KOPFLOS IM KURHOTEL. Christina Unger

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KOPFLOS IM KURHOTEL - Christina Unger

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nach eingeschlafenen Füßen. Wahrscheinlich ein Guten-Morgen-Tee. Die quälen uns selbst in der Nacht noch mit ihrem Gesundheitswahn.«

      Beate begann sich zu beruhigen. »Wieso sagen die uns nicht, wenn sich jemand um diese Uhrzeit in unsere Zimmer schleicht? Stell dir vor, ich sitz gerade auf dem Klo!«

      Walter grinste. »Und ich stelle mir gerade vor, wie zwei Gäste bei etwas Unzüchtigem erwischt werden.«

      »Kann uns wenigstens nicht passieren«, erwiderte Beate patzig und dachte an die leidenschaftlichen Umarmungen längst vergangener Tage.

      »Na, du musst dich beschweren! Wer hat denn immer Migräne, wenn mir mal wuschig zumute ist?«

      Beate schoss ihm einen aggressiven Blick zu. Schon den Ausdruck wuschig fand sie abtörnend. Er gab ihr das Gefühl, mit einem senilen Greis oder einem pubertierenden Teenager im Bett zu liegen. Das war Babysprache, nicht die Sprache eines gestandenen Mannsbildes. Aber sicherlich waren Walters Hormone sowieso längst eingeschlafen. Wahrscheinlich verspürte er weder nach ihr noch nach einem anderen Weib fleischliches Verlangen. Er war ein asexuelles Wesen geworden, ein Neutrum, er hatte zwei Kinder gezeugt und seine Pflicht getan …

      »… zum Frühstück gibt«, sagte Walter.

      Beates Kopf schwenkte zu ihrem Mann hinüber, der trotz der Hitze in seinem blau-weiß gestreiften Pyjama schlief. »Was hast du gesagt?«

      »Ich sagte, ich bin gespannt, was es in dieser Anstalt zum Frühstück gibt. Ein wenig komme ich mir wie in einem Internat vor.«

      »Trink deinen Tee und dann lass uns schwimmen gehen«, schlug Beate vor und nahm einen Probeschluck aus ihrer Tasse. Der Tee floss angenehm warm durch ihre Kehle und schmeckte nach nichts. »Gar nicht so übel«, spornte sie ihren Mann an.

      Walter blickte skeptisch in die uringelbe Flüssigkeit.

      »Es ist sicher nichts, das dir schadet. Trink aus, denn Frühstück gibt es erst gegen halb acht. Und zieh dir schon mal die Badehose an, vielleicht sind wir ja die Ersten am Pool.«

      Walter schwang die Beine aus dem Bett und gähnte noch einmal laut und ungeniert. »Vorher schau ich bei Opa rein. Vielleicht kommt Tommy mit uns schwimmen.«

      Beate warf ihm aus dem Schrank eine rote Badehose zu. Nach dem Zähneputzen stieg sie in ihren schwarzen Badeanzug. Bikini trug sie längst keinen mehr. Man musste nicht alle Welt mit der Figur einer Frau in mittleren Jahren erschrecken, die mitten in der Menopause steckte und zwei Schwangerschaften hinter sich hatte. Wenn jedoch der Aufenthalt im Hotel hielt, was er versprach, wollte sie sich zu Hause nach fast zehnjähriger Abstinenz wieder einen Bikini kaufen.

      Beate traf noch vor Walter am Panoramapool ein und genoss die herrliche Fernsicht auf die schneebedeckten Bergkuppen im verblassenden Morgendunst und das weite grüne Tal, über das die letzten Dunstfetzen waberten. Mit einem Haargummi band sie sich ihr immer noch dichtes schulterlanges Haar hoch und ließ sich voll Genuss ins Thermenwasser gleiten. Sie schätzte es auf fünfunddreißig Grad und es dampfte in der kühlen Morgenluft.

      Als sie eben entspannen wollte, weil sie sich vollkommen allein wähnte, stieg neben ihr wie Meeresgott Poseidon persönlich ein prustender Oberkörper aus dem Wasser und spuckte ihr einen warmen Strahl ins Gesicht.

      »Puh!« Beate wandte sie sich angeekelt ab und strampelte in Richtung Beckenrand.

      »Oh, Verzeihung!« Der braun gebrannte Oberkörper gehörte dem Mann aus der Teebar. Er grinste sie mit seinem Haifischblick unverschämt gut gelaunt an. »Ich dachte, ich wäre allein im Pool«, entschuldigte er sich.

      »Das dachte ich auch!«, antwortete sie spitz. »Aber es ist ja nichts weiter passiert.« Sie registrierte, dass der Mann nicht nur schön gebräunt war, sondern einen ausgeprägt muskulösen Oberkörper besaß, den man unter dem flauschigen Bademantel gar nicht vermutet hätte. Gestern hatte er einen eher schmächtigen Eindruck auf sie gemacht. Wahrscheinlich war er einer von jenen Typen, die täglich zwei Stunden im Fitnessstudio verbrachten. Kein Gramm Fett war an ihm. Nur sein schlüpfriges Grinsen passte nicht so recht zu dem unschuldigen Morgen.

      Sie sah sich nach Walter um. Wo blieb er so lange? War etwas mit Opa? Egal, sollte sich zur Abwechslung einmal Walter um seinen Vater kümmern.

      »Ich heiße übrigens Stefan Kamiscynski.«

      Beate blinzelte, denn in diesem Augenblick kam die Sonne hinter einer Bergkuppe hervor und warf ihr gleißendes Licht auf sie beide. »Beate Schneider«, antwortete sie mechanisch.

      »Sie können Stefan zu mir sagen«, sagte er und machte einen Handstand.

      Beate wartete, bis sein Kopf wieder über Wasser war und antwortete: »Ich bleibe lieber bei Herr Kaminski.«

      Mit nur zwei kräftigen Kraulstößen war er wieder bei ihr. »Der Name ist Kamiscynski. Aber ich will nicht aufdringlich sein …«

      Sie wischte sich die Wasserspritzer aus den Augen und zupfte an einem widerspenstigen Träger ihres Badeanzugs herum. »Schon gut, Herr Kamin…«

      »Sagen Sie einfach Stefan, ist doch nicht so schlimm?«

      »Was soll daran schlimm sein?«

      »Weil Ihnen diese Anrede vielleicht zu vertraulich erscheint?«

      »Überhaupt nicht!« Beate lachte gekünstelt. »Bei so einem Nachnamen!«

      Immerhin hatte sie nun eine Ausrede, sollte sie in Walters Gegenwart diesen Fremden mit Vornamen ansprechen.

      »Hier bist du also!«

      Wenn man vom Teufel … Walter erschien in der roten Badehose und seinen Badelatschen und machte einen ungehaltenen Eindruck. »Ich suche dich schon überall.«

      »Sehr weit kann ich ja nicht sein«, erwiderte Beate. »Ich habe dir doch gesagt, dass ich schwimmen gehe.«

      »Es gibt vier Pools im Haus. Den Panoramapool, den Meerwasserpool, das Sportbecken, den Whirl…«

      »Guten Morgen, Herr Schneider!« Stefan Kamiscynski winkte ihm gut gelaunt zu. »Schon ausgeschlafen?«

      Walter runzelte die Stirn. Die gute Laune des anderen verdarb ihm seine eigene. Er streifte seine Latschen ab und nahm die ersten zwei Stufen ins Wasser. »Puh, das ist so warm wie in meiner Badewanne zu Hause!«

      »Ich finde es angenehm!«, entgegnete Beate.

      »Na, ich weiß nicht …«

      »Was machen Opa und Tommy?«

      »Opa sitzt schon auf dem Balkon und Tommy ist joggen.«

      Beate erschrak. »Allein? Er sollte das lieber bleiben lassen, nach dem, was passiert ist.«

      »Ach was«, mischte sich Stefan Kamiscynski ein. »Der Junge wird doch nicht so dumm sein und ganz allein ausgerechnet im Wald joggen. Es gibt viele andere schöne Strecken in der Umgebung. Und so früh am Morgen ist es auch noch nicht so heiß.«

      »Ihr Sohn ist es ja nicht!«, erwiderte Beate, verärgert über so viel bedenkenlose Ignoranz.

      »Ich werde nachher ein Wort mit ihm reden«, beruhigte Walter

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