Heliosphere 2265 - Der komplette Fraktal-Zyklus. Andreas Suchanek
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Читать онлайн книгу Heliosphere 2265 - Der komplette Fraktal-Zyklus - Andreas Suchanek страница 24
»Vermutlich«, sagte Akoskin. »Aber diese Prognose mache ich unter Vorbehalt. Ich lasse den Computer gerade verschiedene Szenarien durchrechnen.«
»Machen Sie weiter.« Jayden nickte Akoskin auffordernd zu. »Lieutenant McCall, gibt es mittlerweile irgendwelche Reaktionen auf unsere Kommunikationsversuche?«
Das Kopfschütteln seiner Kommunikationsoffizierin zerstörte die letzte Hoffnung auf eine friedliche Lösung. Doch er würde den Teufel tun, den ersten Schuss abzufeuern.
Jayden beobachtete die Annäherung an den Parlidenkreuzer still, während seine Offiziere wie ein eingespieltes Team ihren Aufgaben nachgingen.
Sein erstes Kommando entwickelte sich immer mehr zum Desaster. Vermutlich bereute die Admiralität es längst, ihm den Tapferkeitsorden verliehen zu haben. Spätestens wenn die erste Armada aus Parlidenschiffen ihren Angriff auf die Solare Union begann, würde dem so sein. Andererseits traute er den Sternköpfen auch zu, die HYPERION einfach zu vernichten und sich dann stillschweigend das Artefakt unter den Nagel zu reißen. Alles war möglich. Sie wussten einfach zu wenig darüber, was in der Gesellschaft der Parliden vor sich ging.
Auf seiner Konsole beobachtete er, wie das Parlidenschiff langsam davon glitt, als der Traktorstrahl in sich zusammenfiel.
»Gute Arbeit.« Er schenkte jedem seiner Offiziere ein anerkennendes Nicken. »Commander Akoskin, Sie sind am Zug.« Damit aktivierte er die Gefechtssteuerung.
Gemäß der Gefechtsdoktrin des Interlink-Kreuzers erhielt Lieutenant Commander Akoskin die Befehlsgewalt über Navigation und Waffen. Gleichzeitig wurden die Ortungsdaten ungefiltert auf die sekundäre Taktikkonsole geleitet, wo die Daten mit entsprechenden Filtern versehen und nach relevanten Informationen durchsucht wurden.
Während eines Kampfes fühlte er sich als Captain meist völlig nutzlos. Natürlich gab er Befehle und beeinflusste den Kurs oder befahl den Rückzug. Doch die neu formulierte Taktik-Doktrin für Interlink-Kreuzer sah eben vor, dass der Waffen- und Taktik-Offizier selbstständig handelte und Befehle an die Navigation weitergab.
Wie das Protokoll es vorschrieb, überprüfte er, ob die Beta-Kommandobrücke besetzt war. Die Führungsoffiziere der Gamma-Schicht befanden sich dort, auf einer zweiten Brücke im unteren Heck-Segment des Schiffes. Sollte die Hauptbrücke beschädigt werden oder durch feindlichen Beschuss nicht mehr in der Lage sein, das Schiff zu kontrollieren, würde die Kommandogewalt dorthin übergehen.
Neben Jayden aktivierte Ishida ihre Sicherheitsgurte und das Prallfeld. »Dann heißt es jetzt wohl abwarten.«
Die HYPERION beschleunigte und nahm ebenfalls Kurs auf die anfliegenden Schiffe.
»Sir, ich orte eine Explosion in einer Entfernung von 400.000 Kilometern.« Lieutenant Nurakow blickte kurz von seiner Konsole auf. »Das Parlidenschiff im Orbit um Elnath IV hat sich soeben selbst zerstört.«
Eine Aktion, die nicht überraschte. Die Parliden waren dafür bekannt, ihre Technik nicht in feindliche Hände fallen zu lassen. Nachdem die anfliegenden Schiffe die Situation erkannt hatten, war es nur eine Frage der Zeit gewesen, bis sie den Kreuzer im Orbit per Fernsteuerung zündeten. Ähnliches war im Krieg oft geschehen und hatte nicht wenige Enterkommandos das Leben gekostet.
»Sir!« Die Stimme von Lieutenant Nurakow klang schrill. »Kurz vor der Explosion lösten sich zwei kinetische Geschosse aus dem Bug des Parlidenschiffes. Sie fliegen in Richtung des Planeten.« Seine Finger huschten über die Ortungskonsole. »Ihr Vektor weist direkt auf das Artefakt!«
»Was?!« Jayden sprang auf.
»Das heißt, sie wissen von dem Fraktal, andernfalls wären sie nicht so zielstrebig vorgegangen«, sagte Ishida. »Sind die wahnsinnig?«
Jayden schluckte. »Wir müssen …«
»Die Sensorplattformen melden einen Phasenabdruck«, unterbrach Nurakow. »Es ist die PROTECTOR.«
»Das ist nicht gut«, sagte Lieutenant McCall leise.
»Bandit II und III – die Leichten Kreuzer – ändern den Kurs!« Lieutenant Nurakow schlug mit der flachen Hand auf seine Ortungskonsole. »Sie gehen auf einen Abfangvektor zur PROTECTOR! Bandit I hält weiterhin auf uns zu.«
»Sir«, sagte Lukas Akoskin, »ich benötige ein neues Primärziel.«
Verzweifelt blickte Jayden auf den Holotank, dessen Anzeige sich auf drei Bereiche gesplittet hatte. Im rechten Bereich raste die völlig unterbesetzte PROTECTOR auf die zwei Leichten Kreuzer zu. In der Mitte war die Sensorauswertung von Bandit I zu erkennen, der sich der HYPERION näherte, während rechts die kinetischen Geschosse auf das Fraktal zuflogen.
»Sir?« Ishida blickte ihn fragend an.
*
Parlidenkreuzer PAL ANTAROK, Elnath-System, 24. November 2265
Tr'esh starrte auf die visualisierten Sensorergebnisse, die von der Schiffs-K.I. direkt auf seine Sehlinsen projiziert wurden.
Wie konnte das nur geschehen?
Ausgerechnet die Menschen hatten das erste Fraktal entdeckt. Eine Katastrophe.
Nervös wartete er auf die Bestätigung durch die Sensoren. Da sie keinerlei Verstärker im System positioniert hatten, musste er sich gedulden, bis die Sensorstrahlen die weite Strecke zurückgelegt hatten.
»Die PAL ANGESH wurde erfolgreich zerstört«, meldete M'jel, der das Waffen- sowie das Sensorenmodul befehligte. Seine Hände lagen auf den Interface-Pods, die seine Gedanken als Steuerbefehl an den Computerkern der PAL ANTAROK weiterleiteten. »Die Geschosse wurden abgesetzt. Eine Zerstörung des TRION-Fragments ist wahrscheinlich.«
Tr'esh wollte ihn schon aufgrund der ungenauen Meldung rügen, widerstand dem Drang jedoch. Niemand konnte wirklich sagen, wozu die Fragmente in der Lage waren. Sie wussten nur, was geschehen würde, wenn jemand alle Teile zusammensetzte. Niemals durfte es so weit kommen.
Auf seiner linken Sehlinse sah er die PAL ALOS und die PAL ZEF, die beide auf das schwächere der beiden Menschenschiffe zusteuerten. Er selbst würde mit der PAL ANTAROK dieses neuartige Schiff zerstören.
Auf dem ölig glänzenden Rücken von M'jel erschien abrupt das rot schraffierte Muster von Erschrecken. Ein Gefühl, das auf einem Kampfschiff wie der PAL ANTAROK nichts zu suchen hatte. Bevor Tr’esh etwas sagen konnte, geschah das Gleiche auch auf dem Rücken von Si'kat, dem Navigations- und Kommunikationsoffizier. Irgendetwas hatte beiden Furcht eingejagt. »Machen Sie Meldung, M'jel!«
Ein Muster der Unterwürfigkeit erschien auf dem Hinterkopf des Angesprochenen. »Erster Kommandant, die Sensoren zeigen eine Parlidensignatur an Bord des Menschenschiffes an!«
Tr'esh konnte den Schreck, der ihn bei dieser Meldung durchfuhr, gerade rechtzeitig unterdrücken. Seine Haut behielt ihre Schwärze bei.
Während des gesamten Krieges gegen die Menschen war es seinem Volk gelungen, das Shel'tok geheim zu halten. Wenn die Menschen die Wahrheit entdeckten, waren die Folgen unabsehbar.
M'jel benötigte nur Sekunden für die Antwort. »Es ist ein Niederer.«