Echo eines Freundes. Ingvar Ambjørnsen

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Echo eines Freundes - Ingvar Ambjørnsen

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Eine Annahme, die mehr oder weniger bestätigt wird, als ich sehe, mit wem zusammen ich einkaufe. Hausfrauen in verschiedenen Altersstufen. Mit und ohne Kinder. Solche, die das Essen auf den Tisch stellen, wenn der Mann von der Arbeit kommt, so, wie es in meiner Kindheit Sitte und Brauch war, auch wenn wir bei uns zu Hause am Tisch keinen Gatten und Vater vorweisen konnten. In Grefsen ist es noch immer so. Denke ich. Und amüsiere mich bei der Vorstellung, was passieren würde, wenn ich das laut ausspräche, es in die rosa Gehörgänge flüsterte, von denen ich hier umgeben bin.

      Ich lege Grundnahrungsmittel in den Wagen. Milch. Margarine. Ein dickes Stück Gouda. Eine Packung Pfeffersalami. Und so weiter.

      Auf einen Impuls hin bleibe ich bei einem vertrauenswürdig aussehenden Mann stehen, der auf Knien liegt und Seifenpulverpackungen ins unterste Fach stellt. Er schaut ein wenig verängstigt zu mir hoch, als ich einfach anhalte und keine Anstalten mache, weiterzugehen.

      Um die Lage nicht schwierig zu machen, frage ich freundlich, ob er sich vielleicht mit Schimmelpilzen und solchen Dingen auskennt.

      »Schimmelpilzen?« Er erhebt sich zögernd.

      Ich erkläre, dass ich in eine etwas unangenehme Situation geraten bin. Habe eben gleich hier um die Ecke ein Haus gekauft. Und jetzt stellt es sich heraus, dass die Mieterin in der Sockelwohnung im Badezimmer Pilzbefall entdeckt hat. Ich werde das natürlich dem Makler und dem ehemaligen Besitzer gegenüber zur Sprache bringen müssen. Aber was tun? Die Mieterin ist eine alte Dame. Ich will sie ja nur ungern warten lassen, und man kann doch nicht jedesmal, wenn etwas schiefgeht, Polen anrufen …

      Wir wiehern jetzt beide. Das hier ist ein guter Supermarkt.

      »Die Frage ist ja, ob Sie zu einem Fachgeschäft müssen«, sagt er zögernd. »Wie sieht das denn aus?« Er zieht sein Smartphone hervor.

      Ich beschreibe den Pilz. Schwarze Punkte, die an einzelnen Stellen zu einer kompakten Masse zusammengewachsen sind. Ein bisschen wie Gelee. Glitschig.

      »Ach, du meine Güte. Scheint ja echt Mist zu sein. – Und wir haben hier wie gesagt kein Spezialmittel gegen sowas … Mal sehen … Schimmelpilz … Ja. Sieht wirklich aus, als hätten Sie Schimmelpilz erwischt, ja.«

      Ich erkläre, dass ich den Schimmelpilz nicht erwischt habe, sondern dass selbiger die ganze Zeit schon da war. Und dass der ehemalige Hausbesitzer ihn mir unterschlagen hat. Verschwiegen. Getarnt.

      »Ja, ja. Egal wie. Das müssen Sie in Ordnung bringen. Kann für Atemwege und Augen gleichermaßen schädlich sein. Unnormale Müdigkeit. Kaum das Richtige für eine alte Dame.«

      Ich spüre, wie sich meine Kehle zusammenschnürt.

      »Aber Moment mal, hier steht, Sie können es mit Chlor versuchen.«

      »Mit Chlor? Aber ist das denn nicht gefährlich?«

      »Das ist nichts, was man sich so mal kurz hinter die Binde gießt, das nicht, nein. Gummihandschuhe. Führen wir auch. Und dann müssen Sie auf Ihre Augen aufpassen.«

      Er wird jetzt dominierend und belehrend. Ich bin schon mein ganzes Leben lang von dieser Sorte von Männern umgeben. Solche, die wissen, wie alles Mögliche in Ordnung gebracht werden kann. Die wissen, wie es auf der Rückseite deines Kühlschrankes aussieht. Willst du dich hier etwa bei mir einschmeicheln, denke ich. Daraus wird aber nichts. Ich interessiere mich nämlich nicht für Pilzbefall, und für Fliesenlegen im Bad auch nicht. Aber das tut dieser Bursche. Das steht fest. Wenn ich diesen Mann frage, ob er Segen der Erde gelesen hat, wird er mich für schwul halten.

      »Kaufen Sie immer hier ein?«

      Ich: »Warum?«

      »Ich kann mich mal für Sie erkundigen, wenn Sie wollen. Aber ich schlage auf jeden Fall vor, dass Sie es zuerst mit Chlor versuchen.«

      Auf irgendeine Weise zaubert er eine grüne Plastikflasche hervor und legt sie vorsichtig in meinen Wagen. Als ob es sich um Sprengstoff handelte. Unaufgefordert wirft er eine Packung stählerner Topfschwämme und ein Paar Gummihandschuhe hinterher.

      »Und wir passen auf die Augen auf, nicht wahr?«

      Pass du lieber selbst auf, denke ich, und lächele gerade so falsch, wie mein Gewissen es mir erlaubt.

      Ich darf nicht vergessen, dass ich ihn angesprochen habe. Nicht umgekehrt.

      Die Stimme des Psychologen, irgendwo hinter dem Hügelkamm.

      Das hier ist ein ziemlich kleiner Spar. So klein, dass zwei Kassen reichen. Bedient von zwei dazugehörenden Kassiererinnen. Mir kommt das wie gerufen. Und ich sehe es ja sofort. Dass hier die Rede ist von zwei erwachsenen, sympathischen Frauen. Nicht von unsicheren Teenagern, die Kaugummi kauen und bis über sämtliche Ohren tätowiert sind, sondern von Mädels von um die fünfzig, die wissen, was sie wollen, und das in jeder Beziehung. Wieder werde ich daran erinnert, wie wichtig es ist, sich an einen festen Supermarkt halten zu können, die vertrauten Waren in den Regalen, dasselbe Personal zwischen Regalen und Truhen, und die vertrauenerweckenden freundlichen Frauen an den Kassen. Wenn ich einkaufen gehe, wähle ich zugleich meine Frau, denke ich mit einem heimlichen Lächeln. Die an Kasse 1, oder die an Kasse 2. Nicht, weil die andere nicht ebenso reizend und nett sein kann wie die eine, sondern ganz einfach, weil die Situation das verlangt. Weil man seine Waren nicht an zwei Kassen zugleich bezahlen kann. Die üppige Rothaarige muss nun der ein wenig Geheimnisvollen mit den rabenschwarzen Haaren weichen, der mit der leicht übertriebenen Schminke. Ein bisschen nach Schlampe sieht sie aus, aber nur ein bisschen. Absolut innerhalb der Grenzen. Und – so tröste ich in Gedanken die Rothaarige – an einem anderen Tag wird die Wahl auf dich fallen. Solche Dinge hängen oft mit der Tagesform zusammen. Gerade jetzt reitet mich eine gewisse Tollkühnheit, nach dem Gespräch hinten bei den Reinigungsmitteln. Eine Prise Adrenalin, die mich zu der mit den schwarzen Haaren und dem grünen Lidschatten treibt. Beim nächsten Mal können Trost und Vertrauen angesagt sein, und dann wird es natürlich der Rotschopf. Die Rote mit der Sahnehaut und den niedlichen Sommersprossen am Hals. Ob die beiden wohl gute Freundinnen sind? Sicher. Wilde Zankereien in Pausenraum oder Umkleidezimmer kommen hier wohl kaum vor. Dennoch habe ich das Gefühl, dass sie in der Freizeit nicht viel miteinander zu tun haben. Vielleicht ab und zu mal ein Kinobesuch, aber mehr bestimmt nicht. Dazu sind sie zu verschieden. Die Schwarzhaarige strahlt etwas aus von »ein bisschen Spaß auf der Dänemarkfähre«, während die Rothaarige eher die Sorte ist, die zu Hause in Trainingshose und Garfield-T-Shirt herumpusselt. Ja, solche Gedanken macht man sich doch, wenn man in der Warteschlange steht. Würde die Rote irgendeine Form von Eifersucht entwickeln, wenn ich mich immer für die Schwarze entschiede (die ich im selben Moment Pikdame taufe)? Kaum. Dazu sind sie zu professionell. Es piept und blinkt rot, während sie mit großer Autorität die Strichcodes über den Scanner ziehen. Ohne dabei den Kontakt zum Kunden zu verlieren. Routiniert. Die ganze Zeit werden Lächeln und freundliche Worte gewechselt, und als Neuankömmling merke ich rasch, dass hier vor allem von Stammkundschaft die Rede ist. Bald werde ich auch dazugehören.

      Ja, was wissen die Kassiererinnen wohl alles über den Kunden und das Leben, das er führt? Jahraus jahrein sitzen sie da und geben die gleichen Waren ein. Sie wissen, was jeder Einzelne sich einverleibt, um das Blut durch die Adern kreisen zu lassen. Mit welcher Seife sich die Kundschaft bevorzugt wäscht. Ach ja, da kommt die mit dem extraweichen Toilettenpapier. Ja, ja. Hoffentlich gibt sich das demnächst mal. Schon wieder eine neue Zahnbürste? Will er das nicht mal bald reparieren lassen? Bier an einem normalen Montag? Die Frage ist ja doch, ob du nicht mal mit den Kartoffelchips aufhören solltest, du Tonne.

      Aber kein böses Wort. Nur freundliches Lächeln und Smalltalk im Vorübergehen.

      Für

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