Drachensonne. Thomas Strehl
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Читать онлайн книгу Drachensonne - Thomas Strehl страница 32
Die Sache war so ungeheuerlich, das es dem Jungen für kurze Zeit die Sprache verschlug.
»Aber das stimmt nicht«, rechtfertigte sich Jonaas, als er seine Stimme wiedergefunden hatte. »Der Schwarze hat unser Dorf überfallen, meine Freunde getötet, das Feuer geraubt. Er ...«
Weiter kam er nicht. Der Mann auf dem Thron fiel ihm ins Wort. »Gradoon warnte uns vor deinen dreisten Lügen«, sagte er fest. »Und egal, was du erzählst, wir werden dir keinen Glauben schenken.«
»Aber es ist die Wahrheit«, schrie Jonaas.
»Wachen!« Auf den Ruf des Königs flogen die Türen auf, und die beiden Soldaten, die davor postiert waren, eilten herbei.
»Werft ihn in den Kerker«, entschied der König. »Ich werde mich vielleicht später noch einmal mit ihm beschäftigen.«
Dann sank er wieder auf den Stuhl zurück.
»Wir sollten ihm zuhören«, versuchte das Mädchen, ihren Vater umzustimmen, doch König Fadh versank wieder in tiefer Lethargie. »Müde«, murmelte er nur. »So müde.«
Dann verlor Jonaas den Herrscher aus den Augen, denn starke Hände umklammerten seine Oberarme, und die Soldaten schleiften ihn aus dem Thronsaal.
Sie knufften den Jungen und lachten, während sie ihn durch Gänge und über Treppen schleppten, um ihn schließlich in einen modrig riechenden Raum ohne Fenster zu stoßen.
»Mach‘s gut, Junge«, höhnte Kort. »Auf Nimmerwiedersehen.«
Dann knallte eine stabile Tür ins Schloss, ein Riegel wurde vorgeschoben und ein Schlüssel zweimal herumgedreht.
Und dann war da nichts mehr außer Dunkelheit.
Versagt, dachte Jonaas. Schon wieder versagt.
Und dann ließ er den Tränen freien Lauf ...
Er wusste nicht, wie lange er auf dem kalten Boden, gelehnt gegen eine nasse Wand, gesessen hatte.
Er hatte jegliches Zeitgefühl verloren, hier drinnen gab es keine Tage und keine Nächte, nur unendliche Dunkelheit.
Hatte er geschlafen? Er wusste es nicht.
Irgendwo tropfte Wasser von der Decke, und dieser stetige Ton war die einzige Abwechslung in der Stille.
Nicht einmal Ratten hausten hier, außer nacktem Stein gab es nichts.
Nicht einmal Stroh für ein Lager, keine Essensreste, kein Trinkwasser.
Als Jonaas an Essen und Trinken dachte, spürte er seinen Magen knurren, und er sehnte seinen Reisesack herbei, doch die Soldaten hatten ihn ihm ebenso abgenommen, wie die Flöte, die sie für eine Waffe gehalten hatten.
Der Junge suchte die Dunkelheit ab, und seine Augen, die sich an das Schwarz gewöhnt hatten, schafften es in der Tat, Einzelheiten aus der künstlichen Nacht zu reißen.
Doch alles, was sich dem Blick des Jungen preisgab, waren Steinwände und die dicke Holztür. Und leider war die, ganz im Gegensatz zum Rest Kandelars, nicht baufällig und verrottet, sondern machte einen äußerst stabilen Eindruck.
Du wolltest deine kleine Welt retten und wirst stattdessen in einem Kellerloch vermodern, dachte er. Ein toller Held bist du.
Er dachte an sein Dorf, seine Mutter, die er nie wieder sehen würde, aber auch an Talkien und Swon, die er auf seiner Reise überholt hatte.
Vielleicht leben sie noch, schließlich hatte Gwayhier ihm erklärt, das sie sich in guten Händen befanden, und vielleicht waren sie schon auf dem Weg hierher.
Und unter Umständen würde König Fadh einem erwachsenen Jäger mehr Aufmerksamkeit entgegenbringen als einem Jungen.
Ziemlich viele Vielleichts, dachte Jonaas. Doch besser das als gar keine Hoffnung.
Er stand auf, streckte seine müden Knochen und schritt in seinem Gefängnis hin und her.
Plötzlich hörte er ein Geräusch vor der Tür, ein schmaler Schlitz öffnete sich im unteren Bereich der Tür, und ein Holzteller mit Kartoffeln wurde hinein geschoben. Dazu ein Becher mit Wasser.
Also wollte man ihn hier doch nicht einfach so verrecken lassen.
»Vielen Dank auch«, murmelte der Junge.
Er wartete darauf, dass die Klappe geschlossen wurde oder dass ihn die Soldaten erneut verhöhnten, doch nichts dergleichen geschah.
Stattdessen hörte er die Stimme der Prinzessin.
»Bist du da drin?«
»Wo soll ich sonst sein?«, entgegnete Jonaas und biss sich auf die Lippe. Eigentlich freute er sich, die Stimme des Mädchens zu hören, und er wollte sie nicht verärgern.
»Ich kann auch wieder gehen«, sagte die Prinzessin. »Nur wüsste ich dann niemanden mehr, der dir etwas zu essen bringt.«
Jonaas trat näher an die Klappe heran. Licht fiel in sein Verlies und riss ein helles Viereck aus der Dunkelheit.
»Verzeih mir«, sagte er. »Ich wollte dich nicht kränken.«
Der Duft der Kartoffeln stieg in seine Nase, und er zog den Teller zu sich heran und steckte sich eine Knolle in den Mund. Sie war lauwarm und sie schmeckte ausgezeichnet. »Und vielen Dank für das Essen«, sagte er nuschelnd mit vollem Mund.
»Keine Ursache.«
Sekundenlang hörte das Mädchen nur den schmatzenden Geräuschen zu. »Ich heiße Merian«, sagte sie dann.
Jonaas stellte den halbvollen Teller ab. »Ich bin Jonaas«, stellte er sich vor,
»Und woher kommst du?«
Der Junge war überrascht, dass das Mädchen ihm weitere Fragen stellte. Warum interessierte sie sich für ihn, während ihr Vater sein Interesse sehr schnell verloren hatte?
»Ich komme aus dem Talangebirge«, begann er. »Und mein Volk nennt man Sangapao.« Er wollte noch Weiteres hinzufügen, doch die Prinzessin unterbrach ihn. »Dann ist alles wahr«, sagte sie nur.
Jonaas war verwirrt. »Was meinst du?« Er hatte längst die höfliche Ansprache abgelegt, und das Mädchen schien sich nicht daran zu stören.
»Die Geschichten«, erklärte sie. »Kleine, bunte Vögel erzählten sie mir, doch eigentlich kenne ich die Legenden um die Flammenbewahrer schon seit langer Zeit. Seit ...« Sie unterbrach sich.
»Seit wann?«
»Seit meine Mutter mir die alten Geschichten vor dem Einschlafen erzählt hat«, sagte die Prinzessin. »Märchen, Legenden, Sagen, alles, was ihr an Geschichten so einfiel.«
Jonaas fiel auf, das er im Thronsaal keine Königin gesehen hatte.