Lieblingsplätze Oberfranken. Friederike Schmöe
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Zuvor war Coburg ein ernestinisches Herzogtum gewesen. Das kleine Fürstenhaus mischte sich im 19. Jahrhundert durch seine clevere Heiratspolitik unter die großen Monarchien Europas: Königin Victoria von England etwa heiratete den Coburger Prinzen Albert. Dieser studierte britisches Staatsrecht und wurde zum Berater seiner Frau. Offiziell zum Prinzgemahl ernannt, ist der Coburger Albert der Erfinder der Weltausstellung. Auf ihn gehen Pläne für erste Arbeiterwohnungen in England zurück. Weitere verwandtschaftliche Bande bestehen mit Belgien, Portugal, Rumänien, Bulgarien und Schweden.
Zum Ende des Ersten Weltkriegs dankte Herzog Carl Eduard ab. Doch das Herzogliche sieht man der Stadt auf Schritt und Tritt an. Ab und zu kommen königliche Gäste aus anderen Teilen Europas. Dann gehört ein Spaziergang über den Marktplatz und ein Bratwurstsnack zum Besuchsprogramm.
Überhaupt – die Coburger Bratwurst! Die hellblauen Rauchschwaden über den Buden weisen den Hungrigen den Weg. Diese Bratwurst ist anders als die anderen: Sie ist gröber, länger, im Teig sind rohe Eier (Sondergenehmigung!), und gebraten wird sie auf einem Rost über offenem Feuer aus Kiefernzapfen. Diese Zubereitung verleiht den 31 Zentimeter langen Würsten ihren typischen Geschmack. Außerdem wird die Semmel nicht in horizontaler, sondern in vertikaler Richtung aufgeschnitten.
Augenblick: 31 Zentimeter?
Wenn Sie gerade in Ihre Bratwurst beißen – werfen Sie einen Blick auf den Giebel des Rathauses. Dort oben balanciert der Coburger Stadtheilige, St. Moriz, besser bekannt als »Bratwurstmännla«. Der Marschallstab in seiner Hand gibt das rechte Bratwurstmaß vor. Über Jahrzehnte hinweg konnte seine Länge nicht exakt festgestellt werden. Man schätzte sie auf 35 bis 40 Zentimeter. Als 1982 die Coburger Feuerwehr eine neue Drehleiter vorführte, wurde nachgemessen: 31 Zentimeter!
Eine andere sehr beliebte Spezialität der Stadt sind die in alle Welt exportierten Coburger Schmätzchen. Sie sind klein, rund und schmecken nach Honig und ein klein bisschen nach Weihnachten. Die Hofbäckerei Feyler in der Rosengasse bäckt die Lebkuchentaler nach Originalrezept. Die Goldschmätzchen erhalten nach dem Backen einen Guss aus Schokolade und werden gekrönt mit einem Tupfer echten Blattgoldes.
Coburg war seit der Reformation über viele Jahrhunderte hinweg eine so gut wie ausschließlich protestantische Stadt. Hier nahm Martin Luther 1530, unter Reichsacht stehend, Zuflucht. Er blieb fünf Monate auf der Veste Coburg. Einige Szenen in Eric Tills Film Luther mit Joseph Fiennes in der Hauptrolle wurden auch dort gedreht. Einen fiktiven Mordfall, der sich während Luthers Aufenthalt auf der Veste Coburg zutrug, schildert Dohlenhatz, Gmeiner, Meßkirch 2017.
Einen wunderbaren literarischen Einblick in die späten herzöglichen Jahre Coburgs gibt Uwe Timms 2002 erschienener Roman Der Mann auf dem Hochrad. In dieser so ironisch wie feinfühlig erzählten Geschichte um Franz Schröter, der Hochrad fahren lernt und die kleine Stadt mit dieser Pioniertat völlig durcheinanderbringt, spiegeln sich der Fortschrittsglaube der damaligen Zeit, aber auch die provinzielle Kleinkariertheit des späten 19. Jahrhunderts.
Ahorn: Alte Schäferei
Zunächst weist nur ein unscheinbares Schild an der B 303 von Coburg nach Schweinfurt auf das Gerätemuseum hin. Wer es nicht unbedingt gezielt anfährt, ist auch schon vorbeigerauscht. Die Fachwerk-Scheunen verschwimmen beinahe mit dem tiefgrünen Wald im Hintergrund, und wenn das Gras hoch steht, sieht man allenfalls die Dachziegel. Wer jedoch abbiegt, der hat einen unglaublich erholsamen Lieblingsplatz entdeckt.
Die weitläufige Anlage, ab 1713 errichtet, beeindruckt einfach. Macht es die Nähe zu Wald und Wiese, dass das Museum so gar nicht wie ein Museum wirkt, so untouristisch und authentisch, zum Atemschöpfen eben? Der Alten Schäferei ist nichts Überkandideltes eigen. Hier gibt es viel Holz, viel Stein und viel Grün.
Das Ensemble am Fuß des Hühnerberges war die ehemalige Gutsschäferei des Ahorner Schlosses. Im seinerzeitigen Herzogtum Coburg gab es mehr als zwei Dutzend solcher Schäfereien. Ein weißes Plastikschaf streckt zur Begrüßung neugierig die Schnauze aus dem Museum. Die Gerätesammlung ist außerordentlich umfangreich, man veranstaltet Sonderausstellungen und Aktionen, die Volkskunde erlebbar machen wollen. Die Spinngruppe etwa tradiert alte Arbeitstechniken des Spinnens und Webens.
Ruhig und verträumt lässt sich ein Spaziergang durch das Ensemble an. Schafstall, Doppelscheune, Schäferwohnhaus, Brunnenhaus und Backofen – hier präsentiert sich als selbstverständlich, was dem Besucher aus dem 21. Jahrhundert fast schon altertümlich vorkommt, aber viel von ausgefeilter Handarbeit und verlässlicher Erzeugung heimischer Produkte erzählt.
Schlendern Sie am kleinen Kräutergarten vorbei in den Biergarten der Schäferstuben. Wie wäre es mit einem kalten Radler und Brot mit weißem Käse (Quark, angemacht mit Schnittlauch, serviert mit ein wenig Gurke, Zwiebel und Tomate)? Oder lacht das Schmalzbrot Sie an? Bei schlechtem Wetter sind Sie in der urigen Wirtsstube gut aufgehoben; am besten gleich neben dem Kachelofen.
Das Ahorner Schloss liegt in Sichtweite! Ein Spaziergang bietet sich an; vielleicht haben Sie Glück und können einen Blick in die Schlosskirche werfen.
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Alte Schäferei – Gerätemuseum des Coburger Landes
Alte Schäferei 2
96482 Ahorn
09561 1304
Schäferstuben
Alte Schäferei 2
96482 Ahorn
09561 28939
www.gasthaus-schaefer-stuben.de
Bad Rodach: »ThermeNatur«
Dass sie auf einer heißen Quelle sitzen, ahnten die Rodacher bereits, bevor 1972 die Bohrung nach der Heilquelle begann. War im Winter der ganze Ort mit seinen umgebenden Hügeln tief verschneit, blieb die weiße Pracht auf dem Schleichersberg einfach nicht liegen. Der Verdacht lag nahe, dass auch Rodach wie das nahe Bad Colberg auf einem heißen Wassertopf sitzt. Auf dem Grundstück der früheren Waldarbeiterin Ida Schleicher, die der Stadt Rodach zwei Hektar Land überließ und im Gegenzug eine Leibrente sowie ein Wohnhaus im Ort erhielt, befindet sich heute die ThermeNatur. Seit 1988 sind sogar zwei Thermalquellen erschlossen, eine aus 652 Metern, die andere aus mehr als 1.000 Metern Tiefe. Das warme Wasser hilft bei Gelenkerkrankungen und Abnutzungserscheinungen der Wirbelsäule, lindert Beschwerden bei Weichteilrheumatismus und Hauterkrankungen und ist auch angezeigt nach Operationen am Bewegungsapparat.
Aktivität im warmen Wasser ist natürlich nicht nur Kranken vorbehalten, sondern entspannt alle Gäste, die dem Druck des Alltags für ein paar Stunden entkommen wollen. Spaß macht das Schwimmen in den Bewegungsbecken,