Der Mensch ist böse. Julian Hannes

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Der Mensch ist böse - Julian Hannes

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dunklen Park, nicht in einer nächtlichen Großstadtgasse und nicht in einem düsteren Wald. Geht man nach den Statistiken, ist der Mörder auch kein geheimnisvoller Unbekannter, kein Phantom oder Serienkiller. Es ist der eigene Partner, der Nachbar oder der beste Freund. Jemand, den wir kennen. Denn Menschen, denen wir vertrauen, von denen wir ganz fest denken, dass sie uns niemals ein Leid zufügen, sind die, die genau das am ehesten tun würden. Der Tatort ist das Schlafzimmer, die Küche oder der Garten – Orte also, an denen wir uns eigentlich sicher und beschützt fühlen.

      Jeder noch so gute Mensch hat eine böse Seite an sich und manche Experten behaupten sogar, dass unter den entsprechenden Umständen jeder zum Mörder werden könnte. In diesem Buch beschreibe ich 13 spektakuläre echte Kriminalfälle, von denen einige niemals aufgeklärt wurden. Ein paar davon zeigen die schlimmsten menschlichen Abgründe auf und in nicht wenigen findet sich der Täter im nächsten Umfeld des Opfers. Eine Mutter entführt ihr eigenes Kind. Ein charmanter Arzt baut ein Hotel voller Geheimgänge, in dem er grausam mordet. Ein Mädchen engagiert Auftragskiller für ihre eigenen Eltern …

      Bei drei der ominösen Fälle hat mir der erfahrene Kriminal- und Geheimdienstanalyst Mark T. Hofmann seine Sicht der Dinge geschildert. Von ihm stammt auch das erste Kapitel, in dem er über die Arbeit als Profiler schreibt und darüber, was einen Psychopathen von anderen Verbrechern unterscheidet.

      Bist du bereit, in die Schattenseiten unserer Welt einzutauchen? Dann wünsche ich dir viel Spaß beim Lesen! Nur noch ein kleiner Tipp: Lies es nicht unbedingt nachts alleine zu Hause.

      IST DER MENSCH WIRKLICH BÖSE?

      »Wenn du lange in einen Abgrund blickst, blickt der Abgrund auch in dich hinein.«

      Friedrich Nietzsche

      Die Aufgabe eines guten Profilers ist es, das Verbrechen mit den Augen des Täters zu sehen: Zu spüren, was der Täter spürt. Zu sehen, was der Täter sieht. Zu denken, was der Täter denkt. Es erfordert wahre Empathie, sich in Menschen und Taten zu versetzen, für die man eigentlich nur Verachtung empfindet. Das Böse hat etwas Abschreckendes und Faszinierendes zugleich.

      Ich hatte die Gelegenheit, zahlreiche Interviews mit solchen Menschen zu führen, die die meisten nur aus Krimis kennen – vom Serienmörder bis zum funktionellen Psychopathen in der Wirtschaft. Dennoch kennen weder Profiler noch Analysten oder Kriminologen die genaue Formel für das, was einen Menschen zum Mörder macht. Sonst wüsste man wahrscheinlich auch, wie man Morde verhindert. Zumindest aber können wir aufgrund der aktuellen Forschung und aus zahlreichen Befragungen sagen, was Mord wahrscheinlich macht.

      Wir haben oft nur eine Erklärung für Mörder: Die sind einfach böse! Aber ist das wirklich so? Wird jede böse Tat von einem bösen Menschen verübt? Oder können auch gute Menschen Böses tun? Wie wird ein Mensch zum Mörder? Kann jeder dazu werden? Oder noch präziser: Könnten Sie zum Mörder werden? Um diese Fragen zu beantworten, müssen wir einen kurzen Blick in den Kopf der Täter werfen – und in Ihren.

      Psychopathen

      Auch wenn das, was böse ist, immer im Auge des Betrachters liegt, gibt es doch Menschen, die dem, was die meisten als böse bezeichnen, am nächsten kommen: Psychopathen. Ihre Wesensmerkmale: ein flaches Gefühlsleben, keine echte Empathie und manipulatives Verhalten.

      Ob ein Mensch psychopathisch ist, wird wissenschaftlich meist auf einer Skala von 0 bis 40 gemessen – wobei man ab etwa 30 Punkten von Psychopathie spricht. Psychopathie ist also keine Schwarz-Weiß-Kategorie, sondern eine fortlaufende Skala – und wir alle befinden uns auf dieser Skala irgendwo zwischen 0 und 40 Punkten.

      Vielleicht fragen Sie sich jetzt, wie ein Psychopath Geschäftsführer werden kann? Sind Psychopathen ohne Gewissen und Empathie nicht zwangsläufig kriminell? Nun, das grundlegende Profil bei Psychopathen ist immer ähnlich: flaches Gefühlsleben, Empathielosigkeit, kein Gewissen. So gut wie immer haben diese Menschen Freude daran, Macht auszuleben und sich das zu nehmen, was sie wollen. Allerdings ist der Modus Operandi, also die Art, wie das Motiv befriedigt wird, unterschiedlich. Ein Versager, der weder in der Schule noch im Beruf oder bei Frauen jemals erfolgreich war, braucht ein Messer in der Hand, um ein einziges Mal in seinem Leben ein Machtgefühl über einen Menschen auszuleben. Wer dagegen in Harvard studiert hat, findet im Leben andere Wege, sein Machtgefühl über Menschen ohne physische Gewalt auszuleben.

      Ich selbst begegnete Serienmördern das erste Mal in einem Gefängnis in Palm Beach, einer kleinen Stadt in Florida, wo auch Donald Trump gerne Urlaub macht. Die meisten von ihnen sind keine cleveren Masterminds. Wir sollten diese Killer also nicht geheimnisvoller oder interessanter machen, als sie sind. Oder um es deutlicher zu sagen: Nur die Versager morden, die Cleveren gehen eher in die Wirtschaft.

      Psychopathen sind blind für Gefühle

      Will man verstehen, warum ein Mensch mordet und was Mörder unterscheidet, ist Psychopathie ohne Zweifel ein wesentlicher Faktor in der Mordformel. Betrachtet man die typischen Mordmotive, wie verletzter Selbstwert, Habgier und Rache, sind diese gar nicht so unmenschlich. Wir alle hätten doch gerne einen Groschen mehr in der Tasche oder waren schon einmal wütend auf den Ex-Partner, die Ex-Partnerin. Die Motive hätten wir also, wir morden aber deswegen nicht.

      Anstatt danach zu suchen, was Mörder haben, das uns fehlt, muss man die Frage daher eher umdrehen: Was haben wir, das vielen Mördern (und insbesondere den Psychopathen) fehlt? Wir haben Empathie, ein Gewissen und ein funktionierendes Gefühlsleben. Wir übernehmen Verantwortung, können unsere Impulse kontrollieren und sind clever genug, die Konsequenzen unseres Handelns (wie zum Beispiel 15 Jahre Gefängnis) vorher abzusehen. Kriminelle Psychopathen dagegen übernehmen keine Verantwortung

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