Heliosphere 2265 - Der komplette Fraktal-Zyklus. Andreas Suchanek

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bevor Leute wie Admiral Sjöberg die Reform eingeleitet hatten. Doch das Aufbrechen des verkrusteten Systems aus Seilschaften hatte Jahre gedauert und war noch immer nicht abgeschlossen.

      Seine I.O. räusperte sich. »Einer meiner Kameraden – Fähnrich Nagawe – wurde dazu gebracht, wieder und wieder seine Sensorergebnisse zu überprüfen, während der diensthabende Offizier ihn zusammenbrüllte. Dabei entdeckte er ein Piratenschiff, das sich auf Schleichfahrt systemeinwärts befand. Wir zogen also ins Gefecht und brachten das Schiff auf. Nur eine Rettungskapsel überstand das Scharmützel. Wir holten sie an Bord. Doch obwohl die Piraten einem Scan unterzogen wurden, gelang es einem von ihnen, eine Waffe einzuschmuggeln. Als er damit auf den Captain anlegte, stieß ich ihn zur Seite und rettete so sein Leben.«

      »Eine heldenhafte Tat.«

      Ishida lachte auf. »Auf jeden Fall eine, die Admiral Michalew auf mich aufmerksam machte. Fortan protegierte er mich. Meine Karriere gedieh in den folgenden Jahren prächtig. Natürlich hatte ich als Jahrgangsbeste abgeschlossen, doch mein Aufstieg ging so rasant vonstatten, dass ich es selbst kaum fassen konnte. Dann, vor einigen Jahren, wurde ich zum Commander befördert. Mein vorgesetzter Captain lud mich zum Abendessen in geselliger Runde ein.«

      »Michalews Club der Hardliner.«

      »Heutzutage ist es kein Geheimnis mehr, damals kannte ihn keiner. Ich sollte recht bald zum Captain aufsteigen. Im Verlauf des Abends wurde die Stimmung zunehmend gelöster. Die Captains und Admiräle sprachen offener und ich erfuhr … ich erfuhr, was für meinen Aufstieg und den anderer getan wurde.«

      Jayden begann langsam zu begreifen.

      »Ich erfuhr von einem betrunkenen Captain, dass es bei meiner Beförderung zum Lieutenant einen direkten Konkurrenten gegeben hatte: Irun Nagawe, mein ehemaliger Kamerad. Die haben gefälschte Verfehlungen in seine Akte eingebaut. Und in die vieler anderer.«

      »Der Kelvin-Zwischenfall.« Jayden schlug sich mit der Hand gegen die Stirn. »Sie waren die Quelle.«

      Ishida nickte. »Ich sammelte Beweise und wandte mich an die Dienstaufsicht. Michalew gelang es rechtzeitig, alle ihn betreffenden Unterlagen zu beschönigen. Die gesamte Schuld wurde auf Captain Kelvin abgewälzt. Es gab einen ziemlichen Skandal. So sehr auch versucht wurde, das Ganze vor der Öffentlichkeit geheim zu halten: Es kam heraus.«

      »Offiziell ging es als Kelvin-Skandal in die Geschichte ein. Die von ihm protegierten Offiziere wurden unehrenhaft entlassen oder degradiert.«

      »Da ich alles habe auffliegen lassen, blieb mir beides erspart. Eine Woche später nahm sich Kelvin unter mysteriösen Umständen das Leben. Admiral Sjöberg und die anderen konnten ihre Reform vorantreiben und die Strukturen in der Admiralität entfilzen. Michalew hasst mich seitdem. Er hat seinen vorherigen Einfluss recht schnell zurückerlangt. Meine Karriere wurde eingefroren. Aber das ist nicht weiter schlimm. Gleichzeitig hat er es sich aber auf die Fahne geschrieben, mich zu zerstören – um jeden Preis.« Sie atmete schwer aus. »Er sorgte für meine Versetzung auf ein Schiff voll mit degradierten Offizieren. Er schickte es an die furchtbarsten Orte, und alle machten mich verantwortlich.«

      Jayden blickte Ishida lange an und sah eine Traurigkeit, die er nie zuvor wahrgenommen hatte. »Das klingt wie die absolute Hölle.«

      Ishida nickte. »Die INCEPTION. Ich war von Menschen umgeben, die mich hassten. Und die mich für all das Schlechte verantwortlich machten, was ihnen im Leben geschehen war.« Ishidas Blick verfing sich in der Vergangenheit. »In einer Schlacht gegen eine radikale Splittergruppe von Sirius schlug der Captain meine Empfehlung in den Wind. Anstatt zu kämpfen, floh er aus dem System. Die Radikalen richteten ein Blutbad auf der Kolonie an, bevor Entsatz eintraf. Aber die Crew hielt zusammen. Im offiziellen Bericht stand, dass ich das Kommando zu diesem Zeitpunkt innehatte. Ich war offiziell diejenige, die geflohen ist, die eine Kolonie schutzlos zurückließ. Ich bin in den Augen der Öffentlichkeit und Teilen der Admiralität ihr Pendant, Sir.«

      »Warum unternehmen Sie nichts gegen die Gerüchte? Klären Sie das Ganze auf.«

      Seine I.O. schüttelte bitter den Kopf. »Ein derartiges Gerücht kann man nicht mehr aufhalten. Ich habe es versucht, glauben Sie mir. Alles was ich tun konnte, war, es auszusitzen.«

      Jayden verspürte einen seltenen Anflug von abgrundtiefem Hass, der sich gegen Admiral Michalew richtete. Dieser verdammte Dreckskerl zerstörte die Karriere einer Offizierin, die nichts falsch gemacht hatte, außer ihrer Ehre entsprechend zu handeln. »Aber jetzt sind Sie hier.«

      »Nun bin ich hier.« Ishida wandte ihren Blick Jayden zu. »Sie können sich zweifellos vorstellen, wie überrascht ich davon war. Admiral Sjöberg wollte Michalew wohl ordentlich eins auswischen.« Sie lachte auf. »Ich hätte gerne sein Gesicht gesehen.« Schlagartig wurde sie wieder ernst. »Doch jetzt sind auch Sie eines seiner Ziele. Er wird Sie loswerden wollen, um einen Captain seines Vertrauens auf den Posten zu hieven.«

      Stille.

      Forschend blickte Ishida ihm in die Augen.

      »Danke für Ihre Offenheit, I.O. Wir stehen diesen Kampf gemeinsam durch. Immerhin«, er deutete auf den Glaskasten in der Ecke seines Bereitschaftsraums, in dem ein goldener Orden hing, »bin ich ein Held, der sogar mit dem Tapferkeitsorden ausgezeichnet wurde. Da sollte Admiral Michalew doch kein Problem darstellen. Zu irgendetwas muss das Ding doch gut sein.«

      Ishida atmete erleichtert auf. »Danke, Sir.«

      Damit erhob sie sich und verließ ohne ein weiteres Wort den Raum.

      Als das Schott hinter ihr einrastete, schloss Jayden für einen Augenblick müde die Augen.

      Admiral Michalew war einer der schlimmsten Kriegstreiber, nein, er war der schlimmste Kriegstreiber der Admiralität. Wenn er es sich zum Ziel machte, Jayden zu demontieren, um Ishida zu vernichten, stand es wirklich schlecht. Allerdings hatte Jayden ihm durch den Kampf im Elnath-System in die Hände gespielt. In der Admiralität würde es nach ihrer Rückkehr hoch hergehen.

      Und dabei fange ich gerade damit an, mich an diesen Bereitschaftsraum zu gewöhnen. Wer kam nur auf diese hässliche Wandfarbe?

      In wenigen Tagen erreichten sie die Erde. Dann würde sich zeigen, ob sein Kommando noch eine Zukunft hatte.

      *

      »Nehmen Sie Platz, Captain.« Admiral Sjöberg bedeutete ihm, sich zu setzen. »Ich habe Ihren Bericht mittlerweile gelesen. Bedauerlicherweise bin ich da nicht der Einzige. Sie haben ein ganz schönes Beben ausgelöst.«

      Jayden schlug die Beine übereinander und sah den Admiral gelassen an. Er hatte das Richtige getan. »Es war nicht meine Absicht, mit meiner ersten Mission derart ins Rampenlicht zu rücken.«

      »Das glaube ich gern.« Sjöberg lachte auf. »Aber das haben Sie allerorts geschafft. Glücklicherweise hat alles ein gutes Ende genommen. Die Hardliner, die ja sowieso gegen die Parliden sind, haben Sie heute ausnahmsweise auf Ihrer Seite. Immerhin konnten sie einen feindlichen Akt der Parliden abwehren und ein Artefakt erbeuten. Jetzt liegt es an den Politikern, die Wogen zu glätten. Erste Gespräche haben bereits stattgefunden.«

      »Der erste Schuss wurde nicht von mir abgegeben, Sir.«

      »Das weiß ich, Captain. Und zum jetzigen Zeitpunkt

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