Mein geniales Leben. Jenny Jägerfeld
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Majken: »AHA. ICH KANN IN EINER MINUTE DREI TIEFKÜHL-WÜRSTCHEN AUFESSEN.«
Schweigen.
WBJ: »Darf ich das mal sehen?«
Majken: »OKAY.«
Dann rannten sie davon.
Meine Analyse: Zuerst begrüßten sie einander, dann redeten sie darüber, wie sie redeten (Majken laut und der Waschbärjunge leise). Dann erzählten sie je eine Sache, die sie tun konnten (Saltos auf Trampolin / tiefgefrorene Würstchen aufessen), dann sagte der Waschbärjunge: Darf ich das mal sehen?, worauf sie zusammen wegrannten.
Erzählen, was man kann … ist das vielleicht eine Möglichkeit, jemanden kennenzulernen? »Hallo, ich kann Inliner fahren!« Ist das eine coole Einleitung? Oder klappt das nur bei Achtjährigen?
Oh Mann, warum ist das so schwierig!
AUS DER RATTE WURDE EIN KANINCHEN
»Hallo, du …«
Ich sah vom Skizzenblock auf. Vor mir stand Krille Marzipan in hellgrauem Blazer und dazu passender Hose. Auch er mit einem Block und einem Bleistift in der Hand. Er kratzte sich mit der Bleistiftspitze am Kopf.
»Äh … Sigge. Heißt du eigentlich Sigvard oder Sigurd?«
»Nichts von beidem. Einfach Sigge.«
»Einfach Sigge? Komisch.«
» … nicht besonders komisch.«
»Einfach Sigge, sagst du.«
»Ja.«
»Aha.«
Hm. Diese Konversation führte nirgends hin. Ich schaute wieder auf meinen Block. Mein Entwurf sah sehr gut aus, wie ich zufrieden feststellte. Vielleicht würde das hier meine erste voll funktionierende Erfindung werden! Ich hatte ja schon vorher Sachen erfunden, aber das waren einfache Dinger gewesen. Kinkerlitzchen. Nicht wie das hier!
Meine Idee war, dass man mit der umgeschnallten Harpune Inliner fahren sollte. Die Harpune wäre mit zwei Riemen vor den Bauch geschnallt. Dann könnte man den Pfeil der Harpune zum Beispiel in einen Baumstamm schießen. Am Ende des Pfeils wäre eine Schnur befestigt. Als Schnur würde ich Einsteins Roll-Leine nehmen. Die bestand aus einer Kapsel, in der eine aufgerollte Leine war. Wenn Einstein schnell davonrannte, wurde die Leine aus der Kapsel gezogen. Es gab auch einen Knopf, mit dem wurde die Leine gestoppt, dann konnte sie weder raus- noch reingezogen werden. Aber wenn man ein zweites Mal auf den Knopf drückte, fuhr die Leine blitzschnell wieder in die Dose zurück. Weil Einstein so groß und stark war (er wog fünfundfünfzig Kilo!), hatte er eine sehr kräftige Roll-Leine, was für meine Erfindung echt gut war.
Die Kapsel würde ich an der Harpune befestigen. Und wenn der Pfeil der Harpune in den Baum geschossen wurde, würde die Leine aus der Dose hinausflutschen. Und wenn man dann auf den Knopf drückte, glitt die Leine schnell wieder hinein, und man wurde ohne die geringste Anstrengung zum Baum gezogen! Das würde mir bei Steigungen helfen und bei langen, geraden Strecken. Ich war ein Genie!
Nach reiflicher Überlegung hatte ich die Erfindung auf den Namen Arrow sparrow getauft! Arrow bedeutet Pfeil auf Englisch, und sparrow bedeutet Sperling. Der Sperlingspfeil. Wenn man ihn benutzte, sollte es ein Gefühl sein, als würde man fliegen wie ein Vogel.
»Hast du eine Ahnung, wo Charlotte ist?«, fragte Krille.
»Die ist im Schuppen.«
Ich deutete auf den Geräteschuppen, aus dem dumpfes Poltern drang. Dann wurde offenbar etwas Schweres über den Schuppenboden gezogen.
»Aha?«
»Ja.«
Im selben Moment ging die Tür des Schuppens auf und eine alte weißgestrichene Holztür wurde herausgewuchtet. Ich sah Omas Hände mit den langen rosa Fingernägeln, aber die ganze übrige Oma war hinter der Tür versteckt. Dann ließ sie die Tür plötzlich los, worauf die mit einem lauten RUMMS auf dem Boden landete und Staub und Holzsplitter hochwirbelten. Dahinter stand Oma in einem leuchtend blauen Pulli und zebragestreiften Leggings. Oma weiß echt, wie man einen perfekten Auftritt hinlegt, das muss man ihr lassen.
»Good morning, Krister! In zehn Minuten bin ich fertig! Setz dich solange hin und erzähl Sigge von deinem aufregenden Leben!«
Bitte nicht. Ich schloss die Augen und verdrehte sie. Das mache ich nie bei offenen Augen. Möchte nicht, dass jemand das sieht und dann traurig wird.
Krille trat ein paarmal hin und her und nahm dann auf dem Stuhl mir gegenüber Platz. Eine verwelkte lila Fliederblüte hing hinter ihm aus dem Busch und legte sich wie eine kleine Baskenmütze auf seinen Kopf. Er wischte ein wenig Pollenstaub vom Tisch.
»Ich habe gerade eine fabelhafte Idee für einen Film gehabt«, sagte er.
»Aha.«
»Willst du sie hören?«
Am liebsten hätte ich gesagt »lieber nicht«, aber das kam mir unhöflich vor.
»Okay.«
Er strahlte übers ganze Gesicht.
»Großartig! Also. Die Hauptperson in dieser Geschichte soll Basil Hollinghurst heißen.«
Plötzlich kam Bobo angetrottet.
»Hallohallo«, sagte sie und kletterte neben mich auf die Bank.
Krille fuhr fort:
»Basil Hollinghurst lebt in London und arbeitet für eine der wichtigsten Nachrichtensendungen im englischen Fernsehen. Er ist Nachrichtenmoderator.«
»Ratte?«, sagte Bobo neugierig.
»Nein, Boel, Nachrichtenmoderator«, sagte Krille. »Das ist eine der wichtigsten Personen in einer Nachrichtensendung. Sie schenkt der Sendung Glaubwürdigkeit und Gewicht.«
Bobo sah Krille Marzipan mit großen Augen an.
»Das ist einer, der im Fernsehen arbeitet«, erklärte ich.
»Ratte?«, sagte Bobo.
»So ungefähr«, sagte ich und schaute auf meine Zeichnung. Radierte zwei der Räder an den Inlinern aus und fing neu an.
Bobo nahm einen Stift und wollte auch auf meinem Papier zeichnen.
»Nein, Bobo, das hier ist meins. Du kriegst ein eigenes Blatt.«
Ich riss eine Seite aus dem Skizzenbuch und gab sie ihr. Bobo begann zu zeichnen: einen großen runden Kreis, der Augen bekam, dazu Hände mit abgespreizten Fingern. Krille Marzipan redete weiter.
»Basil Hollinghurst ist ein seriöser Mann. Eine Säule der Gesellschaft.«
Ich hob den Kopf. Krilles Augen leuchteten.
»Er war nie in einen Skandal verwickelt. Er trinkt keinen Alkohol,