Kaiserkrieger 13: Flammen über Persien. Dirk van den Boom

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Kaiserkrieger 13: Flammen über Persien - Dirk van den Boom Kaiserkrieger

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durch Schnee und Eis. In den Bergen war es immer kalt und sein Dienst hier war sinnlos. Die siebzehn Soldaten, die ihm unterstellt waren, ein Unteroffizier, sechzehn Mannschaftsgrade, waren allesamt strafversetzt, die letzten beiden erst vor einem Monat eingetroffen. Sie hatten ein Verhalten an den Tag gelegt, das keine richtige Bestrafung erforderlich machte, mit Laufbahnen, die immer nur ganz knapp an der Grenze zur Straffälligkeit, zur disziplinarischen Maßnahme verliefen, aber eben so, dass sie als unzuverlässig galten. Hier, in der Wildnis, umgeben von wenigen Bergbauern, unwegsamem Gelände, ohne jede Aussicht auf Feindkontakt, schadeten sie niemandem, erledigten ihren sinnlosen Dienst, waren aus dem Weg. Vielleicht hofften die Vorgesetzten im Stillen, sie würden hier etwas anstellen, damit man sie richtig bestrafen konnte.

      Doch hier gab es nichts, mit dem man etwas anstellen konnte.

      Hier gab es rein gar nichts.

      Sie saßen im einfachen Gebäude mit seinem Schlafsaal, dem windigen Aussichtsturm, der Vorratskammer, dem Gemeinschaftsraum mit der einfachen Küche. Einmal im Monat kam ein Karren mit Vorräten, hin und wieder brachten die Bauern aus der Gegend etwas, mehr als Bestechung, um bloß in Ruhe gelassen zu werden – ein Gefallen, den man ihnen gerne tat, wenn es dafür frische Milch und Käse gab, Winterkimchi dazu, lange im Erdboden vergraben und gut durchgegoren, ein Fest für die Sinne und eine willkommene kulinarische Freude in dieser Gegend der eiskalten Untätigkeit.

      Jemand betrat den Raum, gähnte laut, um sich bemerkbar zu machen. Chois Blick wanderte vom Fenster zum Neuankömmling.

      »Schnaps? Wir haben doch gerade erst gefrühstückt.«

      Kamgung war der einzige Unteroffizier der Truppe, ein Veteran von fast 50 Jahren, der nicht nur einiges gesehen, sondern auch von vielem die Schnauze gestrichen voll hatte. Das war gewiss ein Grund dafür, dass er hierher versetzt worden war. Er erzählte nicht viel über seine Karriere, aber irgendwann hatte Choi herausgekitzelt – und der Schnaps hatte dabei geholfen –, dass der ältere Mann nicht immer die Menschen, die seine Vorgesetzten gerne tot gesehen hätten, auch getötet hatte, vor allem dann nicht, wenn diese keine Waffe auf ihn gerichtet hatten.

      Offiziell war er damit im Recht. Inoffiziell aber war der Befehl eines Vorgesetzten Gesetz, egal aus welchen niedrigen Beweggründen er geäußert wurde. Und dann gab es eben Konsequenzen.

      »Es ist Nachmittag«, sagte Choi.

      »Sag ich doch. Frühstück.« Kamgung grinste und begann, in den Regalen der kleinen Küche zu rumoren. »Ist noch Reiskuchen da? Ich habe irren Kohldampf auf Reiskuchen!«

      »Im Schrank. Die letzten sechs. Wann kommt der Nachschub?«

      Man verlor das Gefühl für Zeit hier draußen, für die Tageszeit ebenso wie für das Datum. Auch Kamgung musste erst einmal angestrengt nachdenken, um die Frage zu beantworten.

      »Drei Tage.«

      »Drei Tage nur Kimchi«, schlussfolgerte Choi, ohne Bedauern oder Schmerz in der Stimme. Es gab Schlimmeres. Sie würden auf die Jagd nach Schneehasen gehen und sich einen Braten machen, das verschaffte Kraft und Abwechslung. Für Ersteres hatten sie zwar keine Verwendung, Letzteres aber war immer hochwillkommen.

      »Das Kimchi ist super«, meinte Kamgung. Er war in der Tat absolut in der Lage, sich nur von der Leib-und-Magen-Speise zu ernähren, ohne dabei die geringste Klage zu erheben. Choi aber verlangte es nach Abwechslung und er wusste, dass eine solche generell gut für die Moral war. Seine Männer waren schlecht gelaunt, weil es hier tödlich langweilig war, und obgleich sich die Aggressionen noch in Grenzen hielten, war jeden Tag morgens, mittags und abends das gleiche Essen nichts, was dem zuträglich war. Choi war verantwortlich. Er hatte nichts zu tun, er war abgestellt worden, zumindest fühlte er sich so, und seine eigene Frustration wuchs jeden Tag.

      Aber er war verantwortlich.

      Also war es an der Zeit, den Schnaps beiseitezustellen. Mit betont exakten Bewegungen verschloss er die Flasche und schob sie von sich, ein symbolischer Akt, der bei Kamgung zu einem beifälligen Nicken führte.

      »Ich gehe zu den Bauern. Vielleicht haben die ein paar Reiskuchen, oder Jeonggwa.« Chois Gesicht bekam für einen Moment einen träumerischen Eindruck. Er hatte in den Jahren beim Militär gelernt, sich zu bescheiden und nicht allzu viel Luxus zu erwarten, auch nicht als Offizier, erst recht nicht, seit er offenbar unter strenger und tendenziell eher kritischer Beobachtung stand. Aber Jeonggwa, das war ein kleiner, flüchtiger Genuss, nach dem er sich hin und wieder sehnte. Es waren in Honig gekochte Früchte oder Nüsse, die dadurch lange haltbar waren und manchmal auch gut in den Winter gerettet werden konnten. Wenn er irgendwas anzubieten hatte, was eine Bauersfrau dazu überreden konnte, sich von einem kleinen Vorrat zu trennen – der träumerische Ausdruck wollte sein Gesicht gar nicht mehr verlassen.

      »Zu den Kims? Haben hübsche Töchter!« Kamgung schnalzte mit der Zunge. Obgleich er gerne solche Sprüche machte, war er tatsächlich sehr harmlos, sobald er den hübschen Töchtern auch einmal begegnete. Da verhielten sich alle hier stationierten Männer überraschend tadellos. Choi hatte da schon andere Dinge gehört und erlebt, und die meisten davon waren wenig ehrenvoll gewesen.

      Indien, erinnerte er sich. Das waren keine schönen Gedanken.

      »Ich interessiere mich für Jeonggwa«, sagte der Offizier betont zurechtweisend.

      »Ich bin hier der Älteste. Da sollte sinnlose Fresserei meine Präferenz sein.«

      »Dir reicht ein Berg Kimchi und eine Tasse Tee.«

      Der ältere Mann seufzte. »Es ist wahr. Ich sollte vehement widersprechen, aber es ist wahr. Wenn du Reiskuchen mitbringst, bin ich dankbar, oh tapferer Anführer. Wenn du dieses Honigzeugs beschaffst, dann lasse ich die Finger davon. In meinem Alter setzt das zu schnell an.« Er tappte sich auf den Bauch, der in der Tat aus etwas mehr als nur Muskeln bestand. Und der Dienst hier beförderte das nur. Es wurde so kalt und windig, dass es an vielen Tagen kaum möglich war, sinnvoll auf Streife zu gehen. Stürmten die Schneemassen auf einen ein, konnte man die Hand vor den Augen kaum erkennen. Und in letzter Zeit war es häufig zu Schneestürmen gekommen.

      Jetzt aber schien es langsam aufzuklaren. Choi warf einen prüfenden Blick ins Freie, erkannte, wie sich die Konturen der rauen Landschaft deutlicher abzeichneten, der Himmel sich zu zeigen begann. Mit etwas Glück war jetzt für einige Stunden Ruhe und damit genug Zeit, sich auf Handelsmission zu begeben.

      »Was haben wir an Geld?«

      Kamgung verwaltete die gemeinsame Kasse. Die Bauern konnten im Winter mit den Won nichts anfangen, aber sobald der Frühling kam, wurde auch wieder gehandelt. Dann machte sich ein voller Beutel ganz gut und so war das Ansinnen der Soldaten, ehrlichen Handel zu betreiben, durchaus gerne gesehen. Die Preise waren entsprechend. Aber Choi rühmte sich, kein schlechter Händler zu sein und beim Feilschen zu guten Ergebnissen zu kommen. Daher überreichte ihm Kamgung den kleinen Beutel mit den Münzen, ohne weiter zu zögern. Er wusste das Geld in guten Händen.

      Es dauerte keine fünf Minuten und Choi stand im Freien, angetan mit einer dicken, gefütterten Winterjacke, einer passenden Mütze, festen Stiefeln und Handschuhen. Die Winterausrüstung der Armee war von hoher Qualität und schützte vorbildlich, dennoch trieben der beißende Wind und die durchdringende Kälte dem Mann Tränen in die Augen. Er atmete vorsichtig ein, um seine Lunge langsam an die klirrende Luft zu gewöhnen, dann sah er den Weg hinab in Richtung seines Ziels: Das Gehöft des nächstgelegenen Bauern war zu Fuß in etwa zwanzig Minuten zu erreichen und jetzt, da es aufklarte, war es sogar in der Ferne gut zu erkennen. Mit einem leeren Rucksack auf dem Rücken marschierte es sich leicht und so setzte sich der Offizier in Bewegung. Die Kälte

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