Drachensonne. Thomas Strehl

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Drachensonne - Thomas Strehl

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ist Jonaas«, stellte sich der Junge vor. »Und Ihr könnt mich nicht kennen, denn ich betrete Kandelar heute zum ersten Mal.«

      Der Blick des Soldaten verfinsterte sich. »Noch ein Besucher«, murmelte er. »Erst kommt jahrelang kein Schwein, und nun fallen sie über uns her wie die Fliegen.«

      Er machte einen Schritt vorwärts und packte den Jungen rüde am Arm.

      »Du gehst mit mir, sobald ich meine Stiefel anhabe«, sagte der Soldat. »Und versuche nicht, mir zu entkommen.« Er deutete auf den Dolch an seiner Seite. »Ich bin ein geübter Kämpfer.«

      Jonaas sagte nichts, er dachte sich seinen Teil. Sicher wäre es ein Leichtes für ihn gewesen, diesem Trunkenbold davon zu laufen, doch schließlich war er freiwillig nach Kandelar gekommen, und wenn ihn der Soldat nun weiterbrachte, konnte das für ihn, der sich in der Stadt nicht auskannte, nur von Vorteil sein.

      »Wohin bringt Ihr mich?« fragte Jonaas. »Zum Befehlshaber der Wache?«

      Der Dicke kämpfte torkelnd mit dem rechten Stiefel und spuckte auf den Boden. »Ich bin die ganze Torwache«, sagte er dann. »Du musst schon mit mir Vorlieb nehmen, Bürschchen.«

      Der Junge erschrak. »Aber … Aber«, stotterte er. »Es gibt doch weitere Soldaten?«

      Wieder spukte der Dicke eine schleimige Flüssigkeit aus. »Klar gibt es noch welche«, kicherte er. »Die sechs Idioten von der Palastwache.«

      »Nur sechs?« Jonaas war wie vor den Kopf geschlagen. Er hatte eine Armee erwartet, eine ausgebildete Kampftruppe, die es im Ernstfall mit der eisigen Horde aufnehmen konnte.

      Aber diese Hoffnung fiel in sich zusammen wie ein Kartenhaus.

      Kandelar schien nicht mehr die Stadt zu sein, die sie einst war.

      Umso wichtiger wurde es, dass Jonaas den schwarzen Lord erreichte und ihm das Drachenfeuer abjagte, ehe er damit Schaden anrichten konnte.

      »Bringt mich zu eurem Anführer«, forderte der Junge. Die Zeit brannte ihm unter den Nägeln, und das Getue des Soldaten ging ihm auf die Nerven.

      »Was glaubst du, was ich vorhabe, Bursche?« fragte der Dicke.

      Und dann packte eine starke Hand Jonaas‘ Genick, und ehe der Junge sich versah, schleppte ihn der Soldat durch die Straßen der Stadt.

      »Bin gespannt, was König Fadh zu dir sagen wird«, murmelte er. Er grinste den Jungen an, und Jonaas roch fauligen Atem und sah schlechte Zähne. »Vielleicht lässt er dich hinrichten«, grinste er. »Das wäre doch mal wieder ein Spaß.«

      Jonaas erschauerte. Irgendwie entwickelte sich die Sache in der roten Stadt nicht so, wie er es erwartet hatte.

      Der harte Griff des Soldaten ließ dem Jungen nicht unbedingt viel freie Sicht, trotzdem konnte er auf ihrem Weg einige Eindrücke von Kandelar sammeln.

      Die Straßen waren schmutzig und löcherig, so oft geflickt, bis man es schließlich aufgegeben hatte.

      Die meisten Häuser waren baufällig, die Fensterscheiben blind vom Sand oder ganz zerstört. Nur hinter wenigen brannte Licht, überhaupt schienen nur zwei oder drei der Hütten, an denen sie vorbei kamen, bewohnt zu sein.

      Kandelar, die reiche, gut bevölkerte Hauptstadt Karma´neahs schien es nur noch in Legenden und Geschichten zu geben. Das, was sich hier Jonaas‘ Augen bot, hatte mit all dem nichts mehr zu tun. Dieses hier war nur noch eine heruntergekommene Ansammlung verlassener Hütten, dreckig und verkommen.

      Und doch sollte es noch einen König geben und damit eine kleine Hoffnung, an die sich der Junge klammern konnte. Wenn es auch die große Armee, die er sich als Unterstützung gewünscht hatte, nicht gab, so konnte er vielleicht doch noch Hilfe erwarten, in welcher Form auch immer.

      Sie verließen ein weiteres Gässchen und erreichten eine breitere Straße, die etwas bergan führte und auf ein großes Gebäude in der Mitte eines runden Platzes zulief.

      Hier gab es deutlich mehr beleuchtete Fenster, und die Häuser waren weniger verfallen.

      Trotzdem, oder gerade deswegen, türmte sich der Müll in den Straßen noch höher, und der Gestank raubte Jonaas fast den Atem.

      Den Soldaten schien es nicht zu stören, er brummte einige unzusammenhängende Worte und schleifte den Jungen erbarmungslos weiter.

      Jonaas hatte Mühe, auf den Beinen zu bleiben. Er wehrte sich anfangs nach Leibeskräften, doch der Griff des Mannes kam einer Eisenklammer gleich.

      Schließlich ergab er sich seinem Schicksal und versuchte nur, nicht zu stolpern.

      Hier und da, wenn sie besonders viel Lärm machten, erschienen Köpfe hinter schmutzigen Scheiben, Fenster wurden geöffnet, und man blickte ihnen neugierig nach, doch niemand unternahm etwas oder wunderte sich auch nur über den Soldaten und sein Verhalten dem Jungen gegenüber.

      Sie stolperten ohne Unterbrechung die Hauptstraße entlang, überquerten den Platz, auf dem ein verfallener Brunnen mit einer kopflosen Statue stand, und erreichten das Gebäude in der Mitte.

      Einige Stufen führten zu einem großen Portal, ein Säulengang umgab das große Bauwerk an jeder Seite, und Verzierungen und Stuckwerk zeigten, das es einst prachtvoll und schön gewesen sein musste.

      Nun befand es sich jedoch in ähnlich schlechtem Zustand wie der Rest der Stadt, und sie mussten über umgestürzte Säulen steigen, um das Portal zu erreichen.

      Der Soldat schleifte den Jungen näher, und als sie das große Tor, das halb offen stand, durchschritten, erreichten sie einen Saal, in dem ein riesiger Marmortisch und einige Stühle standen. Mehrere Türen gingen von der Kopfseite des Raumes ab, und der Dicke schleppte sie auf eine davon zu.

      Die Füße des Jungen scharrten über bunte Mosaike, die früher wohl herrliche Bilder gezeigt hatten. Nun jedoch waren sie verdreckt oder nur noch zur Hälfte vorhanden.

      »Ich kann allein laufen«, protestierte Jonaas zum hundertsten Mal, doch der Soldat lockerte erst den Griff, als sie den Saal durchschritten hatten.

      Aus der Dunkelheit im Hintergrund des Raumes schälte sich nun, im spärlichen Licht von zwei Fackeln eine Tür, auf deren verwittertem Holz eine Krone zu erkennen war.

      Vor ihr stand ein Mann. Sein Kinn lehnte auf einem langen Zweihänder, seine Augen waren geschlossen, sein Atem ging gleichmäßig und ruhig.

      »König Fadh wird begeistert sein, wenn er erfährt dass seine Palastwache schläft«, brüllte der Dicke plötzlich, und der Mann mit dem Schwert riss angsterfüllt die Augen auf.

      Er wollte den Zweihänder packen, doch der Dicke trat ihm das Schwert aus den Händen und die Waffe rutschte scheppernd über den Boden.

      Die Wache stolperte und prallte mit dem Rücken krachend gegen die Tür. Erst jetzt erkannte der Mann den Eindringling.

      »Kort«, stammelte er fassungslos. »Sag mal, du spinnst wohl. Wie kannst du mich so erschrecken.«

      Der Dicke baute sich vor der Wache auf. »Ich bringe wichtige Kunde für König Fadh«, sagte er. »Ich habe die erwarteten Eindringlinge geschnappt.«

      »Die

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