Der Bergpfarrer Paket 4 – Heimatroman. Toni Waidacher

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Der Bergpfarrer Paket 4 – Heimatroman - Toni Waidacher Der Bergpfarrer Paket

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ist es das wirklich«, sagte Sebastian. »Aber vermutlich hat der Sohn es dem Vater versprochen, und so, wie ich ihn einschätze, wird ihn nichts und niemand davon abbringen können.«

      »Und was willst du jetzt tun?«

      »Sie werden net den ganzen Tag unterwegs sein. Irgendwann kommt Franz Gruber in die Pension zurück. Ich hab’ Andreas gebeten, mich dann anzurufen. Wenn’s soweit ist, werd’ ich hinübergehen, und dann kann er mir net mehr ausweichen.«

      Die Unterhaltung fand nach dem Mittagessen im Pfarrhaus statt. Max kam dazu immer noch vom Revier herüber. Claudia, seine Frau, arbeitete bei der Zeitung in GarmischPartenkirchen, und es lohnte für sie nicht, nach Hause zu fahren, weil ihre Mittagspause dafür einfach zu kurz war.

      Der Polizeibeamte verabschiedete sich von seinem Bruder und versprach noch mal, sich nach einem Georg Hinzmann umzuhören. Er wollte gleich die Pensionen aufsuchen und nachfragen.

      Pfarrer Trenker ging in sein Arbeitszimmer. Hier wartete immer noch die unerledigte Post vom Morgen. Als er sich setzte, fiel sein Blick auf das Gemälde an der gegenüberliegenden Wand. Es zeigte den Zwillingsgipfel, ›Himmelsspitz‹ und ›Wintermaid‹, in Öl gemalt.

      Sebastian seufzte. Gerne wäre er mal wieder aufgestiegen und hätte den alten Franz Thurecker auf der Kandereralm besucht oder auf der Streusachhütte vorbeigeschaut. Aber die Ereignisse im Dorf gestatteten ihm dieses Vergnügen nicht. Erst einmal mußte die Angelegenheit um Franz Gruber und Hubert Hirschler aufgeklärt werden, ehe der Bergpfarrer sich wieder auf seine geliebte Bergtour machen konnte.

      Seufzend nahm er sich den Briefstapel vor und versuchte, den Gedanken an die Berge und einen Aufstieg zu verdrängen.

      *

      »Was ist denn mit Großvater los?« fragte Franziska Hirschler ihre Eltern.

      Dabei deutete sie auf den halbvollen Teller, der auf dem Platz des Altbauern stand.

      »Er hat ja kaum etwas gegessen«, setzte sie hinzu. »Ist er vielleicht krank?«

      Ihre Mutter zuckte die Schultern.

      »Keine Ahnung«, antwortete sie. »Heut’ morgen war er noch ganz gesund, als er mit dem Georg losgezogen ist.«

      Franzi schaute nachdenklich zur Tür, durch die ihr Großvater vor wenigen Augenblicken gegangen war. Sie führte in den Anbau, den Hubert Hirschler bewohnte.

      »Ob ich mal besser nach ihm schau?« überlegte sie laut.

      Ohne eine Antwort abzuwarten, stand sie auf.

      »Laß das Geschirr ruhig stehen, Mutter«, sagte sie. »Ich räum’ nachher ab.«

      Franzi war ein hübsches, achtzehnjähriges Madl mit dunklem Haar, das sie manchmal zu Zöpfen flocht. Sie besuchte in der Stadt das Gymnasium und wollte nach dem Abitur, zur Überraschung ihrer Eltern, Architektur studieren, anstatt den Hof einmal zu übernehmen, wie es eigentlich üblich gewesen wäre.

      Als sie damals diesen Wunsch geäußert hatte, war sie darauf gefaßt gewesen, auf Widerstand zu stoßen. Immerhin ging es um nicht mehr und nicht weniger, als daß der Hof verkauft werden würde, wenn die Eltern einmal nicht mehr lebten. Indes hatte Franzi Unterstützung von seiten des Großvaters erhalten, der sie in ihrem Vorhaben unterstützte. Er liebte seine Enkelin über alles, was vielleicht vor allem daran lag, daß Franzi ihrer verstorbenen Großmutter wie aus dem Gesicht geschnitten war.

      Zaghaft klopfte sie an die Tür zu seiner Wohnstube. Franzi wußte, daß der Großvater sich nach dem Essen gerne für eine halbes Stündchen aufs Sofa legte und einen Mittagsschlaf hielt. Als sie keine Antwort erhielt, drückte sie vorsichtig die Klinke herunter und spähte durch die Türöffnung.

      »Schläfst du?« flüsterte sie.

      Hubert Hirschler lag ausgestreckt auf dem Sofa. Er hatte die Augen geschlossen und regte sich nicht. Franzi ging näher, zog einen Stuhl heran und setzte sich. Dann nahm sie seine Hand und hielte sie fest.

      »Was ist mit dir?« fragte sie besorgt. »Du wirst doch wohl etwa net krank?«

      Er sah sie an und schüttelte den Kopf.

      »Bloß ein bissel müd’«, murmelte der Großvater. »Mach’ dir keine Sorgen.«

      »Das tu’ ich aber«, beharrte die Enkelin. »Gegessen hast’ auch nix!«

      Hubert versuchte zu lächeln.

      »Manchmal hat man halt keinen Appetit.«

      Er strich ihr über das Haar.

      »Laß mich noch ein bissel liegen«, sagte er. »Ich denk’ grad an deine Großmutter.«

      Franzi gab ihm einen Kuß.

      »Ich vermisse sie auch«, antwortete sie und ging wieder hinaus.

      Der Altbauer seufzte tief auf. Er hatte immer geahnt, daß das Kapitel Josef Gruber noch nicht abgeschlossen war, auch wenn er es all die Jahre verdrängt hatte. Einmal mußte es ja so kommen, dessen war er sicher gewesen. Irgendwann würde ihm die Rechnung für das, was er getan hatte, präsentiert werden.

      Und nun war der gefürchtete Tag gekommen!

      Verzweifelt war er auf den Hof zurückgekehrt. Was Franz Gruber da von ihm forderte, konnte er unmöglich erfüllen.

      Wie stand er dann da?

      Vor der Familie, den Nachbarn und Freunden!

      Und vor allem vor Franzi…

      Die ganze Zeit schon sann er über einen Ausweg nach. Aber es wollte ihm nichts einfallen.

      Ob man mit Geld die Sache aus der Welt schaffen konnte?

      Gewiß, Reichtümer hatte er nie anhäufen können, aber es war ihm all die Jahre auch nicht so schlecht ergangen, daß er nicht etwas hätte zurücklegen können. Vielleicht half es ja, wenn er dem Sohn seines früheren Freundes seine ganzen Ersparnisse anbot. Dann mußte der doch eigentlich Ruhe geben und wieder abreisen.

      Mit langsamen Bewegungen richtete sich Hubert Hirschler auf und ging zum Wohnzimmerschrank hinüber. Er öffnete die rechte Tür und zog einen Schlüssel aus der Tasche hervor. Er war klein und aus Messing. Damit schloß der Altbauer eine Schublade auf, in der er persönliche Dinge aufbewahrte. Neben seinem Sparbuch, Papieren und Dokumenten lag ganz zu unters ein kleines Kästchen aus rotbraunem Leder. Hubert nahm es heraus und ging damit zum Sofa zurück. Schwer atmend ließ er sich nieder und öffnete das Kästchen. Zwischen zwei Wattestückchen gebettet befand sich eine Kette mit einem kunstvoll gearbeiteten Anhänger.

      Der Name ›Josefa‹ war darauf eingraviert.

      Josefa, das war Marias Mutter gewesen. Sie hatte den Anhänger von ihrem späteren Mann zur Verlobung geschenkt bekommen, und dieser Schmuck war der Gegenstand, um den sich alles drehte.

      Er erinnerte sich noch genau an den Tag, als er ihn gestohlen und den Verdacht auf den Freund und Rivalen gelenkt hatte. Und während der alte Mann ihn anschaute und sich erinnerte, rannen ihm die Tränen über das faltige Gesicht.

      *

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