Das Weiße Haus am Meer. Hannes Nygaard

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Das Weiße Haus am Meer - Hannes Nygaard Hinterm Deich Krimi

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Müssen«, fügte sie spitz an.

      »Der Besucher bekundet seine familiären Bande zu Ihnen.«

      »Er behauptet, mit der Familie meines verstorbenen Mannes verwandt zu sein. Aber dieser Mensch behauptet vieles. Die Crummenthals sind weit verzweigt und verfolgen unterschiedliche Interessen. Mein Mann hat sein Wirken der Wissenschaft gewidmet. Dort haben wir uns auch kennengelernt. Ich glaube nicht, dass der Parvenü eine Beziehung dazu hat. Worüber sollte ich mit ihm sprechen?«

      Von der alten Dame ging eine natürliche Würde aus. Irgendwie erinnerte sie Lüder an die englische Königin. Nur die Handtasche konnte er nicht entdecken. Auch die Corgis fehlten auf dem Teppich vor dem Kamin. Alles in diesem Haus hatte Stil.

      Eine Frau mit silbernen Haaren und einer Schürze, die an eine Bedienung in einem Wiener Kaffeehaus erinnerte, hatte den Raum betreten, stellte eine zweite Tasse vor Lüder ab und schenkte goldenen Tee ein.

      »Zucker und Cream?«, fragte sie. »Sie bedienen sich selbst?«

      »Danke, Alma«, sagte Frau von Crummenthal. »Es ist ein Unding, was man von mir verlangt. Alma und Heinz Gawlicek sind seit vierzig Jahren die guten Geister dieses Hauses. Man kann ihnen alles anvertrauen. Sie wohnen auf dem Grundstück.« Lüder hatte das Haus neben dem Eingang gesehen. »Der Bundespolizist hat angedeutet, dass man sie aus Sicherheitsgründen vorübergehend ausquartieren und durch anderes Personal ersetzen wird. Für was hält man uns? Sind Menschen austauschbar?«

      »Sie hätten die Möglichkeit gehabt, Nein zu sagen«, wandte Lüder ein.

      »Ach, Herr Lüders. Das wäre nur eine theoretische Möglichkeit gewesen. Es war auch jemand vom Außenministerium hier. Der hat sich die Räume nicht angesehen, sondern nur Kaffee getrunken. Er saß dort, wo Sie Platz genommen haben. Kaffee. Den Tee hat er verschmäht. Wie soll eine alte Frau den Forderungen des amerikanischen Präsidenten widerstehen?«

      »Es ist Ihr Recht.«

      Sie lächelte milde. »Sie sind Polizist. Gelehrter?«

      »Ich habe Jurisprudenz studiert.«

      Das Lächeln verstärkte sich. Sie hob eine Hand. »Dann wissen Sie, dass recht haben und recht bekommen zwei Dinge sind, die mit einer unterschiedlichen Elle gemessen werden. Nehmen Sie einfach zur Kenntnis, dass Hildegard von Crummenthal sich wenig begeistert zeigt, sich des Drucks aus Berlin und Washington aber nicht erwehren kann. Ich hoffe nur, dass der unerwünschte Besuch rasch vorübergeht und wie nach einem Unwetter die Aufräumarbeiten nicht zu lange währen. Sie müssen mir auch nicht erklären, dass vor dem Einzug dieser unseligen Person ein Heer von Fremden meine Heimstatt auf den Kopf stellen wird. Wo auch immer in diesem Haus er nächtigen wird … er soll sich seine eigene alberne Mickey-Mouse-Bettwäsche mitbringen.«

      »Ich kann Ihnen versichern, dass nach der Abreise ein Team das ganze Haus gründlich reinigen wird.«

      »Amerikaner?«, fragte sie belustigt.

      Lüder versicherte ihr, dass man vom Toilettenpapier bis zu irgendwelchen Minispuren alles ersetzen beziehungsweise reinigen würde. Zu groß war die Sorge, dass nach der Abreise die Gastgeber auf die Suche gehen würden, um anhand von DNA-Spuren Erkenntnisse über den Präsidenten und seinen Gesundheitszustand gewinnen zu können. Bei allem Zutrauen zu den guten Geistern Alma und Heinz – so gründlich wie die Spezialisten vom Secret Service würde niemand sonst das Haus reinigen.

      Lüder stand auf. »Danke für die Zeit, die Sie mir gewidmet haben«, sagte er. »Nicht nur Ihr Tee ist etwas Besonderes, Ihnen zu begegnen ist ein außerordentliches Vergnügen. Ich versichere Ihnen, dass wir alles unternehmen werden, um diesen Besuch geräuschlos ablaufen zu lassen. Die Ihnen und Ihrem Anwesen entstehenden Unannehmlichkeiten kann ich leider nicht in Abrede stellen.«

      Hildegard von Crummenthal nickte versonnen. »Das fürchte ich auch. Man sagt, nur George Bush sei als Präsident eine wirkliche Persönlichkeit gewesen.«

      »George Bush?«, fragte Lüder erstaunt.

      Sie lächelte. »Der Senior. Alle anderen würden in unseren führenden Familien nicht eingeladen werden.« Es folgte ein tiefer Seufzer. »Auch nicht von mir. Aber – was kann eine alte Frau in dieser Welt ausrichten?«

      »Ihr Stil und Würde verleihen«, sagte Lüder zum Abschied und erntete für dieses Kompliment ein strahlendes Lächeln.

      Lüder fuhr mit seinem BMW langsam die Strandallee Richtung Zentrum entlang. Hier lagen viele repräsentative Wohnhäuser, vor allem aber Hotels. Das Grandhotel ähnelte äußerlich eher einem Betongebirge. Ein Hingucker war das Ensemble weißer Häuser, die an Japan erinnerten. Wer mochte dort wen bestochen haben, überlegte er im Stillen, dass diese fremdartige Architektur genehmigt worden war? Nein! Zum Glück war Bestechung in Deutschland ein seltenes Phänomen.

      Je weiter er sich dem Zentrum näherte, umso lebhafter wurde der Verkehr der Fußgänger. Am Timmendorfer Platz umrundete die Strandallee den Gebäudekomplex, der zwischen der Straße und der Kurpromenade lag. Dort luden zahlreiche Geschäfte des gehobenen Bedarfs zum Bummeln ein, die Gastronomie zum Verweilen.

      Die Straße machte einen Bogen nach rechts. Dort tauchte das markante Hotel einer internationalen Kette auf, das direkt an der Seebrücke lag. Es wirkte wie ein riesiger Klotz. Noch prägnanter war das weithin über die Lübecker Bucht sichtbare Hochhaus der gleichen Kette. Bei guter Sicht zogen sich die Hochhaustürme an der ganzen Küste bis nach Fehmarn hin. Offenbar hatten viele Gemeinden ihren sichtbaren Fußabdruck hinterlassen wollen. Diese unseligen Hochhäuser traf man leider auch in vielen anderen Orten an, in denen es sonst nicht an Bauplätzen mangelte.

      Nun denn, dachte Lüder, wenn Hunde an jedem Baum ihre Duftmarke hinterlassen, dient es anderen Zwecken als der Nützlichkeit.

      Der Fahrbahnbelag wechselte in ein dunkles Rot. Hotels in Häusern, die den Stil der alten Bäderkultur bewahrt hatten, wechselten mit modernen Zweckbauten und Gebäuden, die durchaus auf phantasievolle Architekten schließen ließen. Dazu gehörte auch eine Appartementanlage mit großzügiger Vorfahrt und ovalem Grundriss. Direkt daneben lag das Rathaus.

      Lüder quetschte sein Fahrzeug in die letzte freie Parklücke und steuerte den Eingang des Gebäudes an, das mit einer Schmalseite zur Straße wies. Man hatte hier das Zweckmäßige mit dem Praktischen verknüpft. Im vorderen Bereich befand sich die Verwaltung, dahinter hatte man Appartements errichtet.

      Ein bunt bemalter Fisch in einem kleinen Beet mit Heidepflanzen begrüßte die Besucher, bevor sie in die Eingangshalle eintauchten.

      Lüder meldete sich beim Empfang an und bat darum, den Verantwortlichen der Verwaltung sprechen zu dürfen.

      Die Angestellte schenkte ihm ein freundliches Lächeln und fragte nach seinem Anliegen.

      »Landeskriminalamt Kiel.«

      »Das wäre unsere Bürgermeisterin, Frau Meyer«, sagte die Frau und bat um einen kleinen Moment Geduld.

      Lüder wandte sich den ausgelegten Prospekten zu. Kurz darauf sprach ihn eine Frau mit angenehmer dunkler Stimme an.

      »Sie möchten mich sprechen?«

      »Wenn Sie die Bürgermeisterin sind?«

      Sie reichte ihm die Hand und begrüße ihn mit einem festen Händedruck. »Astrid Meyer«, stellte sie sich vor.

      »Lüder

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