Zersplittert. Teri Terry

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Zersplittert - Teri Terry Dystopie-Trilogie

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fahre aus dem Wasser hoch und es schwappt auf den Boden.

      »Kyla, ist bei dir da drin alles in Ordnung?«

      Die Tür. Mum hat an die Tür geklopft, das war alles. Vorsichtig löse ich die geballten Fäuste.

      Beruhige dich.

      »Alles gut«, schaffe ich es zu antworten.

      »Deine Haut wird ganz schrumpelig, wenn du da noch länger drin bleibst. Essen ist fertig.«

      Unten sind außer Mum noch meine Schwester Amy und ihr Freund Jazz da. Amy wurde ebenfalls geslated und genau wie ich der Familie Davis zugewiesen, aber sie ist in vielerlei Hinsicht völlig anders als ich. Immer heiter, voller Leben und plappert den ganzen Tag. Amy ist groß und ihre Haut hat die Farbe von Schokolade, ich dagegen bin klein, hellblond und schweigsam. Ihr Freund Jazz ist normal, also nicht geslated. Und ganz vernünftig, wenn er die hübsche Amy nicht gerade verträumt anstarrt. Ich bin froh, dass Dad nicht da ist, denn dann brauche ich seinen wachsamen Blick nicht zu fürchten, der einen abmisst, beurteilt und dafür sorgt, dass man keinen falschen Schritt macht.

      Das Gespräch beim Essen dreht sich um Amys Kurse und Jazz’ neue Kamera. Amy erzählt aufgeregt, dass sie gefragt wurde, ob sie nach der Schule in der Arztpraxis aushelfen möchte, wo sie zuvor ein Praktikum gemacht hat.

      Mum schaut mich an und meint: »Wir werden sehen.« Doch ich weiß schon, was dahintersteckt. Sie möchte nicht, dass ich nach der Schule allein bin.

      »Ich brauche keinen Babysitter«, sage ich, obwohl ich nicht ganz sicher bin, ob das stimmt.

      Langsam geht der Abend zu Ende und ich laufe nach oben. Ich putze mir die Zähne und blicke in den Spiegel. Grüne Augen starren zurück, groß und vertraut, aber sie sehen Dinge, die ihnen zuvor entgangen sind.

      Normale Dinge, aber nichts ist mehr normal.

      Ein stechender Schmerz in meinem Knöchel zwingt mich stehen zu bleiben. Mein Verfolger ist in weiter Ferne, aber er kommt immer näher. Er wird nicht aufgeben.

      Ich muss mich verstecken!

      Ich tauche ins Dickicht ab und wate durch einen eiskalten Bach, um meine Spuren zu verwischen. Dann robbe ich auf dem Bauch durch dichtes Gestrüpp, ungeachtet der Dornen, die sich in meinem Haar und meinen Kleidern verfangen. Schmerz durchfährt mich, als sich ein Dorn in meinen Arm bohrt.

      Er darf mich nicht finden. Nicht noch mal.

      Ich grabe mich in den Boden ein, bedecke meine Arme und Beine mit den kalten und fauligen Blättern auf dem Waldboden. Ein Lichtkegel fällt durch die Bäume über mir. Ich erstarre. Er wandert immer tiefer, direkt über mein Versteck hinweg. Erst als das Licht, ohne innezuhalten, an mir vorüberschwenkt, atme ich weiter.

      Schritte. Sie nähern sich, gehen vorbei, werden leiser und entfernen sich, bis ich nichts mehr höre.

      Nun muss ich warten. Ich zähle eine Stunde ab, während ich starr vor Kälte in feuchten Kleidern auf dem Boden liege. Bei jeder vorbeihuschenden Kreatur, jedem Zweig, der sich im Wind bewegt, zucke ich ängstlich zusammen. Aber je mehr Zeit vergeht, umso mehr glaube ich daran, dass es mir diesmal vielleicht gelingt.

      In der Morgendämmerung krieche ich vorsichtig aus meinem Versteck, Zentimeter um Zentimeter. Die Vögel singen und ich jubiliere mit ihnen. Habe ich endlich bei Nicos Version von Verstecken gewonnen? Könnte ich die Erste sein?

      Licht blendet mich.

      »Hier bist du also!« Nico packt mich am Arm, reißt mich auf die Beine, und ich schreie wegen meines schmerzenden Knöchels auf, aber er brennt nicht so sehr wie die Enttäuschung, die heiß und bitter in mir aufsteigt. Wieder habe ich versagt.

      Er streicht mir Blätter von den Kleidern, legt mir einen Arm um die Hüfte und stützt mich, damit ich es ins Lager zurückschaffe. Trotz allem tut mir seine Nähe gut.

      »Du weißt doch, dass du nie entkommen kannst, oder?«, sagt er. Innerlich triumphiert er, gleichzeitig ist er aber enttäuscht von mir, alles auf einmal. »Ich werde dich immer finden.« Nico beugt sich zu mir und küsst meine Stirn. Eine seltene Geste der Zuneigung, von der ich weiß, dass sie die Strafe, die er sich für mich ausdenken wird, in keiner Weise mildert.

      Ich kann niemals entkommen.

      Er wird mich überall finden …

      Irgendwo klingelt es. Ich bin noch halb am Träumen und weiß nicht, wo ich bin. Langsam drifte ich wieder in den Schlaf.

      Erneut klingelt es.

      Was soll das?

      Mit einem Schlag bin ich wach und springe auf, aber etwas hält mich zurück und ich schreie fast. Ich ringe damit, werfe es zu Boden und kauere in Kampfstellung. Bereit für den Angriff. Bereit für alles …

      Aber nicht dafür. Vor meinen Augen werden aus fremden, bedrohlichen Dingen Alltagsgegenstände. Ein Bett. Ein Wecker, der immer noch auf meinem Nachttisch klingelt. Der Gegner entpuppt sich als meine Bettdecke, die ich um mich geschlungen hatte. Trübes Licht fällt durchs offene Fenster. Vor mir sitzt ein verstimmter Kater, der aus Protest laut maunzt, weil er sich in der Decke auf dem Boden verheddert hat.

      Reiß dich zusammen.

      Ich schalte den Wecker aus und zwinge mich, ruhiger zu atmen – ein, aus, ein, aus –, um mein pochendes Herz zu beruhigen, aber meine Nerven sind gespannt wie Drahtseile.

      Sebastian starrt mich mit gesträubtem Fell an.

      »Kennst du mich noch, Kater?«, flüstere ich und strecke ihm die Hand hin, damit er daran riechen kann. Dann streichle ich ihn, um uns beide zu beruhigen. Ich lege die Decke wieder ordentlich aufs Bett und er springt darauf. Schließlich legt er sich hin, lässt die Augen aber halb geöffnet. Zur Sicherheit.

      Beim Aufwachen dachte ich, ich wäre dort. Im Halbschlaf war mir jedes Detail vertraut: die provisorischen Unterkünfte, die Zelte, die Luft war feucht und kühl, der Rauch von Holzfeuern lag in der Luft und man konnte das Rauschen der Bäume, die Vögel und leise Stimmen hören. Doch je wacher ich werde, umso mehr verschwimmen die Einzelheiten. Habe ich nur geträumt oder gibt es diesen Ort wirklich?

      Mein Levo liegt mit 5,8 im mittleren Bereich, und das, obwohl mein Herz immer noch schnell schlägt. Nach dem, was gerade passiert ist, hätte mein Level eigentlich steil abfallen müssen. Ich ziehe an meinem Levo, ziemlich fest sogar, doch nichts passiert. Zumindest sollte es Schmerz verursachen. Geslatete Straftäter können weder sich selbst noch anderen Gewalt antun, nicht mit einem Levo, das jede Stimmungsschwankung misst. Und zu Ohnmacht oder Tod führt, wenn sich der Träger zu sehr aufregt oder wütend wird. Eigentlich hätte ich bei dem Vorfall gestern sterben müssen. Der Chip, der beim Slating in meinem Gehirn eingepflanzt wurde, hätte mich ausschalten sollen.

      In mir klingt noch der gestrige Albtraum nach: Ich kann niemals entkommen. Er wird mich überall finden …

      Nico! So heißt er. Er ist keine flüchtige Traumgestalt. Es gibt ihn wirklich. Ich sehe seine blassblauen Augen vor mir, Augen, die binnen einer Sekunde von kalt zu heiß wechseln können. Er wird wissen, was all das zu bedeuten hat. Denn als lebendiger Teil meiner Vergangenheit ist er plötzlich in meinem jetzigen Leben aufgetaucht

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