Lacroix und die stille Nacht von Montmartre. Alex Lépic

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Lacroix und die stille Nacht von Montmartre - Alex Lépic Red Eye

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Weihnachten derart Saure-Gurken-Zeit, dass Sie die ganze Titelseite für so einen Unsinn verschwenden?«

      Romy Schneider, die erst seit einigen Monaten als Polizeireporterin beim Parisien arbeitete, Lacroix aber von Anfang an gehörig auf die Nerven gegangen war, sah ihn überrascht an.

      »Ach, Sie haben es noch gar nicht gehört?«

      Er wandte ihr den Kopf zu, etwas in ihrem Ton alarmierte ihn.

      »Was soll ich gehört haben?«

      »Na, Unsinn wäre es ja wohl nur, wenn es bei der Sache mit den Lichterketten geblieben wäre. Doch heute Nacht ist wieder etwas passiert.«

      »Mademoiselle Schneider, ich habe ohnehin schon wahnsinnig schlechte Laune«, sagte Lacroix unwirsch und sah sich suchend nach Yvonne um, die immer noch im hinteren Teil des Bistros die Frühstücksgäste bewirtete. Er brauchte dringend einen Kaffee. »Sagen Sie mir einfach, was passiert ist.«

      Die junge Frau wollte gerade ansetzen, als endlich Yvonne Abeille neben ihn trat und Lacroix begrüßte.

      »Mon Commissaire«, sagte sie und drückte ihm die bises auf die Wange. »Da bist du ja endlich. Die junge Frau tippelt seit einer Stunde von einem Fuß auf den anderen, weil sie auf dich wartet. Kaffee?«

      »Bitte.«

      Yvonne ging an die Kaffeemaschine, doch Lacroix hätte wetten können, dass sie die Ohren spitzte, weil sie unbedingt wissen wollte, was vor sich ging.

      »Es ist nicht zu fassen. Ich wollte ja eigentlich gar nichts über den Lichterkettendiebstahl schreiben, Commissaire, weil ich dachte, das sei keine große Sache. Aber Dufour, der Bürgermeister, hat beim Chefredakteur angerufen und getobt, dass man darüber doch berichten müsse. Also habe ich den Artikel geschrieben – es kann ja nicht schaden, sich mit dem Mann gut zu stellen. Er ist die große Hoffnung der Stadt. Ich habe mir nichts weiter dabei gedacht, doch heute Morgen klingelte ganz früh mein Telefon, und unser Lokalreporter aus dem Achtzehnten war dran. Sie werden es nicht glauben: Der Weihnachtsbaum auf der Place Saint-Pierre wurde gefällt, Sie wissen schon, die große Nordmanntanne unterhalb von Sacré-Cœur.«

      »Er wurde gefällt? Was soll das heißen?«

      »Abgesägt, jemand hat ihn abgesägt.«

      »Heute Nacht?«

      »Ja! Unsere Stadt ist derart im Weihnachtstaumel, ich glaube, so langsam wird das eine große Geschichte. Was denken Sie, Maigret?«

      Yvonne stellte den Kaffee vor ihn und ignorierte die Journalistin komplett.

      »Sie sollen mich nicht so nennen, Mademoiselle Schneider. Haben Sie verstanden?«

      Die junge Frau sah ihn erwartungsvoll an. »Und? Fahren wir hoch?«

      Lacroix glaubte sich verhört zu haben. »Wir? Wir fahren nirgendwohin. Sie können hochfahren. Aber ich bleibe hier und kümmere mich um mein Revier.«

      »Lacroix, bitte! Ich sehe doch das Glänzen in Ihren Augen. Wenn der Fall Sie nicht interessieren würde, wären Sie gar nicht erst hingefahren. Und jetzt, wo noch etwas passiert ist, werden Sie sich die Sache erst recht genauer ansehen. Also: Mein Auto steht vor der Tür. Kommen Sie, ich nehme Sie mit.«

      Der Commissaire rang mit sich. Auf der einen Seite wollte er sich nicht von einer Journalistin durch die Stadt chauffieren lassen, die eine unglaubliche Nervensäge war und sich offenbar vorgenommen hatte, ihn in ihren Artikeln zu einer Legende zu machen, was ihm das Leben erschwerte, ihr aber eine höhere Auflage sicherte. Auf der anderen Seite hatte sie einen wirklich sicheren Instinkt – und sie war ein echter Terrier, wenn es darum ging, sich in einer Geschichte festzubeißen. Im Fall des toten Bäckers von Saint-Germain hatte sie sogar entscheidende Tipps gegeben, dank derer er den Täter hatte überführen können. Er überwand sich und nickte.

      »Gut, warten Sie bitte draußen. Ich komme gleich, und dann fahren wir.«

      Sie schlug kurz auf die Theke, eine Übersprungshandlung. Er sah den Triumph in ihren Augen, offensichtlich hatte sie nicht mit einer Zusage gerechnet. Sie ließ ihn allein. Als er hörte, wie die Tür ins Schloss fiel, lehnte Lacroix sich auf dem Barhocker zurück und griff nach der Kaffeetasse, der café serré war schwarz und stark, wie er ihn mochte, er belebte ihn augenblicklich.

      »Na, das kann ja was werden …«, murmelte er.

      »Was sagst du?« Yvonne stand dicht neben ihm.

      »Dass das heute ein spannender Tag werden könnte.« Er beugte sich zu Idefix, der sich zu seinen Füßen niedergelassen hatte, tätschelte ihm den Kopf, nahm Mantel und Hut und ging raus in die Kälte.

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