Zersplittert. Teri Terry

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Zersplittert - Teri Terry Dystopie-Trilogie

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Finger verletzt.« Ich zögere. »Lucys Finger.«

      Sein Blick schweift ab, er sieht weg. Stille folgt, einen Herzschlag lang, dann zwei. Er blickt mich wieder an: »Erinnerst du dich daran, Lucy zu sein?«

      »Nein. Nicht wirklich, nur ab und zu in Träumen und sie ergeben keinen Sinn. Bitte, Nico, in meinem Kopf herrscht ein einziges Durcheinander. Was ist mit Lucy passiert?« Was ist mit meinem zehn Jahre alten Ich passiert?

      Er zögert, denkt nach und nickt dann. »Okay. Du warst für mich etwas Besonderes, Rain. Aber wenn man auf der Seite der Freiheit steht, läuft man immer Gefahr, geschnappt zu werden. Ich wusste, dass ich einen Weg finden musste, um dich zu schützen, falls du den Lordern in die Hände fällst.«

      »Wie denn?«

      »Indem ich dich innerlich in zwei Teile aufgespaltet habe, damit einer überleben kann, falls du geslated wirst. Rain war stärker als Lucy, also hat sie überlebt.«

      Und ich weiß sofort, was er meint. Ich habe es immer gewusst. Ich wurde zu zwei Personen, Lucy mit den Kindheitserinnerungen und Rain, deren Leben Nico und Free UK gehört hat. Allmählich fügen sich die Puzzleteile zusammen. Lucy wurde dazu gezwungen, Rechtshänderin zu sein. Als sie sich weigerte, hat Nico Gewalt angewendet. Rain dagegen war Linkshänderin. Wie geslated wird, hängt davon ab, ob jemand Rechts- oder Linkshänder ist, denn mit der Händigkeit ist auch verbunden, welche Gehirnhälfte dominiert. Aber wer war ich, als ich geslated wurde?

      »Ich verstehe es immer noch nicht. Wenn Rain stärker war und die Kontrolle über mich besaß, warum haben die Lorder mich dann nicht als Rain geslated, also so, als wäre ich Linkshänderin?«

      »Das ist das Schöne daran. Rain hat sich im Inneren versteckt, als du gefasst wurdest, darauf warst du konditioniert. Also war Lucy dominant.«

      »Das heißt, die Lorder haben mich für eine Rechtshänderin gehalten. Von Rain wussten sie nicht. Als sie mir meine Erinnerungen genommen haben, haben sie nur einen Teil von mir erwischt.«

      »Genau. Lucy ist weg, denn sie war schwach. Aber du, Rain, hast das Slating überlebt. Und nur auf den richtigen Augenblick gewartet, um dir einen Weg nach draußen zu bahnen.«

      »Und das hier«, sage ich und drehe an meinem Levo, »funktioniert nicht mehr, weil ich wieder Rain bin – eine Linkshänderin. Es ist mit der falschen Seite meines Gehirns verknüpft.«

      »Haargenau.« Er nimmt meine linke Hand in seine und küsst ganz sanft meine Fingerspitzen. »Es tut mir schrecklich leid, dass ich dir vor vielen Jahren so wehgetan habe. Aber es war die einzige Möglichkeit, dich zu schützen.«

      Lucy ist für immer verschwunden. Deshalb kann ich mich nicht mehr an ihr Leben erinnern. Der Schmerz des Verlustes erfüllt mich und breitet sich in mir aus. Ein Großteil meines Lebens wurde zerstört und ist für immer verloren. Dafür ist ein anderer Teil von mir noch da: Nico hat mich gerettet. Ohne ihn wäre ich komplett verschwunden. Wüsste nicht einmal, dass ich alles verloren hatte.

      »Danke«, flüstere ich. Und ich frage mich, ob Rain auch Kyla verdrängen wird. All ihre Hoffnungen und alles, was sie geliebt hat? Wie Ben? Ich kämpfe mit den Tränen. Nicht weinen. Nicht vor Nico. Bitte nicht! Angst und Schmerz ringen miteinander, denn Nico mag keine Schwäche.

      Doch anstatt wütend zu werden, nimmt er meine Hand. »Was ist?«, fragt er sanft.

      Ich umklammere seine Hand. Sie ist viel größer und stärker als meine, die er zerdrücken könnte.

      »Ben«, flüstere ich.

      »Erzähl mir von ihm. Ich weiß ein wenig, aber was ist wirklich mit ihm passiert?« Er betont wirklich, als wüsste er, dass es mehr als die offizielle Version gibt.

      »Es war alles meine Schuld. Ich habe es getan.« Endlich spreche ich laut aus, was mich quält und mir auf der Seele brennt.

      »Was hast du getan? Sag es mir.«

      »Ich habe sein Levo abgeschnitten. Mit einer Flex.«

      Und während ich ihm alles beichte, schiebt Nico seinen Stuhl neben meinen und legt mir den Arm um die Schultern. Bilder tauchen vor mir auf: Bens Todeskampf, wie ich wegrenne und ihn seinem Schicksal überlasse. Und wie sieht dieses Schicksal aus? Was ist aus ihm geworden? Habe ich seinen Tod verursacht oder ist er später durch die Lorder gestorben?

      »Was ist mit ihm passiert?«, frage ich und meine Augen betteln um ein wenig Hoffnung.

      »Du kennst doch die Antwort«, sagt Nico. »Du weißt, was die Lorder mit ihm gemacht haben, wenn er noch gelebt hat.«

      Ich nicke und die Tränen laufen mir über die Wangen.

      »Und du weißt doch, was sie mit seinen Eltern gemacht haben!«

      »Ja.«

      »Spürst du es, Rain? Die Wut in dir?«

      Und sie erwacht zum Leben, ein Feuer, als hätte Nico selbst ein Streichholz hineingeworfen. Das Feuer flammt in meinem Kopf auf, heißer und wütender als die Feuersbrunst, die das Haus von Bens Eltern in Schutt und Asche gelegt hat. Heißer als alle Feuer zusammen, die die Lorder in dieser Nacht entfacht haben.

      »Jetzt hör mir zu, Rain. Das bedeutet nicht, dass du Ben vergessen musst oder dass er dir nichts mehr bedeuten darf. Und du sollst auch nicht vergessen, was die Lorder mit seinen Eltern gemacht haben. Nichts musst du vergessen. Setze es ein, auf die richtige Art.«

      Nutze deine Wut.

      Sie überschwemmt mich wie eine Welle – glühende Hitze, die in jeden Muskel dringt, in jeden Knochen. Jeder Tropfen Blut in meinen Adern brennt.

      Entschlossen packe ich die Armlehnen meines Stuhls. »Die Lorder müssen für das, was sie getan haben, bezahlen. Wir müssen sie aufhalten!«

      Nico nimmt mein Gesicht in die Hände und blickt mir lange in die Augen. Schließlich nickt er. Sein Blick ist warm. Ein Schauer wandert über meine Haut und meinen Körper.

      »Ja, Rain.« Er lächelt und beugt sich hinunter. Seine Lippen berühren sanft meine Stirn. »Aber eine Frage hast du noch nicht beantwortet. Wann hast du deine Erinnerungen zurückbekommen?«

      Als mich Wayne im Wald angegriffen hat. Doch die Worte bleiben mir im Halse stecken. Wenn Nico von Wayne erfährt, schaltet er ihn aus. Aber warum in aller Welt sollte ich Wayne schützen? Hat er den Tod nicht verdient?

      »Eigentlich hätte es passieren müssen, als du Ben mit den Lordern zurückgelassen hast. Das hätte genügen sollen. So ein Trauma sprengt für gewöhnlich alle Grenzen. Also, warum ist da nichts geschehen?« Nico spricht, als würde er mit sich selbst reden, als hätte er vergessen, dass ich noch da bin.

      Ich fühle mich unbehaglich, während er mein »Trauma« analysiert. Aber wenn meine Erinnerungen an diesem Tag nicht zurückgekehrt sind, warum bin ich dann nicht wenigstens ohnmächtig geworden? Ich blicke auf mein nutzloses Levo.

      Da fällt es mir wieder ein. »Ich weiß, warum«, sage ich. »Es lag an den Pillen.«

      »Welche Pillen?«

      »Den Happy Pills. Ben hat sie irgendwoher bekommen«, erkläre ich. Ich weiß nicht, warum ich ihm das Woher verschweige. Ben hatte die Pillen von Aiden,

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