Drachensonne. Thomas Strehl
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Es war, wie Gwayhier es gesagt hatte.
Erst tappte Jonaas fast blind durch die Dunkelheit des Waldes, denn selbst Lanoos‘ Licht erreichte den Boden durch die dichten Baumkronen nicht.
Dann jedoch, als der Junge beinahe die Orientierung verlor, sah er einen rötlichen Lichtschein durch die Blätter und Stämme schimmern.
Er korrigierte seine Richtung ein wenig und beschleunigte, angetrieben von der Erkenntnis, auf dem richtigen Weg zu sein, seine Schritte.
Die Bäume rings um ihn waren hoch, mächtige Stämme trugen riesige Kronen, dazwischen wuchsen mannshohe Farne.
Ansonsten gab es nichts. Keine abgestorbenen Zweige, keine kranken, umgestürzten Bäume, kein Unterholz. Der Waldboden sah aufgeräumt und ordentlich aus, als hätte ein Riese ihn ausgefegt.
Und da die Sicht durch das Licht der Feuerwand immer besser wurde, kam Jonaas gut voran.
Dann, früher als er damit gerechnet hatte, hörte der Wald auf.
Und der Junge hatte plötzlich freien Blick auf die rote Stadt.
Er war noch etwa zweihundert Pferdelängen entfernt, und nur noch felsiger Boden trennte ihn von der Mauer und der Zugbrücke.
Es gab keine Bäume und Büsche mehr, keine Felsbrocken, die ihm Deckung verschaffen konnten, und er fühlte sich nackt und verletzlich, als er aus dem Schutz des Waldes heraustrat.
Vorsichtig sah er sich um, als er sich im Licht Lanoos‘ der roten Stadt näherte.
Beinahe rechnete er damit, von der Stadtmauer her angerufen zu werden, glaubte schon, in einem Pfeilhagel sein Leben aushauchen zu müssen, doch alles blieb ruhig.
So, wie überhaupt eine seltsame Stille über der Stadt lag.
Nicht einmal die Flammen, die aus dem Graben heraus die Stadtmauern umzingelten, knisterten.
Keine Tiere waren zu sehen, kein Vogel sang.
Das einzige Geräusch wurde von kleinen Steinchen verursacht, die Jonaas mit seinen Schritten in Bewegung brachte und die klickend und polternd über den Steinboden rutschten.
Der Junge blickte zurück, hoffte für einen kurzen Moment, dass Gwayhier im doch folgte, aber er war allein, daran bestand kein Zweifel.
Er war nur noch zwanzig Pferdelängen von der roten Stadt entfernt, befand sich in unmittelbarer Näher des flammenden Grabens, im Schatten der riesigen Burgmauer.
Und noch immer schien niemand sein Auftauchen bemerkt zu haben.
Wenn es so etwas wie Wachen gab, dann taten sie ihren Dienst nur sehr unzureichend oder sie hatten ihn längst bemerkt und nicht in die Kategorie »Bedrohung» eingestuft.
Jonaas legte den Kopf in den Nacken und betrachtete das Mauerwerk. Jetzt, aus der Nähe, konnte er erkennen, dass die Mauer einige Risse hatte. Steine fehlten, der Wehrgang war beschädigt und auch der von ihm aus gesehene linke Turm machte einen verfallenen Eindruck.
Alles in allem war das Bauwerk in einem bemitleidenswerten Zustand, und Jonaas fragte sich, warum niemand die Mauer reparierte.
Fehlte dem Burgherren das Geld? Oder fehlten Arbeiter? Oder verließ man sich einfach auf den Feuergraben?
Jonaas verwarf alle Ideen. Eigentlich gab es nur eine vernünftige Erklärung: Man sparte sich die Reparatur, weil man keine Burg, keine Wehrtürme mehr brauchte. Der große Krieg war lange vorbei, und seit endloser Zeit lebten die Völker Karma´neahs in Frieden.
Nur wie lange noch? dachte Jonaas. Er erinnerte sich schlagartig, warum er hier war, und hoffte, das Kandelar seine Mauern und ihren Schutz nicht schon bald bitter nötig haben würde.
Er ging mit pochendem Herzen weiter und setzte den ersten Fuß auf die Zugbrücke.
Wenigstens machte das Holz (wenn das schwarze Material denn Holz war) einen festen und sicheren Eindruck.
Der Junge machte weitere Schritte und blickte angstvoll in das Flammenmeer, das wenige Meter unter ihm im Burggraben tobte.
Ab und zu schoss eine Flamme hoch und züngelte an der Wand entlang, nur um danach wieder zusammenzufallen und im heißen Meer zu verschwinden.
Dann brach irgendwo anders eine Flamme aus und schoss in den Nachthimmel.
Einmal geschah dies so dicht an der Brücke, das Jonaas die mörderische Hitze spürte und Angst bekam, dass seine Haare Feuer fingen. Er machte einen Schritt zur Seite und versuchte, die Brücke so mittig wie möglich zu überqueren, um nach beiden Seiten genug Abstand zum Feuergraben zu haben.
Schließlich ließ er ohne einen weiteren Zwischenfall die Brücke hinter sich und sprang mit einem Satz auf den steinernen Boden im Tor der Burgmauer.
Es polterte dumpf, als er aufkam, und wieder rechnete der Junge damit, dass nun eine Wache auf ihn einstürmte, doch nichts dergleichen geschah.
Er warf einen Blick durch das Tor in das Innere der Stadt und bemerkte unmittelbar hinter der Mauer einige niedrige Gebäude.
Langsam ging er näher.
»Hallo«, sagte er. Überlaut klang seine Stimme in der Stille, und er zuckte zusammen. »Hallo?«
Niemand rührte sich. Die Stadt schien ausgestorben, menschenleer.
Als Jonaas jedoch weitere Schritte in die Stadt hinein setzte, bemerkte er, dass es hier sehr wohl Leben geben musste.
Denn direkt neben dem Eingang zu einer der Hütten türmten sich Berge fauliger Essensreste und anderer Müll, und es roch nach Verwesung und Fäkalien.
Vorsichtig ging der Junge weiter und trat in etwas Glitschiges, das er bei näherem Betrachten als Erbrochenes identifizierte.
»Hallo.“ Noch einmal versuchte Jonaas sein Glück, ganz in der Nähe der Tür, und diesmal war sein Versuch von Erfolg gekrönt, denn als Antwort auf seinen Ruf vernahm man ein Rascheln, ein lautes Stöhnen und einen Fluch.
»Verdammt noch mal«, hörte Jonaas eine raue Stimme. »Wer lässt mich da nicht in Ruhe schlafen?«
Ein Poltern ertönte, dann ein weiterer Fluch, und endlich erschien ein großer, grobschlächtiger Mann in den Umrissen der Tür.
Er war wohlbeleibt, trug die schäbigen Überreste einer einstmals rotblauen Uniform und mitten im Gesicht eine leuchtend rote Nase, die auf mächtigen Alkoholgenuss hindeutete. Außerdem ging von ihm ein Gestank aus, der unschwer erraten ließ, von wem das Erbrochene stammte.
Er funkelte Jonaas aus kleinen, rotgeränderten Augen an und fuhr sich mit einer Hand über den runden Schädel mit dem Igelschnitt. In der anderen Hand trug er zwei abgewetzte Stiefel, die er in der »Eile» wohl nicht an bekommen hatte.
Seine Hand rieb nun sein stoppeliges Kinn, und er stieß dabei einen langen Rülpser aus.
»Ich hoffe, du hast einen guten Grund, mich zu stören«, polterte er. Er glotzte den Jungen aus