Perry Rhodan Neo 233: Der Oxtorner. Rainer Schorm

Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу Perry Rhodan Neo 233: Der Oxtorner - Rainer Schorm страница 4

Perry Rhodan Neo 233: Der Oxtorner - Rainer Schorm Perry Rhodan Neo

Скачать книгу

Durchmesser der irdischen Sonne und der 14.000-fachen Leuchtkraft.

      »Alpha Carinae«, murmelte Hawk. »Was für ein harmloser Name für ein solches Monstrum.«

      Etwas lag in der Luft, und es irritierte ihn. Seine Intuition war eindeutig: Gefahr.

      Hawk schnupperte. Seine olfaktorischen Rezeptoren registrierten derzeit wohl rund fünftausend unterschiedliche Aromen. Ein normaler Mensch von der Erde konnte etwa zehntausend Gerüche unterscheiden – er hingegen die gut zehnfache Menge.

      Er roch Dellavis, ein schwacher Duft nach Muskatblüte. Der aufkommende Flue trug den Geruch der explodierenden, stahlblauen Samenkapseln bis hierher. Bald würde die Duftintensität kaum noch zu ertragen sein.

      Plötzlich gleißte überall tiefrotes Licht auf, und der tiefe Ton der Fluewarnung lag über allem, drang in seine Ohren und war in den Magennerven zu spüren.

      Die Imarter, die sich auf demselben Stag wie Hawk aufhielten, begannen zu rennen. Die Stagen dienten als Verbindungswege zwischen den Felssäulen und Gebäuden von Nor Tun, sie erinnerten an steife Hängebrücken, waren aber sehr viel stabiler – des Flues wegen.

      Der Flue war ein heftiger, warmer und feuchter Steigungswind, der allerdings nicht viel mit ähnlichen Phänomenen auf anderen Welten gemein hatte. Imarts Flue war eine Sturmflut aus Luft, eine Naturgewalt, die alles hinwegriss, was ihr im Weg stand. Die Stagen jedoch vermochten dem Flue zu widerstehen, die Siedler wollten ihrer Welt dadurch beweisen, dass sie zu Recht auf Imart waren. Gleiter oder andere Fluggeräte indes hatten bei den sturmartig auffrischenden Kaminwinden oft gewaltige Schwierigkeiten. Die Stagen und die Siedlungen auf den Turmbergen waren Imarts Visitenkarte.

      Rings um Hawk liefen Imarter auf die Endpunkte des Stags zu. Sie waren nicht panisch, aber viel fehlte nicht, es kam zu ersten Rempeleien. Ein Flüchtender prallte gegen ihn, und der Mann verzog schmerzlich das Gesicht. Hawks Kompaktkonstitution hatte für andere zuweilen unangenehme Folgen, er selbst schwankte nicht mal.

      Er unterschied sich äußerlich kaum von einem irdischen Menschen, einem Plophoser oder Olymper. Vor allem seine olivbraune Haut bewies aber jedem, dass er nicht von Imart stammte.

      Die zentrale holografische Lichtsäule der Fluewarnung stand wie ein roter, eingefrorener Blitz über Nor Tun. Der begleitende Warnton wurde lauter und vibrierte nun: Warnstufe zwei!

      Ein Schwarm Flatterratten jagte in der Nähe vorbei und bildete ineinander übergehende Formationen. Ihre Flugmanöver waren elegant wie ein ferronischer Krailstanz. Die türkis- bis kobaltblauen Flatterratten boten zwar einen schönen Anblick, aber man ging ihnen besser aus dem Weg. Die fliegenden Nagetiere mit den fledermausähnlichen Schwingen waren bissig und nicht gerade umgänglich. Sie ließen sich von den nach oben strömenden Luftmassen mitreißen.

      Der Stag leerte sich allmählich. Es war nicht gut, aufzufallen. Hawk war im Auftrag von NATHAN auf Imart. Die Hyperinpotronik auf dem irdischen Mond arbeitete an einem Plan, von dem kaum jemand etwas wusste. Das galt sogar für Nike Quintos Abteilung III, mit der Omar Hawk kooperierte. Seine eigentliche Mission indes war geheim. Also lief er nun los wie alle anderen, allerdings zügelte er seine Kräfte.

      Vor ihm stolperte einer der Flüchtenden. Er war schlanker als der durchschnittliche Einheimische. Das glänzende, pechschwarze Haar zeigte im grellen Licht von Canopus jene irisierenden, leicht violetten Reflexionen, die für Imarter typisch waren. Seine grüne Haut war sehr blass, das fiel Hawk sofort auf. Wie bei den Siganesen färbten in die Epidermis integrierte Chloroplasten die Haut der Siedler grün. Imart war eine harte Welt, und dank dieser Befähigung zur Photosynthese waren die Kolonisten in der Lage, die Sonnenenergie direkt zu nutzen.

      Der Mann schwitzte, seine Tonnenbrust bewegte sich heftig, als litte er unter Atemnot. Für einen Imarter war der Sprint über den Stag aber eigentlich lediglich ein Spaziergang. Sie waren extrem ausdauernd.

      Der Mann taumelte trotzdem, als sei er betrunken.

      Erschöpft?, wunderte sich Hawk. Das kann ja wohl kaum sein ...

      Dann klappte der Mann zusammen und begann zu husten.

      Das ist ernst!, begriff Hawk. Das ist nicht der Flue!

      Er eilte zu ihm. Zwei andere Imarter, ein Mann und eine Frau, waren bereits vor Ort. Als Hawk den keuchenden Mann erreichte, sah er, dass der Imarter das Bewusstsein verloren hatte, blutiger Schaum klebte in seinen Mundwinkeln. Das gehörte nicht unbedingt zu den typischen Symptomen eines embolischen Anfalls, zumindest nicht in den frühen Stadien, aber offenbar war dies eine schlimmere Variante.

      Die Embolische Welle, dachte Hawk entsetzt. Sie ist tatsächlich da!

      »Transgeninduzierte Lungenembolie« lautete der Fachbegriff: eine genetisch ausgelöste Heimsuchung, die das hochkomplexe Atmungssystem der Imarter zusammenbrechen ließ. Um in der dünnen, sehr speziellen Atmosphäre Imarts überleben zu können, waren die Siedler mittels Genmanipulation nicht nur mit einer Tonnenbrust ausgestattet worden, auch die Struktur ihrer Lungen und Bronchien war einzigartig. Die drei bisherigen Embolischen Wellen, die Imart heimgesucht hatten, waren bereits entsetzlich gewesen, die Zahl der Toten furchtbar. Wenn die transgeninduzierte Lungenembolie sich nun allerdings auch noch veränderte, würde das die Experten des Variable Genome Projects vor neue Probleme stellen. Derartige Krankheitsbilder zu erforschen oder gar zu heilen, dauerte lange. Schnelle Lösungen gab es nicht.

      Die ohnehin aufgeregten Imarter, die vorbeiliefen, reagierten sofort. Nun machte sich echte Panik breit.

      Ausgerechnet während einer Warnung der Stufe zwei, dachte Hawk. Einen ungünstigeren Zeitpunkt hätte es nicht geben können.

      Hawk stand unvermittelt vor einem Problem. Seine Mission war geheim, Aufsehen musste er vermeiden. Aber dieser Mann würde sterben, wenn er nichts unternahm. Viel Zeit blieb ihm nicht. Der Kollaps des Atmungssystems hatte bereits eingesetzt, und wenn der Imarter keine medizinische Versorgung erhielt, hatte er keine Überlebenschance. Hawk konnte nicht untätig bleiben, obwohl seine Anweisungen eigentlich genau das von ihm verlangten.

      »Ich bringe ihn ins Krankenhaus«, beschloss er.

      »Das schaffen Sie niemals!«, sagte die junge Frau neben ihm. »Wir helfen tragen. Glauben Sie, dass wir rechtzeitig ...?«

      Hawk nickte ihr zu. »Keine Sorge. Bringen Sie sich in Sicherheit. Ich wette, die Warnstufe drei steht direkt bevor. Machen Sie sich um ihn keine Sorgen.«

      Hawk packte den Mann und legte ihn sich mit einer lässigen Bewegung über die Schulter. Die beiden jungen Imarter rissen die Augen auf.

      Hawk lächelte höflich. »Es ist wirklich kein Problem. Entschuldigen Sie mich. Gehen Sie nach Hause. Sie wissen, dass es nicht ansteckend ist.«

      In seiner Heimat musste er mit 4,8 Gravos fertigwerden. Daher war diese Aktion geradezu ein Kinderspiel. Wie um ein Startsignal zu geben, schwappte eine penetrante Dellavisduftwelle über ihn hinweg. Der Flue war da!

      Im Zentrum von Nor Tun gab es eine moderne Klinik. Imart verfügte jedoch nicht über eine eigene Zweigstelle des MIMERC, des Mimas Medical Research Centers, wie etwa Epsal. Das war ein Manko, das Hawk nicht verstand. Imart war anfällig für die Embolischen Wellen, das war nichts Neues. Ein eigenes medizinisches Forschungszentrum wäre die einzig sinnvolle Lösung gewesen, aber wahrscheinlich scheuten die Bürokraten die Kosten. Epsal war nur rund 17 Lichtjahre vom Solsystem entfernt – Imart 309. Zudem verfügte die Canopuskolonie nicht über einen Sonnentransmitter, die Versorgung war also aufwendig und teuer. Beides Dinge, die unter Bürokraten

Скачать книгу