Gegen die Spielregeln. Philea Baker

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Gegen die Spielregeln - Philea Baker Baker Street Bibliothek

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Miene verfinsterte sich. »Offenbar schon.« Er deutete mit dem Kopf auf die Tür, aus der noch immer schwarzer Rauch drang.

      »Ein Dampfkessel ist explodiert. Offenbar ein technischer Defekt.«

      »Warum sind Sie dann hier, Mister …?«

      »Baker. Inspector Orville Baker. Ich bin hier, um sicherzustellen, dass kein Verbrechen vorliegt, was aller Wahrscheinlichkeit nach auch nicht der Fall ist. Die Bothnia ist ein brandneuer Segeldampfer. Sie wäre nicht das erste Schiff, das aufgrund eines technischen Defekts ein Unglück ereilt.«

      Ryon beugte sich vor und seine Augen verengten sich zu engen Schlitzen. »Mein Vater ist tot.« Er nahm die Hand aus dem Eimer und betrachtete die Verbrennung, bevor er wieder anhob zu sprechen und sich dem Inspector zuwandte. »Im Maschinenraum riecht es nach Dynamit.«

      »Haben Sie auch Geister gesehen da drinnen, die uns Hinweise geben könnten?« Der Inspector lachte spöttisch auf. »Wir untersuchen die Unglücksstelle und prüfen jeden Mann. So arbeitet man in England, nicht mit der Nase.«

      »Das ist der Blick eines Wasicu. Der Schuldige befindet sich möglicherweise gar nicht mehr auf dem Schiff, Inspector Baker. Sie sind später eingetroffen als die Krankenschwester – ihre Kleidung ist nass, die Ihrige trocken.«

      Der Inspector rümpfte die Nase. »Wie sind Sie überhaupt auf dieses Schiff gekommen? Und wann?«

      »Ich bin mit Mr. Bridgetown auf dieses Schiff gekommen. Nach dem Regen, wie Sie sehen.«

      »Ich werde das prüfen.«

      »Machen Sie das. Ich werde jetzt Mr. Bridgetown aufsuchen.« Mit diesen Worten wandte Ryon sich ab.

      Unwillkürlich rückte der Schmerz wieder in den Vordergrund, vertrieb jeden anderen Gedanken. Eine leichte Brise zog über das Schiff und ließ ihn innehalten, spontan den Kopf in den Nacken werfen und die Augen schließen. Das Bild seines sterbenden Vaters war sogleich da. All das Blut. All die Verletzungen. Sein Brustkorb, der sich hob und zum letzten Mal senkte. Er hatte den Namen seiner Mutter ausgesprochen, ohne einen Laut.

      Ryon öffnete die Augen wieder und sah in den blauen Himmel. Er musste Bridgetown finden.

      Auf dem oberen Deck war dieser nicht mehr. Auch der Kapitän war nirgends zu sehen. Die erhöhte Position erlaubte ihm jedoch, das Schiff zu überblicken. Schließlich fand er Bridgetown auf dem Achterdeck stehend, bei den Verletzten und den Krankenschwestern.

      Ein Schreckensszenario bot sich seinen Augen, als er die Treppen zu diesem hinabstieg. Fünf verletzte Männer zählte er. Weiter rechts, in einigem Abstand, registrierte er drei mit Tüchern zugedeckte Körper. Die Verletzten wimmerten und stöhnten, während die Krankenschwestern sich mühten, sie mit sauberem Wasser, frischen Tüchern und Verbänden soweit zu versorgen, dass sie für den Transport ins Krankenhaus bereit waren. Auf dem Boden neben ihm lagen zu eben diesem Zweck Tragen bereit. Bridgetown stand einige Meter entfernt vor einem der Verletzten, die Hände auf dem Rücken verschränkt, ins Gespräch mit einer der Schwestern vertieft, von der er nur den Rocksaum und die Schuhe sehen konnte, da Bridgetown die Sicht auf sie versperrte.

      »Onkel Richard«, hörte er eine energische Frauenstimme, »ich weiß es nicht! Und nun lass mich meine Arbeit machen …«

      »Mr. Bridgetown …« Alles in ihm spannte sich an, als er neben Bridgetown die Krankenschwester wiedererkannte, die zuvor zu ihm und dem Arzt getreten war. Es lag eine Entschlossenheit in ihrem Blick, in ihren dunkelbraunen Augen, die er noch nie zuvor bei einer anderen Frau gesehen hatte.

      »Mr. Buchanan.« Bridgetown holte tief Luft, während er irritiert auf Ryons offenes Hemd blickte und das Tattoo auf seiner Brust wahrnahm. »Kapitän McMickan sagte mir, dass Ihr Vater an Bord war. Dass es keine Hoffnung gibt, noch Lebende aus dem Maschinenraum zu bergen. Er steht unter Schock, konnte mir nicht sagen, ob Ihr Vater unter den Verletzten ist … Sagen Sie, waren Sie etwa im Maschinenraum?«

      »Ja, doch ich kam zu spät. Einer der Männer der Fire Brigade hat meinen Vater geborgen. Er ist tot.«

      Bridgetown zuckte zusammen und blickte ihn erschüttert an. »Es tut mir leid …«

      »Mein herzliches Beileid, Mr. Buchanan.« Bridgetowns Nichte senkte den Kopf.

      Eine Pause entstand.

      »Was ist das?« Sie ergriff sein Handgelenk und betrachtete die Verbrennung.

      »Ich wurde angerempelt und stützte mich an einer heißen Wand ab.«

      Sie hob die Brauen und schüttelte missmutig den Kopf. »Das muss behandelt werden.« Rasch wandte sie sich um, schritt zu ihrem Koffer und entnahm eine Dose. »Dies ist eine Brandsalbe, Mr. Buchanan.« Sie schraubte die Dose auf und nickte ihm aufmunternd zu. »Kommen Sie, lassen Sie sich versorgen.« Sein Herz begann zu rasen. Ihre Hand fühlte sich weich an. Er sah, dass ihre Finger gerötet waren, sie trug keinen Ring. Als er aufsah, gewahrte er, dass sie seine Tätowierung in Augenschein nahm. Er wandte den Blick ab, sah einen Mann, der trotz der schwerwiegenden Verletzung, die er von dem Unglück davongetragen hatte, bei Bewusstsein war. Ein großes Holzstück ragte aus seinem Bein heraus. Der Fremdkörper war mit einem Verband fixiert worden. Eine derartig hässliche Verwundung hatte er schon einmal gesehen. Damals war der Verletzte auf die gleiche Weise versorgt worden. Sein Blick schweifte weiter. Ein Koffer mit Tüchern, Verbänden und Medikamenten stand offen neben diesem, ebenso eine Schale mit Wasser, das rot gefärbt war. Dann kehrte sein Blick zu ihr zurück. Ihre Aufmerksamkeit galt jetzt dem Verband, den sie ihm, nachdem sie seine Hand eingesalbt hatte, anlegte.

      »Mr. Buchanan, ich habe Sie noch nicht miteinander bekannt gemacht. Dies ist meine Nichte Alessa Arlington.«

      »Bitte treten Sie zur Seite.« Ein paar Schiffsleute hatten sich eine der Tragen gegriffen und bahnten sich einen Weg zu den Verletzten. Voran schritt eine junge Schwester. »Wen sollen wir zuerst mitnehmen?«, fragte diese Bridgetowns Nichte.

      Alessa deutete mit dem Kopf auf einen der Verletzten. »Den hier zuerst. Jack heißt er, so viel habe ich aus ihm herausbringen können. Mary, lass ihn nicht aus den Augen. Pass auf, dass er nichts macht. Das Holzstück darf auf keinen Fall bewegt werden.«

      Mary nickte. »In Ordnung.«

      Alessa trat zur Seite, um den Männern Platz zu machen, ebenso Ryon und Bridgetown.

      »Vielen Dank für die Versorgung, Ms. Arlington.«

      Alessa schraubte den Verschluss der Dose zu und reichte sie ihm, wobei sie ihm tief in die Augen sah. Sie wirkte mit einem Mal streng. »Tragen Sie die Salbe jede Stunde auf, Mr. Buchanan. Das lindert die Schmerzen und fördert den Heilungsprozess. Wenn die Blasen aufgehen, legen Sie besser wieder einen Verband an, um einer Infektion vorzubeugen.«

      Er bedankte sich.

      Bridgetown drängte zum Aufbruch und sie verabschiedeten sich voneinander. Bevor er Bridgetown folgend das Deck verließ, sah er sich nochmals nach ihr um. Sie stand noch immer am selben Platz. Irgendwie schien sie sich ertappt zu fühlen, als ihre Blicke aufeinandertrafen, denn sie senkte unwillkürlich die Lider und wandte sich ab.

      In der Kutsche kreiste ihr Gespräch um die Explosion auf der Bothnia und den Tod seines Vaters. Sie trafen eine Verabredung für den nächsten Tag; Ryon wollte einen Blick in das Greenbook werfen, um mehr über die technischen Details der Bothnia in Erfahrung zu

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