Heliosphere 2265 - Der komplette Fraktal-Zyklus. Andreas Suchanek
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Читать онлайн книгу Heliosphere 2265 - Der komplette Fraktal-Zyklus - Andreas Suchanek страница 32
»Und Sie sind … ?«, fragte Jayden.
»Darf ich vorstellen«, Sjöberg deutete auf den Wissenschaftler, »Doktor von Ardenne. Er ist der Leiter des Fraktal-Projekts.«
Jayden schüttelte die Hand des Mannes. »Freut mich, Doktor. Ich hoffe, Sie können diesem Ding einige seiner Geheimnisse entlocken. Vorzugsweise, ohne dass weitere Opfer für die Wissenschaft gebracht werden müssen.«
Sein Gegenüber runzelte ob der provokanten Formulierung Jaydens die Stirn, verzichtete jedoch auf einen Disput. »Wir tun alles Notwendige, um Schaden von der Solaren Union abzuhalten. Opfer wird es bei solch gefährlichen Experimenten, wie wir sie durchführen, immer geben. Doch ich versichere Ihnen, Captain Cross: Wir wissen, was wir tun.«
»Daran habe ich keinen Zweifel.« Jayden warf Admiral Sjöberg einen durchdringenden Blick zu. Was er von dem Doktor hielt, sprach er lieber nicht laut aus. »Immerhin spielen sie hier mit einer Macht, die wir nicht einmal im Ansatz begreifen.«
»Gibt es denn schon weitere Erkenntnisse, Doktor?« Der Admiral räusperte sich. »Ich denke, das wäre jetzt das Wichtigste.«
»In der Tat haben wir etwas entdeckt, das Grund zur Sorge gibt.« Von Ardenne ging zu dem Holotank in der Mitte des Raumes und projizierte ein Abbild des Würfels. »Es gibt an zwei Seiten des Fraktals so etwas wie Kontaktstellen. In diesen Bereichen konnten wir diverse Verschiebungen in zwei Strahlenspektren ausmachen. Zudem gibt es mikroskopisch kleine Bruchstellen; Haarrisse, wenn Sie so wollen.«
»Sie glauben, dort wurden Teile des Artefakts entfernt?«
»Es ist nur eine Hypothese«, versicherte von Ardenne schnell. »Aber eine wahrscheinliche. Wir müssen damit rechnen …«
»Doktor!« Einer der Laborassistenten stürzte heran. »Die Strahlungswerte steigen!«
»Was?!« Von Ardenne fuhr herum und hetzte zu einer der Konsolen. »Das ist unmöglich!«
»Was ist los?«, fragte Admiral Sjöberg. »Von Ardenne, geben Sie mir einen Statusbericht!«
Als der Wissenschaftler nicht reagierte, fluchte Jayden lautlos. Zivilisten in einer militärischen Forschungseinrichtung machten nur Ärger.
Nach einer gefühlten Ewigkeit ließ von Ardenne sich endlich zu einer Antwort bewegen. »Die elektromagnetische Strahlung des Fraktals steigt an. Es erwärmt sich und emittiert mittlerweile das Doppelte an ultravioletter Strahlung – Tendenz steigend. Und wenn ich das richtig deute … Unfassbar!«
»Von Ardenne!« Sjöberg stand scheinbar kurz davor, den Mann am Kragen zu packen und durchzuschütteln.
»Phasenstrahlung!« Der Wissenschaftler blickte von seiner Konsole auf. »Das Ding sendet Daten auf dem untersten Phasenband.«
Jayden riss überrascht die Augen auf. Mit Ausnahme der HYPERION verwendeten alle Schiffe der Solaren Union – und der bekannten außerirdischen Rassen – den Phasenraum zur überlichtschnellen Raumfahrt. Zudem gab es innerhalb der Union eine Phasenfunk-Relaiskette, über welche die Kommunikation stattfand.
»Was für Daten?« Die Stimme von Admiral Sjöberg klang beunruhigt.
»Eine ausgezeichnete Frage, auf die ich auch gerne eine Antwort hätte«, erwiderte von Ardenne. »Es sind kleine Datenpakete, aber ihr Inhalt ergibt keinen Sinn. Vermutlich sind sie verschlüsselt.«
Ein Flackern ließ Jayden herumfahren. Innerhalb der Artefaktkammer flammten blaue Überschlagblitze auf. Energien, ausgestoßen vom Fraktal, traten in Wechselwirkung mit den umgebenden Schilden. Erste Risse entstanden.
»Wir müssen evakuieren!« Doktor von Ardenne kreischte beinahe. Zweifellos war er nicht dazu bereit, sein eigenes Leben für die Wissenschaft zu opfern.
Jayden schüttelte den Kopf. Zu spät.
Das Fraktal leuchtete grell auf. Eine Welle aus schwarzem Licht floss in den Raum, umfing Jaydens Geist mit der Kraft einer Stahlklaue und löschte die Wirklichkeit aus.
*
Raumdock Mars III, Interlink-Kreuzer HYPERION, Persönliches Quartier von Commander Noriko Ishida, 26. Dezember 2265, 07:30 Uhr
Entspannt stand Noriko in der Mitte ihres Quartiers. Sie hatte die Beleuchtung deaktiviert. Die einzige Lichtquelle war der Schimmer der Navigationsbeleuchtung von Raumwerft III, der von außen hereinsickerte. Die HYPERION war noch immer angedockt. Vermutlich würde Captain Cross während seines Treffens mit Admiral Sjöberg neue Befehle erhalten.
Während sie ihren Geist treiben ließ, führte ihr Körper die jahrelang eingeübten Bewegungen des Tai Chi Chuan durch. Die alte chinesische Kampfkunst war ein Hobby, das beides – Geist und Körper – stärkte.
Noriko hielt in ihren Bewegungen inne und atmete frustriert aus. Ihr Geist glich einem sturmgepeitschten Ozean. Sie konnte nicht loslassen, nicht entspannen.
Immer wieder wanderten ihre Gedanken zu Admiral Michalew. Sie hatte Captain Cross von den damaligen Ereignissen erzählt. Der geheimen Verbindung zwischen dem Admiral und den von ihm protegierten Offizieren, die Noriko vor Jahren aufgedeckt hatte. Michalew war der folgenden Untersuchung unbeschadet entgangen und machte ihr seitdem das Leben zur Hölle. Kurz nach den damaligen Ereignissen versetzte er sie auf die INCEPTION, wo seine Anhänger alles taten, um ihr den Dienst zu erschweren. Am Ende traf der Captain in einem Gefecht die falsche Entscheidung, was den Tod vieler Offiziere nach sich zog. Doch seine Crew deckte ihn, und so schob man das Debakel Noriko in die Schuhe.
Admiral Sjöberg war als Einziger auf ihrer Seite gewesen; ihm verdankte sie den Posten auf der HYPERION. Doch Noriko gab sich keinen Illusionen hin. Michalews Macht reichte weit. Er würde sich auch jetzt wieder etwas einfallen lassen, um ihr zuzusetzen. Die Gerüchte um den Verlust der INCEPTION und ihre vermeintliche Beteiligung daran machten längst die Runde an Bord. Sie konnte nichts dagegen tun.
Immerhin wusste Cross Bescheid, für ihn würde es also kein böses Erwachen geben. In naher Zukunft musste auch er sich dem Admiral stellen, denn wer zwischen Michalew und Noriko stand, wurde unweigerlich selbst zur Zielscheibe.
Sie versuchte erneut, ihren Geist zu entspannen – es misslang. Aufseufzend schüttelte sie den Kopf und gab auf. Ihr Dienst begann erst in einer Stunde, was konnte sie bis dahin tun, um sich abzulenken? Sie beschloss, schon jetzt die Kommandobrücke aufzusuchen. Anstatt weiter über Vergangenes nachzudenken, konnte sie sich auch den Berichten und Anfragen widmen, die ihren persönlichen Speicher zweifellos überschwemmten.
»Alpha 365 an Commander Ishida«, erklang die emotionslose Stimme des Sicherheitschefs aus dem Interkom.
»Ishida hier.«
»Commander, vor einer halben Stunde kam es zu einer tätlichen Auseinandersetzung an Bord. Ich habe die Verantwortlichen ins Sicherheitsbüro gebracht.«
»Ich bin unterwegs.«
Eine tätliche Auseinandersetzung? Eine schöne Umschreibung für eine Schlägerei.