Mörder-Quoten. Leo Lukas

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Mörder-Quoten - Leo Lukas

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Feinde hatte. Oder Rivalen, die ihm sein Wettbüro abluchsen wollten. Horch dich am Dombrowski-Platz um. Aber vorsichtig, kapiert? Außerdem bist du doch sicher mit einer Menge Medienleuten befreundet.“

      „Naja, die meisten sind aus den Kulturredaktionen. Und befreundet ist vielleicht zu viel gesagt.“

      „Der eine oder andere wird schon darunter sein, der auch in der Glücksspielmaterie bewandert ist. Sag ihnen, du brauchst die Infos, um dich auf deine Rolle in diesem Diplomfilm vorzubereiten.“

      „Woher wissen Sie …?“ Szily verstummt, beißt sich auf die Unterlippe.

      In Wahrheit kann der angebliche Zauberchip im Handy nicht einmal die Hälfte all dessen, was der Bravo behauptet hat. Von der kommenden Filmrolle hat er erfahren, weil Szily kürzlich etwas darüber auf Facebook gepostet hat. Aber das bindet er ihm nicht auf die blasse Nase.

      „Ich werde mich bemühen und gleich morgen …“

      „Heute, Pezi. Der Tag ist noch jung.“

      „Eigentlich hatte ich vor, mit Freunden im Museumsquartier Boule zu spielen. Wie jeden Donnerstag ab fünf, wissen Sie, und es täte mir echt leid …“

      „Dir ist der Ernst deiner Lage aber schon bewusst, oder?“ Der Bravo staunt über Szilys Oberflächlichkeit. „Du könntest bereits still, starr und stumm auf dieser Bank liegen. Ich lasse dich am Leben, solange du mir nützt. Falls du mir nützt. Sonst …“

      „Ja. Okay. Sicherlich. Entschuldigung, ich war ein bisschen … unkonzentriert. – Wie kann ich Sie erreichen, wenn ich etwas herausgefunden habe?“

      „Mach dir diesbezüglich keine Sorgen.“ Der Bravo zwinkert kumpelhaft mit dem rechten Auge. „Ich erreiche dich. Wann immer ich will.“

       5

      Erst nach mehreren Anläufen schaffte ich es, den Schlüssel ins Schloss der Wohnungstür einzufädeln und aufzusperren, so sehr zitterten meine Hände. Mit weichen Knien wankte ich zum Sofa und streckte mich der Länge nach aus, obwohl ich noch die Schuhe anhatte.

      Ich versuchte, mich an die Atemübungen zu erinnern, die man uns in der Schauspielschule empfohlen, ja eingebläut hatte. Durch die Nase ein, als tränke man Nektar; durch den Mund aus, so langsam, dass eine Kerzenflamme flackerte, jedoch nicht erlosch … Schon vor 20 Jahren hatte dies keine beruhigende Wirkung auf mich ausgeübt, eher im Gegenteil. Was dann? Eine Weile hatte ich Autogenes Training betrieben. Vielleicht funktionierte das?

      Also: „Ich bin ganz entspannt … Meine Arme und Beine sind warm und schwer … Mein Herz schlägt ruhig und regelmäßig …

      Bis der Bravo kommt und mich umbringt.“

      Fast hätte ich laut aufgeschrien. Ich setzte mich auf. So wurde das nichts. Eine Zigarette wäre fein gewesen. Aber ich rauchte seit fünf, nein sechs Jahren nicht mehr. Dies war einer der seltenen Momente, in denen ich das bereute.

      Ich strich kreuz und quer durchs Wohnzimmer. Nach einer Weile gelang es mir ansatzweise, Ordnung in meine Gedanken zu bringen. Erstens, der Bravo war ein Freak, und zwar ein gefährlicher, zu so gut wie allem fähiger. So viel stand fest. Aber war er zweitens auch wirklich ein Berufskiller, oder bildete er sich das ein? Und machte das drittens in meiner konkreten Situation überhaupt einen Unterschied?

      Mein Handy piepte, worüber ich dermaßen erschrak, dass mir ums Haar den Schädel an der Kante des Lampenschirms angestoßen hätte. Wenn das so weiterging, brauchte bald ich einen Nervenarzt. Ich tippte aufs Display: Ein SMS war eingegangen, von der Filmakademie. Die Drehs mit den Szenen, an denen ich beteiligt war, sollten bereits diesen Samstag und Sonntag stattfinden, und zwar außerhalb von Wien. Ob ich prinzipiell Zeit hätte. Details würden folgen.

      Ich bejahte mit fliegenden Fingern.

      Danach stierte ich minutenlang das Smartphone an. In der abgedunkelten Oberfläche spiegelte sich mein verkniffenes Gesicht. Laut Kurzbeschreibung war der Charakter, den ich zu verkörpern hatte, fast doppelt so alt wie ich. Derzeit hätte ich das auch ohne Maskenbildnerin glaubhaft rübergebracht.

      Hatte, viertens, der Bravo soeben mitgelesen?, setzte ich die Aufzählung fort. Würde er mich fünftens dafür bestrafen, dass ich, ohne ihn zuvor um Erlaubnis zu fragen, den Wochenend-Termin bestätigt hatte?

      Nein. Nein und nochmals nein – ich durfte mich, sechstens bis mindestens zwölftens, nicht komplett kirre machen lassen! Ich würde, beschloss ich, in Ruhe überlegen, an wen ich mich um Hilfe oder Rückendeckung wenden könnte. Gugu Guthmann? Die Polizeiinspektorin Karin Fux, die angeblich hinter einem Auftragsmörder her war? Die Telefonseelsorge? Haha, Scherzchen. Jedenfalls musste es so geschehen, dass der Bravo auf keinen Fall Wind davon bekam. Mit dem Erwerb eines zweiten Handys würde es sehr wahrscheinlich nicht getan sein. Sowieso war angeraten, nichts zu überstürzen. Denn sollte sich herausstellen, dass mein neuester und bedrohlichster Bekannter doch nur ein Spinner war, hätte ich mich unsterblich blamiert, wenn ich mit der Geschichte von Pontius zu Pilatus hausieren gegangen wäre.

      Daher Zwischenfazit: Pomali, pomali, wie meine böhmische Großmutter zu sagen pflegte. „Immer schön langsam und gemütlich. Vom Hudeln kommen die Kinder.“

      Vorläufig, bis ich einen vernünftigen Entschluss gefasst hatte, würde ich so tun, als hegte ich keinerlei Zweifel an den Aussagen des Bravos. Ich würde brav seine Anweisungen befolgen. Anders ausgedrückt, folgte ich der bewährten österreichischen Tradition, eine Entscheidung erst einmal so weit wie möglich hinauszuschieben und zu hoffen, dass sich derweil das Problem von selber löste.

      Schon deutlich zuversichtlicher, brach ich zum Dombrowski-Platz auf.

      Unterwegs durchforstete ich mein Gedächtnis nach potenziellen Auskunftspersonen. Wer könnte über das hiesige Wettgeschäft Bescheid wissen?

      Eine Journalistin kam mir in den Sinn, besser gesagt das Kürzel, mit dem sie ihre Artikel zeichnete: ClaRa. Hm. Wovon war das noch mal die Abkürzung gewesen? Sie arbeitete als Reporterin für den Lokalteil eines Boulevardblatts, dessen Niveau im umgekehrten Verhältnis zur Auflagenhöhe stand. Vor einigen Jahren war ich bei einer Weihnachtsgala der Zeitung aufgetreten und hinterher, weit nach Mitternacht, zufällig Zeuge geworden, als ein betrunkener und entsprechend enthemmter Vorgesetzter der besagten Dame sehr ungalant auf die Pelle rückte. Geistesgegenwärtig hatte ich eingegriffen, den lallenden Romeo mit geheuchelter Bewunderung seiner Kolumnistenkünste abgelenkt, dadurch der von ihm Bedrängten den Abgang ermöglicht und zugleich einen Eklat vermieden, der sich wohl ungünstig auf ihre Karriere ausgewirkt hätte. Später hatte sie gesagt, zum Dank für die Rettung vor dem grindigen Grapscher sei sie mir einen Gefallen schuldig. Ich möge mich bei ihr melden, wenn ich einmal etwas bräuchte.

      Bislang hatte ich noch nicht darauf zurückgegriffen. Ich war auch keineswegs sicher, ob ClaRa das Versprechen halten würde. Eine Frage, die sich gar nicht stellte, sofern mir nicht der volle Name einfiel.

      Ich zermarterte mir den Kopf. Der erste Teil stand für … Claudia. Oder?

      Nein.

      Doch!

      Claudia Rappold. Das war’s!

      Ich rief bei der Zeitung an, verlangte nach Frau Rappold von der Lokalredaktion, es knackste zweimal in der Leitung, und dann war sie erstaunlicherweise auch schon dran. „Mein Ritter in schimmernder Rüstung!“,

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