Mörder-Quoten. Leo Lukas

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Mörder-Quoten - Leo Lukas

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und Sportwetten mit der unverhofft ergatterten Filmrolle. „Wenn ich mich nicht irre, haben Sie doch letztes Jahr eine Serie zu diesem Thema geschrieben?“

      „Im weitesten Sinne. Das war aber schon vorvorigen Sommer, anlässlich der Neuauflage eines Buchs, das der Haupttäter in der Fußball-Betrugsaffäre von 2014 herausgebracht hat. Unter uns, der Ghostwriter, also der eigentliche Verfasser, war einer unserer Sportreporter.“

      „Wie doch die Zeit vergeht … Könnten Sie vielleicht heute oder morgen ein halbes Stündchen für mich erübrigen? Mir geht es nicht so sehr um die Fakten, mehr um die Eigenheiten dieser Szene, sozusagen um den Stallgeruch.“

      „Heute Abend bin ich bereits vergeben. Aber morgen Vormittag dürfen Sie mich gern auf einen Mokka einladen. Zirka halb elf, passt Ihnen das? Und wo wäre es Ihnen denn genehm?“

      In diesem Augenblick trat ich aus der Gasse auf einen ungefähr quadratischen Platz, den ich länger nicht mehr besucht hatte. Ich war am Ziel. Einige Schritte weiter rechts begann die Fensterfront eines großen Kaffeehauses. Der Windfang des Eingangs ragte an der nächsten Ecke hervor. Seitlich davon hing ein Schild, das vor mindestens einem halben Jahrhundert gemalt worden war, mit dem Namen des Lokals.

      „Das Café Winterholzner am Dombrowski-Platz“, sagte ich spontan. „Kennen Sie das?“

      „Oh ja. Da waren wir früher manchmal kegeln. Nicht gerade ein Katzensprung für mich, aber Ihnen und der Nostalgie zuliebe … Das Winterholzner gibt’s also immer noch. Na passt. Wir sehen uns dort, morgen zwischen halb elf und elf. Freut mich, bis dann!“

      „Bis dann“, echote ich, jedoch ins Leere. Sie hatte bereits aufgelegt.

      Im Schanigarten wäre ein Tisch frei gewesen. Da ich mich ohnehin gerade für morgen hier verabredet hatte, ließ ich das Winterholzner trotzdem rechts liegen und ging weiter, um den Platz zu umrunden.

      Der Springbrunnen in der Mitte, eine der skulpturalen Scheußlichkeiten, die Wien der Freundschaft eines mäßig begabten Bildhauers mit dem damaligen Bürgermeister verdankte, hatte den Blick auf den diagonal gegenüberliegenden Häuserblock verdeckt. Nachdem ich die Filiale einer Supermarktkette, einen Hanfshop und ein Spielwarengeschäft passiert hatte, in dessen Auslagen der diesmal absolut letzte Totalabverkauf angekündigt wurde, sah ich schräg hinüber zu dem, was von Hugo Pekareks Lucky Star Casino übriggeblieben war.

      Viel war es nicht. Rot-weiß-rotes Absperrband hinderte am Zutritt zum klaffenden Loch im Erdgeschoß. Schwarzer Ruß bedeckte die Fassade darüber. Mehrere Fenster hatte man provisorisch mit Karton abgedichtet. Bis zu meinem Standort stank es nach einer Mischung aus Brandgeruch und Löschschaum.

      Perverserweise bekam ich Hunger. Ich hatte seit dem Frühstück nichts mehr gegessen. Das Angebot des Bordbistros im Zug war nicht sonderlich verlockend gewesen. Nun aber knurrte mein Magen.

      Wie schön, dass neben dem Brunnen, bei dem diverse marmorne Fabelgestalten um die Wette Wasser spien, ein Würstelstand Labung versprach! Ich ging hin und stellte mich an.

      Vor mir war ein Pärchen, das haargenau so aussah, wie österreichische Karikaturisten deutsche Touristen zeichnen. Habe ich schon erwähnt, dass die meisten Klischees ihre Entsprechung in der Wirklichkeit finden? Diese beiden trugen locker schlabbernde Freizeitkleidung einer deutschen Wertmarke, sehr wahrscheinlich made in China. Die Frau las ihre Bestellung aus einem Reiseführer vor: „Wir hätten gern zwo-a Eitrige mit je o-an Buggel, o-an Geschissenen und o-an Krokodü-hül sowie zwo-a Sechzehner-Bleche.“

      „Zwei Käsekrainer mit Brot, Kremser Senf, Essiggurke und zwei Dosen Ottakringer Bier“, übersetzte trocken der Mann hinter der Budel. Sein leicht gutturaler Akzent ließ auf türkischen Migrationshintergrund schließen. „Aufgeschnitten?“

      „Was?“

      „Ob ich die Würstel aufschneiden soll. Oder essen Sie sie lieber mit der Hand? Servietten sind im Preis inkludiert.“

      „Wie gehört es sich denn?“, fragte der männliche Germane. „Sie müssen wissen, guter Mann, wir möchten es möglichst o-ri-gi-nal.“ Ein dritter Gast, der so aussah, als würde er das bisschen, das er aß, lieber trinken, lehnte sich herüber. „Des warat mit am Bauchstich, mindestens an Magenstrudel.“

      „Strudel habe ich schon gelesen“, sagte die Frau eifrig, „müsste ich aber nachschlagen, Jens-Henning.“

      „Ist das nicht eine Süßspeise, Carmen?“

      Ups. Ich hatte auf Sieglinde oder Gerhild oder beides getippt. Da war die Globalisierung wieder mal schneller gewesen als meine Vorurteile.

      „Danke nein“, sagte sie in Richtung sowohl des Standlers als auch des Tranklers. „Mein Mann und ich achten auf ausgewogene Ernährung mit niedrigem Zucker- und Fettanteil.“

      „Da sind sie bei mir genau richtig.“ Ohne eine Miene zu verziehen, reichte der Türkischstämmige die Dosen sowie die Pappteller mit den filetierten Würsten und der überreichen Garnierung heraus. „Macht bitte 12,90.“

      „Kann ich mit Bankomat zahlen?“

      „Sicher.“

      „Geben Sie ein, ähem … 14 Euro und 20 Cent.“

      „Zu gütig, gnädige Frau.“

      „Sagnse mal, kennense eigentlich Currywurst?“, fragte Jens-Henning, nachdem die Finanztransaktion erfolgreich vollzogen worden war. „Eine Delikatesse! Die solltet ihr in euer Angebot aufnehmen. Dann liefe der Laden noch mal so gut.“

      „Würde ich gerne. Leider ist der Koberer dagegen.“

      Die Deutschen schoben, ihre Beute balancierend, glücklich ab. Ich hörte noch, wie Carmen ihrem Gatten erläuterte, dass Koberer in der Rotwelsch genannten Wiener Gaunersprache Wirt, aber auch Türsteher, Animateur oder Geschäftsführer eines Bordells bedeutete.

      „Der Nächste“, sagte Hassan oder Achmed oder wahrscheinlicher Kevin zu mir. „Was darf’s sein?“

      „Dasselbe. Nur lieber ein Hubertus.“

      Sein Blick verriet mir, dass ich soeben in seiner Achtung gestiegen war.

      Die Käsekrainer schmeckte großartig. Auch das Märzenbier aus der Privatbrauerei in Laa an der Thaya mundete mir ganz vorzüglich.

      „Was ist denn dort drüben passiert?“, wandte ich mich kauend an den Säufer, den ich als Stammgast einstufte. „War da nicht bis vor Kurzem ein Wettbüro?“

      „Das vom Pekarek, ja. Ein feiner Kerl, der Hugo. Hat immer wieder mal nach seiner Sperrstunde eine Runde spendiert. Friede seiner Asche.“

      „So ist das halt“, brachte sich der Würstelstandler ein. „Die Guten treten viel zu früh ab, die Arschlöcher bleiben übrig. Gell, Ferdl?“

      Falls Herr Ferdinand den gegen ihn gerichteten Sarkasmus verstand, nahm er ihn widerspruchlos hin. „Alles geht den Bach runter“, sagte er, mehr zu sich als zu uns. „Ehrliches Handwerk bringt nichts ein, seriöses Bemühen zählt einen Scheißdreck. Gibst du mir noch eins, Machmut?“

      „Du hast genug für heute, und kein Geld. Ich schreib’s an, okay? Obwohl mir der Koberer verboten hat, dich überhaupt noch zu bedienen. Schau, ich schenk dir ein Packerl Manner Schnitten, damit du

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