KOPFLOS IM KURHOTEL. Christina Unger

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KOPFLOS IM KURHOTEL - Christina Unger

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sein.«

      »Jetzt klingst du schon wie die Kurärztin!«

      Am Tisch zeigten sich Frau Professor Rosenblatt und Margot Kitzler bei den Frühstückskalorien ebenfalls sehr zurückhaltend. Linda und Wilhelm Busch waren in den Ort zum Frühstücken gefahren, erzählte Margot Kitzler, die sie in ihren Wagen hatte steigen sehen. Opa und Tommy hauten rein, was das Zeug hielt, was Walter ausgesprochen rücksichtslos fand. Beate trank Pfefferminztee und Opa Feigenkaffee.

      »Brr! Feigenkaffee!«, schauderte Walter. »Entweder ein richtiger Kaffee oder gar keiner.«

      »Nach dem Krieg wären wir froh gewesen, wenn wir Feigenkaffee gehabt hätten«, erinnerte Opa seinen Sohn an die schlechten Zeiten.

      »Wir haben aber nicht Krieg«, widersprach dieser. »Wir leben seit über siebzig Jahren im Frieden und ich will einen richtigen Kaffee!«

      Margot Kitzler empfahl Walter, den Kellner danach zu fragen. Sie wusste, dass es Bohnenkaffee gab, nur musste man ihn eigens bestellen. »Ich selbst trinke ja nur verdünnten Orangensaft zum Frühstück«, stellte sie klar.

      »Schön für Sie, aber ich halte ohne Kaffee bis zum Mittagessen nicht durch.«

      Walter winkte den Kellner herbei und fragte ihn nach Bohnenkaffee. Irgendwie hatte er jetzt ein Runzeln der Kellnerstirn erwartet oder einen maßregelnden Blick aus Kellneraugen und überlegte sich schon ein gutes Argument, das zwingend für den Konsum von Bohnenkaffee sprach. Aber zu seiner Überraschung brachte ihm der Kellner ganz ohne vorwurfsvolle Miene das Gewünschte, noch dazu ein ganzes Kännchen davon. Walters Laune verbesserte sich auf der Stelle. Er kaute an seinem Brötchen dreimal so lange herum, als er es zu Hause getan hätte, um den Essensakt so lange wie möglich auszudehnen, aber irgendwann war auch der letzte Krümel weg und er begann erneut, aufs Buffet zu schielen. Beates Finger hielten ihn eisern unterm Tisch fest, während sie sich mit den beiden Damen unterhielt und von Frau Kitzler erfuhr, dass diese eine Namensänderung in Erwägung zog.

      Beate konnte sich gut in sie hineinversetzen. Mit so einem Namen geboren zu sein, war wahrlich kein Zuckerschlecken. Schon allein deswegen hätte sie an ihrer Stelle längst geheiratet. Sie malte sich aus, wie man die arme Frau Kitzler schon in der Schule gehänselt hatte, und es dann in der Pubertät ganz schlimm wurde. Später, im Erwachsenenalter, war es sicher auch nicht immer leicht gewesen, wenngleich sich erwachsene Menschen aus Höflichkeit nicht über sie lustig machten, und wenn doch, dann nur hinter ihrem Rücken.

      »Ich finde meinen Namen abscheulich!«, klagte Frau Kitzler. »Aber ich habe in Erfahrung gebracht, dass es ein Amt gibt, wo man eine Namensänderung beantragen kann, auch wenn Frau Professor Rosenblatt das Gegenteil behauptet.«

      »So ein Amt gibt es auch nicht!«, beharrte die Angesprochene.

      Walter jedoch konnte bestätigen, dass Namensänderungen möglich waren. Und zwar, wenn der Name wesentliche Schwierigkeiten in der Schreibweise oder bei der Aussprache verursachte oder anstößig klang.

      »Wie würden Sie denn gern heißen?«, erkundigte er sich neugierig.

      Margot Kitzler lächelte, dann verriet sie ihr Geheimnis: »Jennifer!«

      Sie wurde angestarrt.

      »Wie jetzt?«, stotterte Beate.

      »Das ist nicht Ihr Ernst!«, rief Frau Professor Rosenblatt.

      Walter schaute bloß belämmert, Tommy verschwand schnell in Richtung Buffet und Opa sagte liebenswürdig, aber ohne jeglichen Zusammenhang: »Frau Kitzler darf ich Sie mal kitzeln?«

      »Was ist denn los?«, wunderte sich Frau Kitzler über die Reaktion der anderen. »Ich finde Jennifer schön! Margot ist so verdammt altmodisch.«

      »Sie möchten wirklich Jennifer Kitzler heißen?«, wollte Beate auf Nummer sicher gehen.

      »Aber ja! Schon als Kind wollte ich so heißen. Meine Freunde mussten mich immer Jenny rufen.«

      Zum Glück brachte der Kellner die morgendliche Ration Flohsamen auf Kefir und so konnten sich die anderen einem neuen Thema zuwenden, denn niemand fiel etwas Intelligentes zu Jennifer Kitzler ein. Walter ergriff die Gelegenheit, von der absurden Namensänderung auf das noch absurdere Produkt vor ihm abzulenken.

      »Und was ist das schon wieder für ein gesunder Schmarren?«, fragte er.

      »Das ist Aciflovital, müssen Sie unbedingt essen«, riet Margot alias Jennifer. »Was für ein Floh?«

      »Indischer Flohsamen.«

      »Und wofür brauch ich das?«

      »Das fördert Ihre Verdauung.«

      »Meine Verdauung ist völlig okay.«

      »Sie werden sich wundern, um wie viel leichter es damit geht. Außerdem macht Aciflovital satt. Sie müssen nur viel Wasser nachtrinken, dann geht es im Magen auf wie eine Dampfnudel und Sie verspüren bis zum Mittag keinen Hunger mehr.«

      Der Kefir schmeckte nach eingeschlafenen Füßen, dafür blieb der Flohsamen zwischen den Zähnen kleben. Grollend leerte Walter seine Schüssel und bearbeitete hinterher ungeniert mit einem Zahnstocher seine Zahnzwischenräume. Bis etwas noch viel Unappetitlicheres passierte: Opa hatte kurzerhand sein Gebiss herausgenommen und begonnen, es vor allen zu putzen.

      Beate saß wie versteinert. »Du hast wohl überhaupt keinen Genierer!«, zischte sie ihrem Schwiegervater zu. »Tu doch etwas, Walter!«

      Walter legte seinen Zahnstocher weg und suchte vergeblich nach einer Lösung.

      Tommy schnappte sich kurzerhand eine Serviette, wickelte das Gebiss darin ein und half Opa auf die Beine. »Komm, Opa, wir gehen jetzt auf unser Zimmer und dort machen wir dein Gebiss sauber.«

      »Alles Teufelsdreck!«, schimpfte Opa.

      Schließlich musste auch die Frau Professor Aciflovital Tribut zahlen und tauchte in Richtung Toilette ab. Bei dieser Gelegenheit sah Beate, dass sie zu ihren giftgrünen Leggings knallgelbe Knöchelwärmer trug. Frau Kitzler verabschiedete sich in Richtung Pool, Walter und Beate blieben allein am Tisch zurück.

      »Worauf hast du heute Lust?«, fragte Beate ihren Mann.

      »Was hältst du davon, wenn wir den Buschenschank suchen, wo die anderen anscheinend ihre freie Zeit verbringen?«, schlug Walter allen Ernstes vor. »Nur mal so, um die Gegend kennenzulernen.«

      »Das könnte dir so passen! Wir bleiben im Hotel und schauen, was man uns sonst noch bietet. Die haben hier auch ein Fitnessstudio …«

      »Mich kriegen keine zehn Pferde in ein Fitnessstudio, ich bin zum Erholen da!«

      »Dann besuchen wir am Nachmittag die Straußenfarm.«

      »Und was mache ich da?«

      »Strauße in ihrem Gehege beobachten. Dieser Ausflug wird vom Hotel empfohlen. Außerdem haben sie dort einen Shop mit Straußenprodukten. Bemalte Straußeneier, Straußenfedern, Straußeneierlikör, Straußensteaks …«

      »Und wo bitte brate ich mir mein Steak?«

      »Muss ja nicht gerade ein Steak sein, die haben viele

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