Zersplittert. Teri Terry

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Zersplittert - Teri Terry Dystopie-Trilogie

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style="font-size:15px;">      Stirnrunzelnd scannt sie mein Levo. Mein Magen verkrampft sich, weil ich Angst habe, dass alles auffliegt. Nach dem, was passiert ist, hätte mein Level fallen müssen. Als das Levo noch richtig funktioniert hat, bin ich manchmal selbst von Albträumen ohnmächtig geworden. Aber wer weiß, was es jetzt anzeigt?

      »Sieht aus, als ob du einfach nur umgekippt bist. Dein Level ist in Ordnung. Es ist sogar ganz gut. Hast du zu Mittag gegessen?«

      Sie braucht einen Grund.

      »Nein. Ich war nicht hungrig«, lüge ich.

      Sie schüttelt den Kopf. »Kyla, du musst essen.« Sie hält mir einen Vortrag über Blutzucker, gibt mir Tee und Kekse, und ehe sie durch die Tür verschwindet, befiehlt sie mir, dass ich bis zum Unterrichtsende in ihrem Büro bleiben soll.

      Als ich allein bin, gerate ich wieder ins Grübeln. Das Mädchen mit der gebrochenen Hand in diesem Albtraum, dieser Vision oder was es auch war … Ich weiß, wer sie ist. Ich erkenne sie als eine jüngere Version von mir selbst. Sie hat meine Augen, meinen Körperbau, alles. Lucy Connor: vor Jahren aus ihrer Schule in Keswick verschwunden. Laut MIA war sie zu diesem Zeitpunkt zehn Jahre alt. Missing In Action, so heißt die illegale Webseite, die ich vor Wochen bei Jazz’ Cousin gesehen habe. Lucy war ein Teil von mir, bevor ich geslated wurde. Aber selbst mit meinen neuen Erinnerungen kann ich mich nicht mehr in Lucy hineinversetzen und weiß nicht, wie ihr Leben ausgesehen hat. Ich kann sie mir noch nicht einmal als »ich« oder »mich« vorstellen. Sie ist anders, unabhängig, losgelöst von mir.

      Wie passt Lucy in das Chaos in meinem Gehirn? Frustriert trete ich gegen den Tisch. Es gibt so viele Dinge, die ich nur halb verstehe. Ich habe das Gefühl, dass ich bestimmte Sachen weiß, aber wenn ich mich auf die Details konzentriere, entgleiten sie mir, lösen sich auf.

      Als mir bewusst wurde, dass ich mit der linken Hand schreibe, kamen all diese Erinnerungen auf einmal wieder in mir hoch. Hat Nico etwas gemerkt? Falls er mitbekommen hat, dass ich mit links schreibe, weiß er, dass sich etwas verändert hat. Ich müsste Rechtshänderin sein und es ist wichtig, so wichtig … Warum ist es so wichtig, dass ich Rechtshänderin bin, warum war ich das vorher und warum jetzt nicht mehr? Es fällt mir einfach nicht ein. Die Erinnerung ist so deformiert wie die Finger, die von einem Ziegel zertrümmert wurden.

      Beim letzten Klingeln erscheint Mum im Schwesternzimmer.

      »Hallo, Kyla.«

      »Hi. Haben die dich angerufen?«

      »Sieht so aus.«

      »Tut mir leid. Mir geht’s gut.«

      »Deswegen bist du auch mitten im Unterricht umgekippt und hier gelandet?«

      »Na ja, also jetzt geht’s mir jedenfalls gut.«

      Mum holt Amy und fährt mit uns nach Hause. Dort will ich gleich hoch in mein Zimmer.

      »Kyla, warte. Komm, wir unterhalten uns ein bisschen.« Mum lächelt, aber es ist eines jener Lächeln, die nicht bis zu den Augen reichen. »Soll ich dir eine heiße Schokolade machen?«, fragt sie und ich folge ihr in die Küche. Sie plaudert nicht, als sie die Milch aufsetzt. Mum redet nie besonders viel, außer wenn sie etwas Konkretes zu sagen hat, so wie jetzt.

      Mir wird mulmig. Ist ihr aufgefallen, dass ich mich verändert habe? Vielleicht kann sie mir helfen, wenn ich ihr alles erzähle, und …

      Trau ihr nicht.

      Nach dem Slating war ich ein leeres Blatt. Neun Monate habe ich im Krankenhaus gebraucht, um wieder zurechtzukommen; um zu lernen, wie man läuft, spricht und mit dem Levo umgeht. Dann wurde ich dieser Familie zugewiesen. Mit der Zeit habe ich in Mum eine Freundin gesehen, auf die ich mich verlassen kann. Aber wie lange kenne ich sie tatsächlich schon? Noch keine zwei Monate. Vor ein paar Tagen ist mir meine Zeit hier noch länger erschienen, weil ich außer dem Krankenhaus ja nichts kannte. Nun, da sich mein Blickfeld erweitert hat, weiß ich, dass man Leuten mit Argwohn und nicht mit Vertrauen begegnen sollte.

      Mum stellt den Kakao vor uns auf den Tisch und ich wärme meine Hände an dem heißen Becher. »Was ist passiert?«, fragt sie.

      »Ich bin wohl ohnmächtig geworden.«

      »Aber wieso? Die Schwester meinte, dass du nichts gegessen hast, aber dein Pausenbrot ist auf mysteriöse Weise verschwunden.«

      Ich schweige, nippe an meiner Schokolade und konzentriere mich auf die bittere Süße. Nichts, was ich als Erklärung hervorbringen könnte, ergibt viel Sinn – nicht mal für mich. Bin ich ohnmächtig geworden, weil ich mit der linken Hand geschrieben habe? Und dann dieser Traum, was hat er nur zu bedeuten?

      »Kyla, ich weiß, wie schwer gerade alles für dich ist. Wenn du mit mir sprechen möchtest, kannst du das jederzeit, das weißt du, oder? Über Ben und alles andere. Weck mich, wenn du nicht schlafen kannst. Wirklich.«

      Meine Augen füllen sich mit Tränen, als sie Bens Namen erwähnt, und ich blinzle wie wild. Wenn sie nur wüsste, wie schwer alles gerade wirklich ist; wenn sie die ganze Geschichte kennen würde. Ich möchte ihr alles erzählen, aber was würde sie von mir denken, wenn sie wüsste, dass ich möglicherweise jemanden umgebracht habe? Ihr macht es vielleicht nichts aus, nachts geweckt zu werden, aber Dad wohl schon.

      »Wann kommt Dad zurück?«, frage ich, und plötzlich wird mir bewusst, dass er schon ziemlich lange weg ist. Er ist oft wegen seiner Arbeit unterwegs, installiert und wartet landesweit die Computer der Regierung. Aber normalerweise verbringt er mindestens eine oder zwei Nächte die Woche zu Hause.

      »Es kann sein, dass er eine ganze Weile nicht mehr daheim sein wird.«

      »Warum?«, frage ich und versuche, mir meine Erleichterung nicht anmerken zu lassen.

      Sie steht auf und spült unsere Tassen.

      »Du siehst aus, als brauchtest du dringend ein wenig Schlaf, Kyla. Warum legst du dich nicht noch mal hin vor dem Abendessen?«

      Gespräch beendet.

      Mitten in der Nacht verliere ich mich in verwirrenden Träumen: Ich renne, jage und werde gejagt – alles auf einmal. Als ich gefühlt zum zehnten Mal aufwache, boxe ich verzweifelt ins Kissen. Von draußen dringt ein leises Geräusch herein, ein Knirschen. Vielleicht bin ich diesmal doch nicht wegen eines Albtraums wach geworden?

      Ich gehe zum Fenster und ziehe den Vorhang auf einer Seite zurück. Der Wind ist stärker geworden und hat Blätter durch den Garten geweht. Die Bäume scheinen plötzlich kahl. Der Sturm von gestern hat die Welt verändert. Orange und rote Flecken wirbeln durch die Luft und um ein dunkles Auto herum, das vor unserem Haus steht.

      Die Autotür geht auf und eine Frau steigt aus; langes, lockiges Haar fällt ihr ins Gesicht. Ich halte vor Überraschung die Luft an. Kann das sein? Als die Frau die Autotür schließt und sich das Haar zurückstreicht, erkenne ich sie: Es ist Mrs Nix, Bens Mutter.

      Ich klammere mich an den Fenstersims. Warum ist sie hier?

      Vor Aufregung kann ich kaum noch klar denken. Vielleicht hat sie Neuigkeiten von Ben! Doch meine Hoffnungen werden sogleich zunichtegemacht. Ihr Gesicht sieht im Mondlicht verkniffen und bleich aus. Wenn sie irgendwelche Nachrichten hat, dann keine guten. Schritte knirschen auf dem Kies, dann klopft

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