Heliosphere 2265 - Der komplette Fraktal-Zyklus. Andreas Suchanek
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Sie gähnte. Die Wirkung des Koffein-Zusatzes im ViKo ließ heute besonders lange auf sich warten. Sie warf einen Blick auf Captain Cross, der auch nicht gerade fit wirkte. Sie musste unweigerlich grinsen und wandte ihr Gesicht schnell wieder der Konsole zu.
Genau in diesem Moment flammte ein graues Icon auf. Eine unbekannte Signatur, stellte sie fest. Bevor sie Feinjustierungen vornehmen konnte, um herauszufinden, um wen oder was es sich handelte, verschwand die Signatur aus der Ortung.
Hier draußen konnte ein solcher Ortungsimpuls alles bedeuten. Vermutlich hatten die Sensoren einen Asteroiden falsch interpretiert und das Icon nach einer Reklassifizierung deaktiviert.
»Sir, ich habe Meldung vom Maschinenraum. Der Auftank-Vorgang ist beendet«, meldete Lieutenant McCall. »Wir können den Interlink-Flug fortsetzen.«
»Lieutenant Task, bringen Sie uns zur NOVA-Station«, befahl Captain Cross.
Tess beschloss, sich in aller Stille die Protokoll-Logs anzusehen. Wenn die internen Algorithmen eine fehlerhafte Einschätzung vorgenommen hatten, konnte sie die Informationen aus den Logs ablesen. Sie würde diese Sache in ihrem Schichtbericht erwähnen.
Wenige Minuten später baute sich die Interlink-Blase auf, und die HYPERION flog mit 6200-facher Lichtgeschwindigkeit Richtung NOVA-Station.
III
Sol-System, Kuipergürtel, Forschungsstation CAVE, 20. Januar 2266, 08:30 Uhr
Admiral Juri Michalew versah den letzten Bericht des heutigen Tages mit seiner Signatur, dann berührte er das »Senden“-Icon. Damit war der Papierkram erledigt. Zeit für einen Drink. Während er seinen Kopf vorsichtig bewegte – selten war er so verspannt gewesen –, ging er zu der kleinen Anrichte, auf der gläserne Flaschen verschiedenster Formen standen. Er griff nach jener mit der goldgelben Flüssigkeit, kippte sie in ein bereitstehendes Glas und ging zurück zum Schreibtisch. Müde fläzte er sich in seinen Konturensessel und aktivierte die Massage-Funktion, bevor er vorsichtig an dem achtzig Jahre alten weganischen Whiskey nippte. Das torfige Aroma breitete sich in seinem Mund aus und floss feurig seinen Hals hinab.
Als ein abgehackter Signalton erklang, überlegte er ernsthaft, einfach nicht zu reagieren. Er war müde und angespannt, konnte sich kaum noch auf die Arbeit konzentrieren. Wenn sein unfähiger Adjutant schon wieder mit schlechten Nachrichten kam, würde er ihn aus der nächsten Luftschleuse schleudern. Vielleicht machte er das so oder so.
Er warf einen Blick auf den Monitor und fuhr elektrisiert in die Höhe. Ein paar Tropfen Whiskey spritzten auf seine Uniformhose. Noch während der selbstreinigende Stoff sich um das Problem kümmerte, sagte Juri: »Herein!«
Die Türhälften fuhren mit einem Zischen in die Wand und gaben den Blick auf Florian von Ardenne frei. Der Wissenschaftler war vor einigen Tagen dem Parlidenprojekt zugeteilt worden, damit dort endlich Fortschritte erzielt wurden.
»Treten Sie ein, Doktor«, sagte Juri und winkte dem gedrungenen Mann mit dem beachtlichen Bauchumfang ungeduldig zu. »Setzen Sie sich.«
»Danke, Sir.«
Wie gefordert nahm von Ardenne Platz und legte seine Hände entspannt ineinander verschränkt auf seinen Bauch. Sein schlohweißer Haarschopf stand wie üblich zerzaust in alle Richtungen ab, was ihm das Aussehen eines verwirrten Genies verlieh.
»Ich hoffe, Sie bringen gute Nachrichten«, sagte Juri. Instinktiv schob er das Whiskeyglas zur Seite. In der Flotte wurde es nicht gerne gesehen, wenn jemand echten Alkohol trank. Nicht umsonst wurde auf Schiffen meist nur dieses widerliche Vitamin-Koffein-Zeug ausgeschenkt. Er wusste, dass Florian von Ardenne kein Kostverächter war und selbst ab und an während der Arbeit etwas Härteres kippte. Solange der Wissenschaftler Ergebnisse lieferte, wurde darüber hinweggesehen. »Auch einen?« Er deutete auf das Glas.
Der Wissenschaftler zögerte kurz, schüttelte aber den Kopf. »Danke, Sir. Auch wenn ich ihn jetzt nötig hätte. Ich fürchte, ich bringe schlechte Neuigkeiten.« Er rieb sich erschöpft die Augen. »Wir haben auf der Grundlage von Doktor Petrovas Analysen weitere Scans angefertigt und einen Weg gesucht, die Verbindung zu trennen.«
»Es ist misslungen«, sagte Michalew mit schwacher Stimme.
»Ich fürchte, so ist es. Es steht außer Frage, dass wir das Problem grundsätzlich lösen können, doch dafür benötigen wir mehr Zeit.«
»Die haben wir nicht, Doktor.« Beinahe hätte Juri sein Glas gegen die Wand geworfen. In letzter Sekunde beherrschte er sich und stürzte stattdessen den Rest der bernsteinfarbenen Flüssigkeit in einem Zug hinunter. »Sie sind Geheimnisträger, Sie haben Zugriff auf alle Berichte und Dokumente, die der Admiralität zugehen. Lesen Sie zwischen den Zeilen, Doktor.«
»Sie meinen, es wird einen Krieg geben?«
Michalew lachte bellend. »Nein! Das ist ja das Problem. Das wird es nicht. Diese Sesselfurzer in der Regierung werden debattieren, Sanktionen beschließen und Reden halten, doch niemals feuern die den ersten Schuss ab. Nicht unter Präsidentin Ione Kartess. Die Frau weiß, wie das Spiel funktioniert. Glauben Sie ernsthaft, dieses Weib riskiert ihre Wählerstimmen?«
»Sollten wir ihr dann nicht dankbar sein?«
Michalew mochte von Ardenne. Der Mann neigte zwar zur Selbstüberschätzung und Arroganz, doch er ließ sich nicht einschüchtern, sagte offen seine Meinung. »Das dachte ich bisher auch. Doch nun sitzen Sie vor mir und erklären, dass wir noch Monate benötigen, bis ein geeignetes Mittel hergestellt ist. Diese Zeit haben wir nicht.«
»Warum nicht?«
Kommentarlos aktivierte Juri den im Schreibtisch integrierten Holo-Projektor. Innerhalb von Sekunden manifestierten sich Lichtpunkte, zerflossen und erschufen eine Szene. »Das sind die Aufnahmen eines Kampfes zwischen dem Interlink-Kreuzer HYPERION und einem Parlidenschiff im Elnath-System. Die Aufzeichnung stammt von einer der Außenkameras.« Juri stoppte die Aufzeichnungen, als der feindliche Raumer im Feuer der Torpedos explodierte. »Deshalb können wir nicht länger warten. Was denken Sie, geschieht, wenn die Wahrheit publik wird?«
»Dann wird die Präsidentin eine Flotte …«
»… aus Diplomaten losschicken – und das zu Recht. Sobald die Presse sich einschaltet, hat sie keine andere Wahl mehr. Solange diese Informationen aber geheim bleiben, gibt es eine zweite Option: eine Streitmacht, die gegen die Parliden losschlägt.«
»Ich glaube nicht, dass sie das tun wird.«
»Nein, vermutlich nicht.« Juri erhob sich. »Aber ich denke, der Zeitpunkt ist gekommen, unseren trägen Politikern einen Schubs zu geben.«
»Was ist mit Sjöberg? Sollte er nicht erfahren … Nun ja … Sie wissen, was ich meine«, sagte von Ardenne.
Dies war einer der wenigen Momente, in denen Juri Mitleid mit seinem Feind hatte. Seitdem er Admiral Björn Sjöberg kannte, standen sie sich als Kontrahenten gegenüber. Ob im Rat der Admiralität oder – durch allerlei