Oval. Elvia Wilk

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Oval - Elvia Wilk

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zu fragen, kippte er ein Päckchen Elektrolyte in ein Glas mit Wasser und reichte es ihr samt einem Löffel zum Umrühren.

      »Dann ist das ja gutes Timing. Ich habe große Neuigkeiten«, wobei nun er ›große Neuigkeiten‹ mit Anführungszeichen umrahmte. »Wahrscheinlich weißt du es schon, aber Fin-Start strukturiert einige Abteilungen von RANDI um.« Sie schwieg, dann kapitulierte sie und gab mit leichtem Kopfschütteln zu, dass sie es noch nicht wusste. »Oh«, sagte er. »Naja, nun weißt du es. Sie streichen nicht den ganzen Bereich oder so, aber sie führen viele Teilabschnitte zusammen. Der Großteil von Legierungen fließt in den Allgemeinen Zukunftsbereich ein, und der Knorpelsektor geht zurück zu Biologisch abbaubare Materialen, wo er wahrscheinlich von Anfang an hätte bleiben sollen.«

      Ihr Herz stockte für einen Augenblick. »Zurück zu Bioabbaubar? Da war ich vorher, erinnerst du dich, aber dann haben wir alle beschlossen, dass Knorpelgewebe eine eigene Abteilung werden sollte, weil wir aufbauen und nicht abbauen.«

      »Richtig. Deine Spezialmission, du hast uns damit in den Ohren gelegen. Aber nun ist deine Mission erfüllt. Voilà.«

      Sie kaute auf der Innenseite ihrer Wange herum und fummelte an den Ohrstöpseln in ihrer Tasche. Ear buds, dachte sie: Ohrknospen. Winzige Klumpen Knorpelgewebe, aus denen Ohren sprießen würden.

      »Eigentlich ist es aber noch gar nicht fertig«, sagte sie langsam. »Wir haben das Ding, das wir machen sollen, noch nicht wirklich im Labor wachsen lassen.«

      »Von der Wissenschaft dahinter verstehe ich nichts«, sagte er und lachte, »aber nimm es als fettes Lob von ganz oben. Scheinbar denken die, du hättest das, was du dir vorgenommen hast, erfüllt.«

      »Wir kehren also dahin zurück, wo wir herkamen. Kompost.«

      »Nein. Das ist die Sache. Ich weiß nicht, was mit dem Typen ist, mit dem du zusammengearbeitet hast, aber dich entlassen sie in die Freiheit.«

      »In die Freiheit? Bin ich gefeuert?«

      »Warum erwartest du immer das Schlimmste?« Er machte eine dramatische Pause. »Vielmehr haben sie dich direkt zur Beraterin befördert. Laboratory Knowledge Management Consultant nennen sie das, glaube ich.«

      Sie schüttelte den Kopf. Das ergab alles keinen Sinn. »Nein, Howard. Ich bin nur eine Labortechnikerin. Ich habe nichts getan, womit ich sie beraten könnte.« Beraterin war kein Titel, den sie jemals für sich vorgesehen hatte, weder in der Gegenwart noch in der Zukunft. Louis war der Berater, nicht sie.

      Er schien ihre Gedanken lesen zu können. »Oh, aber Louis, der hat das? Du weißt schon, dass man keine Erfahrung in der Beratung haben muss, um Berater zu werden.«

      Sie biss zurück. »Louis ist für seinen Job tatsächlich höchstqualifiziert.«

      Howard hob die Hände in gespielter Verteidigung. »Ich habe ja nicht behauptet, dass er das nicht ist. Ich sage nur, dass die Qualifikation nicht das ist, wofür du sie hältst. Die Qualifikation besteht darin, dass die da oben entscheiden, du kannst das.«

      Sie kaute nun heftiger auf ihrer Wange herum. »Was macht ein Knowledge Manager?«

      »Was immer du willst. Du erhältst eine Gehaltserhöhung und darfst von nun an allen sagen, was sie machen sollen. Setz sie unter Druck, wenn sie nicht schnell genug arbeiten. Fordere Überprüfungen an, führe Personalgespräche, schlag Umstrukturierungen vor, wenn du glaubst, dass es nötig ist. Du kennst den Drill.«

      »Wie lange?«

      »Weiß nicht. Vermutlich erst mal für ein Jahr.«

      »Aber warum sollten sie mir meinen Job wegnehmen, nur um mich dann fürs Nichtstun zu bezahlen?«

      Er hob die Hände. »So funktionieren Unternehmen. Du bist eine gewisse Zeit dabei, dann steigst du auf, wenn du Glück hast. Warum so viele Fragen?«

      Sie schwenkte ihr Glas mit Elektrolyten in der Hand, ohne davon zu trinken. »Eine Frage habe ich noch: Seit wann bist du mein Boss? Das alles sollte mir jemand aus der Personalabteilung mitteilen.«

      Er zuckte unschuldig mit den Schultern. »Ich habe heute Morgen mit der Personalabteilung telefoniert, habe erwähnt, dass du vorbeikommen würdest, und da meinten sie, ich soll es dir ruhig schon sagen. Du kannst sie gerne anrufen, wenn du mir nicht glaubst.«

      Natürlich war Howard schon seit langem in ihren Job bei RANDI, in ihr Zuhause – in einfach alles – am Rande verwickelt. Fin-Start hatte mit all dem zu tun und ab einem gewissen Zeitpunkt war Howard zu ihrer Hauptschnittstelle zu Fin-Starts Backend geworden. Howard wusste Dinge, Howard war die Cloud, das war seine Daseinsberechtigung. Von diesem Blickwinkel aus betrachtet, konnte es nicht überraschen, dass Howard ihr diese Informationen übermittelte. Nichts änderte sich zwischen ihnen, im Grunde genommen. Aber sie konnte sich des Gefühls nicht erwehren, dass die Neuigkeiten, die er ihr soeben überbracht hatte, übergriffiger waren als einige der anderen Methoden, die er gefunden hatte, um sich in ihr Leben einzumischen.

      »Bin ich zu unsensibel in dieser Angelegenheit?«, fragte Howard. »Du wirkst irgendwie so verhalten.«

      »Ich muss darüber nachdenken.«

      »Sei kein Mädchen.« Er lächelte. »Steh deinen Mann. Nimm, was dir zusteht.«

      »Ich liebe es, wenn Männer mir sagen, ich soll meinen Mann stehen.«

      »Ich versuche nur, dein Selbstbewusstsein zu stärken. Aber nimm dir ruhig Zeit. Die werden dir einen Vertragsentwurf zur Ansicht per E-Mail schicken. Das ist alles, was ich weiß.«

      »Danke.« Sie versuchte, aufrichtig zu klingen. Schuld, Dankbarkeit: Die beiden waren immer Zwillinge. Es war an der Zeit, das Gespräch auf ein anderes Thema zu lenken. Wenn Howard sich dumm stellte, war nicht zu ihm durchzudringen.

      »Meinst du, sie ziehen mich auch zur Beratung hinsichtlich meines eigenen Hauses heran?«, fragte sie. »Der Berg könnte eine Wissenschaftlerin gebrauchen.«

      Howard lachte. »Das bezweifele ich. Der Berg ist sein ganz eigenes Monster. Wie läuft es zuhause? Ich vermute, darüber wolltest du eigentlich reden.«

      Sie stellte fest, dass sie keinen wirklichen Grund hatte, hier zu sein, ebenso wenig wie Howard einen hatte, derjenige zu sein, der sie feuerte und neu anstellte. Weder die technischen Probleme zuhause noch ihr Job hatten offiziell mit ihm zu tun. In Wirklichkeit war sie wegen Howard selbst und seiner besonderen Mischung aus Zuneigung, Anerkennung und Autorität hier. Er würde ihren Beschwerden nachgehen, wie er es immer tat, im Gegenzug dafür erhielt er das Gefühl, dass sie auf ihn angewiesen war. Er mochte es, gebraucht zu werden, und sie bot eine Auswahl an Bedürfnissen.

      »Ich wollte nur fragen, ob du irgendeine … Ahnung hast, was auf dem Berg los ist«, sagte sie. »Die Temperatur und alles andere ist völlig unberechenbar. Sämtliche Türen sind zugeschwollen. Die Leute beschweren sich bestimmt schon.«

      »Nicht so häufig wie ihr beide«, sagte er und lächelte. »Hast du mal mit den Nachbarn gesprochen?«

      »Mit ein paar.«

      Das war eine Lüge. Anja und Louis redeten nie mit den Nachbarn. Am Anfang hatte Anja einige Nachmittage mit einem dänischen Paar mittleren Alters verbracht, beide Berater, aber die zwei waren vor Monaten in Urlaub gefahren und nie zurückgekehrt. Wenn sie es sich recht überlegte, standen mindestens drei der Häuser die

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