer und begehrt, aber er fand, sie strahlten eine gewisse Kälte aus.

      Nach einem letzten sehnsuchtsvollen Blick auf sein warmes Bett ging er in die Küche und schaltete die Kaffeemaschine ein.

      Im Bad wartete die erste Mutprobe auf ihn. Der Blick in den Spiegel.

      Trotz der vielen Falten war er doch zufrieden mit sich. Der Sport und die Umstellung seiner Ernährung zeigten Wirkung. Sein Gesicht war schmaler geworden. Ein bisschen so wie früher.

      In der Küche blieb sein Blick an einem Foto an der Kühlschranktür hängen. Maike de Buhr hatte ihn in dem Passbildautomaten ganz nah an sich herangezogen, als diese Fotos entstanden waren.

      Bis jetzt war es allerdings bei vorsichtigen Küssen und Umarmungen geblieben. Was stand zwischen ihnen? War es der Altersunterschied, war es seine tote Frau – oder die Angst, dass nach einer gemeinsam verbrachten Nacht alles vorbei wäre?

      Jan wollte alles richtig machen. Ja, ›vorsichtige Annäherung‹ traf es wohl am besten.

      Sein Vorgesetzter Dirksen hatte ihm vor vier Wochen eine Kur in Sankt Peter Ording genehmigt. Als er eines Morgens in die Rezeption gegangen war, hatte sie einfach da gesessen. Maike hatte sich Urlaub genommen und war im Wohnmobil ihrer Freundin auf einen Campingplatz nahe am Kurzentrum gefahren.

      Sie hatten schöne Stunden am Strand und in der Umgebung verbracht. Die Anwendungen in der Kurklinik, insbesondere die Ernährungsumstellung, hatten ihn langsam wieder in Form gebracht. Aber irgendetwas hatte sich in Sankt Peter zwischen sie gedrängt. Bildete er es sich ein, oder hatte Maike sich in den letzten Tagen ihm gegenüber reserviert verhalten?

      Der Kaffee brachte ihn auf schmerzhafte Art in die Gegenwart zurück. Er verbrannte sich den Mund an dem zu heißen Gebräu, als die Türklingel schellte.

      »Hier Brede, zur Leiche, mitfahren.«

      Broning verdrehte die Augen. Albert Brede mit seinen Halbsätzen! Er drückte auf den Sprechknopf. »Ich komme.«

      Im Schrank fand er den Thermobecher und füllte ihn mit dem heißen Muntermacher. Beim Hinausgehen warf er sich seine alte Lederjacke über, ging zurück in die Küche und schaltete die Kaffeemaschine aus.

      Unterwegs von der Altstadt Leer bis zur Autobahn,

      AS Leer-West (Rtg. OL, dort befindet sich die Dienststelle der Autobahnpolizei)

      Jan nahm immer mehrere Treppenstufen auf einmal, bis sich sein linkes Knie meldete. Die restliche Strecke ging er vorsichtiger hinunter.

      Draußen stand der weiße Bulli der Spurensicherung. Stefan Gastmann saß auf dem hinteren Notsitz und Kollege Brede auf dem Fahrersitz. Broning öffnete die Beifahrertür, grüßte und stieg ein.

      Er drehte sich zu Stefan um. Für Bredes Halbsätze war es eindeutig zu früh.

      Stefan sah es wohl ähnlich, denn er begann sofort, Jan den bisherigen Ablauf der Ereignisse mitzuteilen. »Die Kollegen von der Autobahnpolizei haben die Grünanlage eines Rastplatzes nach Rehen durchsucht und dabei den Toten gefunden. Der Fundort ist abgesperrt. Der Notarzt hat sein Kreuzchen auf dem Totenschein bei ›unnatürlich‹ gemacht. Die Tatortgruppe war auch schon vor Ort. Es gibt Hinweise auf eine Vergiftung durch Kohlenmonoxid. Und der Zeigefinger der rechten Hand fehlt.«

      Jan Broning fiel es schwer, sich zu konzentrieren. Immer wieder war er in Gedanken in Sankt Peter-Ording. Die schönen gemeinsamen Tage waren viel zu schnell vergangen. Der Alltag hatte sie eingeholt, und nach der Auflösung der Soko Ems hatte man Maike zur Polizeidirektion nach Osnabrück abgeordnet.

      Broning drehte sich wieder zu Stefan um. »Was soll das heißen, der Finger fehlt?«

      »Na, weg halt, futschikato, verschwunden. Die Kollegen sprachen von einem abgetrennten Zeigefinger der rechten Hand.«

      Der Bulli verließ das Stadtgebiet und fuhr inzwischen auf der Kreisstraße 1 weiter in Richtung der Autobahn. Der ausgelutschte Motor röhrte und Stefan sprach lauter. »Die Kollegen von der Autobahnpolizei werden uns zum Fundort begleiten. Wir treffen uns also an ihrer Dienststelle.«

      Brede griff nach dem Hörer des digitalen Funkgerätes. Verbindung und Sprachqualität waren miserabel. »Gleich da, losfahren, keine Zeit verlieren.«

      Jan musste grinsen und sah Unschuld heuchelnd nach rechts aus dem Fenster. Die Kollegen dachten sicher, dass die fehlenden Worte in Bredes Mitteilung vom schlechten Funk geschluckt worden waren. Trotzdem hatten sie ihn wohl verstanden, denn ein Streifenwagen der Autobahnpolizei setzte sich an der Anschlussstelle zur Autobahn vor ihr Fahrzeug. Auf dem Dach des Audi A6 mit den auffallenden gelben Streifen leuchtete kurz das Lichtsignal ›Bitte folgen‹ auf.

      Brede bestätigte kurz mit der Lichthupe.

      *

      Im Streifenwagen sah POK Onno Elzinga, wie der Bulli der Spurensicherung zurückfiel. Der konnte mit ihrem hoch motorisierten Gefährt nicht mithalten. Elzinga nahm den Fuß vom Gaspedal.

      Sie fuhren am Autobahndreieck Leer geradeaus weiter. PK Klaas Leitmann auf dem Beifahrersitz grinste. »Lothar Düselders Gedächtniskurve.«

      Onno war erst seit ein paar Monaten bei der Autobahnpolizei und sah Klaas fragend an.

      Der lachte. »Mit dieser Kurve hat Düselder seine ersten Abschleppwagen finanziert. Die Urlauber glauben, die vorgeschriebenen 40 Stundenkilometer sind etwas übertrieben. Und so fliegen sie aus der Kurve raus und landen immer wieder links und rechts im Gelände.«

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