Die Gentlemen-Gangster. Manfred Bomm

Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу Die Gentlemen-Gangster - Manfred Bomm страница 22

Автор:
Жанр:
Серия:
Издательство:
Die Gentlemen-Gangster - Manfred Bomm

Скачать книгу

bin’s«, hörte er eine vertraute Frauenstimme hauchen. »Du bist noch im Geschäft?«

      »Wie du merkst«, gab er selbstbewusst zurück. Vor seinem geistigen Auge formte sich das Bild von Kirsten, dieser hochgewachsenen Tänzerin im Luna, die er vor einigen Monaten dort kennengelernt hatte: schulterlange blonde Haare, eine Figur wie ein Titelblattmodel. Sie sah nicht nur im Glitzerlicht des Nachtklubs gut aus, wo sie sich dreimal die Woche aufreizend auszog, sondern auch wenn sie meist im knappen Kleidchen bei ihm auftauchte. Inzwischen wusste er, dass sie auf ihn stand – auf ihn, den erfolgreichen, attraktiven Geschäftsmann, der internationale Kontakte pflegte. Neulich hatte sie sich sogar splitternackt vor einem amerikanischen Straßenkreuzer fotografieren lassen. Sie tat alles, was Blaubart von ihr forderte. Wirklich alles. Fast schien es ihm so, als brauche sie jemanden, der ihr zeigte, wo es langging.

      »Hast du heute frei?«, fragte er, weil sie nichts erwidert hatte. Sein Blick fiel auf das gerahmte Foto, das vor ihm auf dem Schreibtisch stand und das diese junge Frau in aufreizender, splitternackter Pose am Kotflügel eines roten Cadillac-Oldtimers zeigte.

      »Nein, ich bin erst kurz vor 23 Uhr dran«, sagte sie leise, und es hörte sich so an, als sei sie in Eile. »Ich wollte dir nur sagen, dass er da war.«

      »Er?«, schluckte Blaubart und setzte sich wieder, während er sich im Spiegelbild der nachtschwarzen Scheibe betrachtete. »Bei dir?«

      »Ja, und er hat gesagt, ich soll dir ausrichten, dass er endlich die Knete sehen will.«

      Blaubart schloss für einen Moment die Augen. »Ich hab dem Idioten doch schon 1000-mal gesagt, dass ich keinen Pfennig rausrücke. Sag ihm das.«

      »Diddi, ich glaube nicht, dass er sich so leicht abwimmeln lässt. Das hat sich nicht so angehört.«

      »So?« Blaubarts Hand verkrampfte sich am Hörer. »Wieso? Was hat er gesagt?«

      »Dass er mit dir reden möchte und du dich auf etwas gefasst machen könntest.«

      »Da soll er nur mal aufpassen, dass ich ihn nicht in den Knast bringe.«

      Blaubart wünschte sich für einen Moment, nie etwas mit diesem dubiosen Amerikaner zu tun gehabt zu haben.

      34

      Georg Sander hatte für den ersten Jahrestag des Bankraubs einen großen Artikel vorbereitet. Allerdings musste sich der Lokaljournalist eingestehen, dass es nichts Neues dazu zu berichten gab, außer, dass die geschrumpfte Sonderkommission noch immer im Dunkeln tappte. Entsprechend wenig erbaut war Leiter Hartmut Zeller über den bohrenden Anruf der Göppinger Tageszeitung.

      Doch noch vor dem Erscheinungstag der Reportage erschütterte ein neuerliches Verbrechen die Stadt: In der Wohnung des Hausmeisters eines öffentlichen Gebäudes waren fünf Leichen entdeckt worden. Sander war wie vom Blitz getroffen, als er die kurze Polizeimeldung las. Fünf Tote. Aber wohl kein Verbrechen, das größere Ermittlungen auslösen würde: Der 46-jährige Familienvater hatte seine vier Kinder (13, 16, 17 und 24 Jahre alt) erschossen und seine Ehefrau schwer verletzt, ehe er sich selbst tötete. Ein ungeheuerliches Familiendrama.

      Sander brauchte ein paar Sekunden, um den Inhalt der dürren Pressemitteilung zu verdauen. Wenig später erfuhr er jedoch etwas, das ihm den Blutdruck in die Höhe jagte, weil es ihn fatal an den Bankraub von vor einem Jahr erinnerte. Denn der Hausmeister war ein sogenannter Polizeifreiwilliger. Einer, der in seiner Freizeit die aktiven Polizeibeamten unterstützte. In Uniform – und mit Waffe.

      35

      »Ich fasse es nicht«, kommentierte Soko-Leiter Hartmut Zeller, als ihn in seinem Stuttgarter Büro die Nachricht von dem Familiendrama erreichte. Er rief das halbe Dutzend Beamte seines Teams zusammen. Besonders interessiert zeigte sich sein Stellvertreter August Häberle, der hellhörig wurde, wenn Meldungen dieser Art aus seiner Heimatstadt kamen. »Ein Polizeifreiwilliger«, wiederholte er erstaunt und entsetzt gleichermaßen.

      »Und die Waffe, die er benutzt hat, war die, die er als Hilfspolizist tragen durfte, aber nicht hätte mit nach Hause nehmen dürfen«, ergänzte Zeller.

      »Was glaubt ihr, wie jetzt in Göppingen die Gerüchte ins Kraut schießen«, brummte Häberle.

      »Na klar«, meinte ein älterer Beamter, der aussprach, was die anderen dachten, »das muss natürlich etwas mit dem falschen Polizisten zu tun haben, der bei unserem Banker aufgetaucht ist.«

      »Suizid, weil er mit dem schlechten Gewissen nicht mehr leben konnte«, resümierte ein anderer. »Dazu noch stilgerecht fast am Jahrestag.«

      Häberle hob beschwichtigend die Hände: »Kollegen, das kann alles ein tragischer Zufall sein. Warum sollte einer seine ganze Familie auslöschen, wenn er ein paar 100.000 Mark beiseiteschaffen konnte?«

      Einer aus der Runde mutmaßte: »Vielleicht hat seine Frau Wind davon bekommen und wollte ihn verpfeifen.«

      Zeller ging nicht darauf ein. »Die Kollegen in Göppingen werden das abklären und uns berichten. Ich kann euch aber schon mal so viel sagen: Der Name des Mannes ist bisher in unseren Ermittlungsakten nicht aufgetaucht. Keinerlei Verbindung in Richtung Seifritz.«

      »Hat er denn Schulden, dieser Mann?«, meldete sich ein anderer.

      »Auch dazu werden wir bald aus Göppingen Nachricht bekommen.« Er wandte sich an Häberle: »Oder willst du selbst eingreifen?«

      »Nein, nein«, wiegelte der junge Ermittler ab. »Lass das mal die Truppe in Göppingen machen. Sonst sind sie womöglich beleidigt, wenn wir schon wieder auftauchen.«

      36

      Sander fühlte sich von allen Seiten gestresst: unzählige Anrufe von Kollegen aus der halben Republik. Die Boulevardpresse lechzte nach Fotos von dem Haus, in dem sich das Familiendrama abgespielt hatte. Einige ganz forsche Journalisten fragten, ob es denn Bilder von den erschossenen Kindern gebe. Als ob diese irgendwann schon einmal auf einem Gruppenfoto veröffentlicht worden wären. Auch Grüninger schüttelte über derlei Ansinnen den Kopf. Er hatte in der Nachkriegszeit die Zeitung in Göppingen mit aufgebaut und war nie mit der großen Welt der Boulevardpresse direkt konfrontiert worden. In dieser waren die Sitten rau und der Kampf um die beste Story täglich im Gange. Oftmals wurden vergleichsweise hohe Honorare für ein Foto gezahlt, wenn es Täter, Opfer oder sonst eine interessante Person zeigte. Allerdings scheiterten derlei Geschäfte dann meist an den begrenzten schnellen Übermittlungsmöglichkeiten. Ein Foto zu faxen, war natürlich angesichts der schlechten Qualität sinnlos. Und andere Techniken zur Bildübertragung standen der Lokalredaktion nicht zur Verfügung. Abhilfe konnte da allenfalls ein Express-Päckchen per Eisenbahn schaffen: die entwickelten Bilder in einen kleinen Karton gepackt und am Bahnhof aufgegeben. Sofern der Zielort am gleichen Tag erreicht wurde, konnte der Empfänger dort das Päckchen persönlich abholen – und das Foto war noch rechtzeitig genug in der Redaktion, um am nächsten Tag in der Zeitung zu erscheinen.

      Der Lokalteil des Heimatblattes erinnerte an diesen Märztagen 1983 ein bisschen an die Boulevardblätter: Kriminelles in jeder Ausgabe. Der Rückblick auf den Banküberfall, das Familiendrama – und an den Folgetagen jeweils Ergänzungsartikel.

      Grüninger, der bei seinen frühmorgendlichen Fahrten im überfüllten Linienbus das Ohr buchstäblich am Pulsschlag der Bevölkerung hatte, wurde von Tag zu Tag nervöser. »Glauben Sie denn auch, dass die Sache mit dem Hausmeister mit Seifritz zu tun hat?«, fragte er, nachdem auch Sander bereits

Скачать книгу