Zersplittert. Teri Terry

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Zersplittert - Teri Terry Dystopie-Trilogie

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      ISBN (eBook) 978-3-649-61806-5

      eBook © 2014 Coppenrath Verlag GmbH & Co. KG, Hafenweg 30, 48155 Münster

      Alle Rechte vorbehalten, auch auszugsweise

      eBook-Produktion: book2look Publishing 2014

      ISBN (Buch) 978-3-649-61184-4

      © 2014 für die deutschsprachige Ausgabe Coppenrath Verlag GmbH & Co. KG, Hafenweg 30, 48155 Münster

      Alle Rechte vorbehalten, auch auszugsweise

      Die englische Originalausgabe erschien 2013 bei Orchard Books (Hachette Children’s Books)

      Text © Teri Terry

      The right of Teri Terry to be identified as the author of this work has been asserted by her in accordance with the Copyright, Designs and Patents Act, 1988.

      Originaltitel: Fractured

      Aus dem Englischen von Marion Hertle und Petra Knese

      Lektorat: Christina Grams

       www.coppenrath.de

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      Regen ist für vieles gut.

      Die Stechpalmen und Buchen um mich herum brauchen ihn, um zu wachsen und zu gedeihen.

      Fährten und Fußabdrücke werden verwischt. Spuren lassen sich schwerer verfolgen, was heute ein Vorteil ist.

      Vor allem aber wäscht er meine Haut und meine Kleider von dem Blut rein. Zitternd stehe ich da, als sich die Schleusen öffnen. Ich strecke meine Hände und Arme aus und reibe sie im eiskalten Regen immer wieder aneinander, obwohl die tiefroten Spritzer längst verschwunden sind. Doch auch meine Seele ist blutbefleckt. Und die lässt sich nicht so einfach reinwaschen, aber dann fällt mir wieder ein, wie es geht. Erinnerungen können verschnürt werden, in Angst und Verleugnung verpackt und hinter Mauern weggesperrt werden. Hinter Steinwänden, wie die, die Wayne gebaut hat.

      Ist er tot? Stirbt er gerade? Ich zittere nicht nur wegen der Kälte. Habe ich ihn leidend zurückgelassen? Soll ich umkehren, um ihm zu helfen? Egal, wer er ist oder was er getan hat – hat er es wirklich verdient, dort allein und mit Schmerzen zu liegen?

      Wenn allerdings jemand herausfindet, was ich getan habe, bin ich erledigt. Denn eigentlich sollte ich gar nicht imstande sein, jemanden zu verletzen – auch wenn ich mich nur verteidigt habe, weil Wayne mich angegriffen hat. Slater sind nämlich nicht in der Lage, Gewalt anzuwenden, aber ich habe es trotzdem getan. Genauso wie Slater nichts mehr von ihrer Vergangenheit wissen, ich mich aber erinnern kann. Die Lorder werden mich holen. Wahrscheinlich werden sie mein Gehirn auseinandernehmen, um herauszufinden, was bei mir schiefgegangen ist und warum mein Levo mich nicht im Griff hat. Vielleicht sogar bei lebendigem Leib.

      Niemand darf jemals erfahren, was passiert ist. Ich hätte mich vergewissern müssen, dass er tot ist, aber jetzt ist es zu spät. Ich kann nicht riskieren, noch einmal zurückzugehen. Du konntest ihn in dem Moment nicht umbringen, warum solltest du es dann jetzt tun können?, höhnt eine Stimme in mir.

      Taubheit fährt mir in die Glieder, in die Muskeln und in die Knochen. Es ist so kalt. An einen Baum gelehnt, lasse ich mich zu Boden gleiten. Ich will mich ausruhen. Mich ausruhen und nicht mehr bewegen. Nicht mehr denken, fühlen oder Schmerzen empfinden, nie mehr wieder.

      Bis die Lorder kommen.

      Lauf!

      Ich stehe auf, setze stolpernd einen Fuß vor den anderen. Dann beginne ich zu joggen, und schließlich fliege ich über den Pfad, der mich aus dem Wald hinaus zu den Feldern führt. Hin zu der Straße, wo ein weißer Lieferwagen die Stelle markiert, an der Wayne verschwunden ist: Best Builders steht auf der einen Wagenseite. Ich bekomme Panik, dass jemand sehen könnte, wie ich zwischen den Bäumen neben seinem Wagen auftauche – an dem Ort, an dem sie ihre Suche beginnen werden, sobald sie sein Verschwinden bemerken. Aber da es gewittert, ist die Straße menschenleer, und Regentropfen fallen so schwer auf den Asphalt, dass sie von dort wieder hochspritzen.

      Regen. Er ist noch für etwas anderes gut, hat noch eine weitere Bedeutung. Aber diese andere Bedeutung verschwindet, ehe ich sie greifen kann.

      Bevor ich die Tür öffnen kann, geht sie auch schon auf. Mit besorgtem Blick zieht Mum mich ins Haus.

      Sie darf nichts erfahren. Vor ein paar Stunden hätte ich meine Gefühle noch nicht verbergen können, ich hätte nicht gewusst, wie das geht. Jetzt setze ich ein neutrales Gesicht auf und lasse die Panik aus meinen Augen verschwinden. Mein Ausdruck wird leer, wie das bei einem Slater der Fall sein sollte.

      »Kyla, du bist ja völlig durchnässt.« Tröstend streicht sie mir über die Wange und schaut mich besorgt an. »Ist dein Level in Ordnung?«, fragt sie, nimmt mein Handgelenk, um mein Levo zu prüfen, und auch ich starre gebannt darauf. Es sollte niedrig sein, sogar gefährlich niedrig. Aber jetzt ist alles anders.

      6,3. Es hält mich für glücklich. Puh!

      Ich werde zu einem heißen Bad verdonnert, dort versuche ich es noch einmal mit Nachdenken. Das Wasser in der Wanne dampft und ich entspanne mich, aber ich bin immer noch völlig benommen und zittere weiterhin am ganzen Körper. Obgleich mich die Wärme beruhigt, sind meine Gedanken ein einziges, wirres Durcheinander.

      Was ist nur passiert?

      Alles, was vor meiner Begegnung mit Wayne geschehen ist, verschwimmt in meinem Kopf wie durch Milchglas. Als würde ich auf einen anderen Menschen schauen, der von außen genauso aussieht wie ich: Kyla, etwa 1,50 m groß, grüne Augen, blondes Haar. Geslated. Vielleicht unterscheide ich mich ein bisschen von anderen Slatern, denn ich bin aufmerksamer und schwieriger zu kontrollieren, aber ich wurde geslated: Als Strafe für Verbrechen, an die ich mich nicht mehr entsinnen kann, haben die Lorder mein Hirn leer gefegt. Meine Erinnerungen und meine Vergangenheit sollten für immer vergessen sein. Was ist also passiert?

      Diesen Nachmittag war ich spazieren – das ist passiert. Ich wollte über Ben nachdenken. Bei dem Gedanken an ihn überkommt mich unendlicher Schmerz, schlimmer noch als zuvor, am liebsten würde ich laut aufschreien.

      Konzentrier dich. Was ist dann passiert?

      Wayne, dieser Abschaum, ist mir in den Wald gefolgt. Ich zwinge mich, daran zu denken, was er getan hat und wie er mich gepackt hat. Angst und Wut steigen wieder in mir hoch. Ich war so wütend auf ihn, so unglaublich wütend, dass ich um mich geschlagen habe, ohne nachzudenken. Und etwas in mir hat sich verändert. Ist eingestürzt und hat sich neu zusammengesetzt. Ich sehe seinen blutenden Körper vor mir und zucke zusammen: War das tatsächlich ich? Irgendwie ist ein Slater – ich – gewalttätig geworden. Und das war nicht alles. Ich konnte mich plötzlich an Gefühle und Bilder aus meiner Vergangenheit erinnern. Aus der Zeit, bevor ich geslated wurde. Dabei ist das unmöglich!

      Von wegen. Es ist passiert.

      Jetzt bin ich nicht mehr nur Kyla – der Name, der mir vor einem knappen Jahr im Krankenhaus gegeben wurde. Ich bin etwas, jemand anders. Und ich bin mir nicht sicher, ob mir das

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