Toni der Hüttenwirt Paket 2 – Heimatroman. Friederike von Buchner

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Toni der Hüttenwirt Paket 2 – Heimatroman - Friederike von Buchner Toni der Hüttenwirt Paket

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es gibt Sachen, da kann man bei allem Wohlwollen keinen Kompromiß machen. Da gibt es nur ein Entweder-Oder mit allen Folgen. Des war damals eine schmerzliche Sache für den Willi. Deshalb ist er gegangen. Ich an seiner Stelle hätte es wohl auch so gemacht.«

      »Was war denn damals?« fragte Anna.

      »Ach, eine böse Sach’. So eine böse Sach’, wie es nur zwischen zwei Brüdern geschehen kann, die Zwillinge sind. Ich mag net drüber reden. Der Herrgott hat des schon geregelt. Glücklich ist der Hans Bernreither nie gewesen. Ich hoffe, der Willi war glücklich.«

      Anna schaute den alten Alois voller Mitleid an.

      »Auf die Gerechtigkeit des Herrn kann man sich verlassen!« sagte Toni knapp. »Wenn einem hier auf Erden von einem anderen Menschen Unrecht getan wird, ein großer Schmerz zugefügt wird, dann hat der Herrgott für ihn ein Trostpflaster bereit, dann entschädigt er ihn. Daran glaube ich fest, felsenfest, so fest wie die Felsen vom ›Engelssteig‹ in den Himmel ragen. Deshalb bin ich sicher, daß es dem Willi Bernreither gutgeht, wo immer er auch war oder ist.«

      Dann wechselte er das Thema, um den alten Alois auf andere Gedanken zu bringen. Er fragte ihn nach einem Eintopfrezept. Das lenkte den alten Mann ab. Zusammen gingen sie in die Küche.

      *

      Etwa zur gleichen Zeit saß Bürgermeister Fritz Fellbacher in seiner Amtsstube und grübelte. Er zählte die Wochen auf dem Kalender. Es wurde Zeit, daß etwas geschah. Es war jetzt schon einige Monate her, daß der alte Hans Bernreither verstorben war. Er hatte keine Angehörigen mehr. Bis zum letzten Tag hatte er mit einer Haushälterin auf dem Bernreither Hof gewirtschaftet. Alles war tadellos in Ordnung, sauber und ordentlich. Nach der Beerdigung reiste die alte Haushälterin ab. Sie zog zu ihrer Nichte nach Kirchwalden. Das war auch ihr gutes Recht, denn sie war eigentlich schon seit zwei Jahren in Rente. Bürgermeister Fritz Fellbacher und Pfarrer Heiner Zandler überlegten, wie es mit dem Bernreither Hof weitergehen sollte. Zunächst verteilten sie das Vieh, die Kühe, Schweine, Hühner, Gänse und Hasen auf andere Höfe, damit es versorgt war. So hielten sie es auch mit den Äckern und den Almwiesen, die zum Bernreither Hof gehörten.

      Vor seinem Tod hatte Hans Bernreither Bürgermeister Fellbacher und Pfarrer Zandler einen Brief gegeben. Der war an seinen Zwillingsbruder gerichtet, mit dem er seit fast sechzig Jahren keinen Kontakt mehr gehabt hatte. Darin vermachte er ihm oder seinen Nachkommen den Hof. Er setzte in dem Brief den Geistlichen von Waldkogel und den Bürgermeister als Testamentsvollstrecker ein. Keine leichte Aufgabe für die beiden. Aber sie wollten einem, der bald dem Herrgott gegenübertrat, seine letzte Bitte nicht abschlagen.

      *

      Auf dem Schreibtisch von Bürgermeister Fellbacher lag ein behördlichen Schreiben. Darin wurde mitgeteilt, daß man keine genauen Angaben über den Verbleib von Herrn Bernreither machen könne. Andere, frühere Anfragen hatten bereits ergeben, daß Willi Bernreither in Deutschland nicht gemeldet war.

      »So ein Schmarrn! In Deutschland ist er nicht, im Ausland ist er nicht! Irgendwo muß er doch sein!«

      Fritz Fellbacher faltete das Schreiben zusammen und steckte es in den Briefumschlag. Er stand auf, nahm seinen Hut mit dem großen Gamsbart und ging hinaus.

      »Ich gehe zum Zandler!« rief er seiner Vorzimmerdame zu.

      Es waren nur wenige Schritte vom Rathaus zur gegenüberliegenden Barockkirche und dem Pfarrhaus. Das Angelusläuten zu Mittag setzte ein. Fritz Fellbacher bekam ein schlechtes Gewissen, daß er an diesem Tag wieder nicht zum Mittagessen daheim war. Seine Frau würde ärgerlich sein. Aber die Sache mit Willi Bernreither, die brannte ihm auf der Seele. Er griff zum Handy und rief seine Frau an. Wie er vermutet hatte, war sie ärgerlich, hatte sie doch seine Leibspeise gekocht, gebratene Leber mit Zwiebeln und Äpfeln. Dazu gab es Erdapfelmus und schönen frischen Blattsalat aus dem eigenen Garten.

      *

      Bürgermeister Fellbacher wollte gerade am Pfarrhaus läuten, als Pfarrer Zandler aus der Tür trat.

      »Grüß Gott, Fritz! Wolltest zu mir?«

      »Ja, Heiner! Mußt fort oder hast Zeit?«

      Die beiden Männer waren Freunde schon seit der Schulzeit. Der eine kümmerte sich um die weltlichen und der andere um die seelischen Belange der Waldkogeler. Sie duzten sich.

      »Zeit habe ich schon! Ich bin auf dem Weg zum Xaver. Will heute ›Beim Baumberger‹ Mittag essen. Meine Haushälterin hat sich freigenommen und besucht ihre Schwester. Des muß auch mal sein. Willst net mitkommen?«

      »Doch des mache ich! Wir haben eine Antwort bekommen auf unsere Anfrage! Hier lies! So ein Schmarrn! Des gibt es doch net! Die sind nur zu faul gewesen, richtig in den alten Akten zu suchen. Es muß doch noch mehr Spuren geben.«

      »Mit weltlichen Verwaltungsangelegenheiten kenne ich mich nicht aus, Fritz. Des ist dein Ressort. Was macht dich an dem Brief so mißtrauisch? Warum zweifelst du an, was da steht?«

      »Weil der Willi einen Paß hatte. Er wollte doch mit dem Schiff Richtung Pazifik. Der Paß ist doch irgendwann abgelaufen und mußte erneuert werden. Spätestens dann werden auch die Behörden im Geburtsland informiert. Es muß Unterlagen über den Willi geben. Verstehst?«

      »Mmm! Wenn du des sagst, dann muß es so sein, Fritz!«

      Die beiden machten sich auf den Weg zum Wirtshaus und der Pension, die Tonis Eltern in Waldkogel führten. Pfarrer Zandler kannte die Geschichte, die damals zwischen den Brüdern geschah aus Erzählungen seiner Eltern und Großeltern. Außerdem war Hans Bernreither in späteren Jahren ein gottgefälliger Kirchgänger geworden, der kaum eine Sonntagsmesse verpaßte. Wenn es die Arbeit auf dem Hof erlaubte, kam er auch mehrmals in der Woche zur Abendmesse. Er beichtete regelmäßig. Doch darüber durfte Pfarrer Fritz Zandler nicht sprechen. Wie oft er auch dem reuigen Sünder Gottes Vergebung verkündet hatte, Hans drückte die Schuld. Auf der anderen Seite war er auch stur und suchte nie nach seinem Bruder. Jetzt war es zu spät. Diese Aufgabe fiel nun dem Bürgermeister und dem Geistlichen zu.

      *

      Gottes schöne Welt ist groß, Fritz! Der Willi kann noch irgendwo leben. Vielleicht hat er damals irgendwo ein Plätzchen gefunden, wo er keinen Paß und keine Papiere brauchte. Er brach damals mit allen Menschen und mit seiner Heimat. Schmerz und Enttäuschung saßen zu tief. Die beiden Brüder waren wie Kain und Abel, nur daß einer den anderen nicht totgeschlagen hat. Statt des-

      sen ist der eine auf und davon, hat alle Brücken hinter sich abgebrochen.«

      »Heiner, das weiß ich alles! Doch in unseren modernen Zeiten muß es doch möglich sein, eine Spur zu finden oder?«

      »Das sollte man annehmen! Es wäre einfacher, wenn wir einen Anhaltspunkt hätten. Der Pazifik ist groß. Da gibt es viele Staaten, Inselstaaten und Festlandstaaten, die an das Meer grenzen. Es ist eine Frage der Zeit. Wir müssen Geduld haben, Fritz!«

      *

      Die beiden waren beim Wirtshaus angekommen. An der Tür hing ein Schild mit den Öffnungszeiten. Für Gäste war Mittags geschlossen, bis auf Ausnahmen. Xaver und Meta machten morgens für die Pensionsgäste Frühstück. Dann war das Wirtshaus ab dem späten Nachmittag wieder geöffnet. Mittags kochte Meta nur für sich, ihren Mann Xaver und die Bichler Kinder, die jetzt bei Toni und Anna auf der Berghütte lebten. Sie gingen in Waldkogel zur Schule und aßen danach bei den Baumberger Großeltern, wie sie Xaver und Meta liebevoll nannten. Das beruhte auf Gegenseitigkeit. Toni und Anna waren

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