Engadiner Hochjagd. Gian Maria Calonder
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Читать онлайн книгу Engadiner Hochjagd - Gian Maria Calonder страница 7
Roman und Barbla, die beim Auto standen, mochten darüber nicht lachen.
»Du warst nicht erreichbar«, schimpfte Roman.
»Ich habe den Geologen befragt, einen gewissen Freitag. Wir waren wohl im Funkloch. Was ist los?«
»Ein Jagdunfall auf halber Höhe am Piz Linard«, sagte Barbla. »Ein Toter.«
»Und warum fahrt ihr nicht hoch?«
»Weil der Krankenwagen mit der Leiche schon hierher unterwegs ist.«
»Aber wie kommt das?«, rief Capaul aus. »Wer hat die Leiche freigegeben? Wir hätten doch zuerst den Unfallort inspizieren und die Spuren sichern müssen.«
»Wir sind nicht auf der Polizeischule«, bemerkte Roman spitz. »Zwei Jäger haben Duris Leiche gefunden und waren nicht sicher, ob er noch lebt. Sie haben als Erstes den Notarzt alarmiert und dann Duri zur Straße geschleppt, damit er gleich behandelt werden kann. Das war durchaus vernünftig.«
»Na schön, aber damit sind alle Spuren flöten.«
Roman ließ eine Art Ächzen hören. »Massimo, nochmals: Die Engadiner sind friedliche Leute. Nicht jeder Tote bedeutet einen Mordfall.«
Dann kam der Krankenwagen über die Brücke gefahren und parkte. Die Fahrerin und der Rettungssanitäter stiegen aus und öffneten die Hecktür, um den Polizisten die Leiche zu zeigen. Sie lag im Leichensack. Der Arzt, der bei der Bahre saß, war grün im Gesicht.
»Ich vertrage die Kurven schlecht«, sagte er und drängte sich an ihnen vorbei, um auszusteigen und ein paar Schritte zu gehen.
Capaul öffnete den Reißverschluss des Leichensacks. Der Tote war in Jagdkleidung, ein kleiner, stämmiger Mann mit dichtem, grau meliertem Haar und Vollbart. Der Bart war ebenso blutgetränkt wie seine Jacke. Die Haut war ähnlich fahl wie die des Arztes. Im Gesicht waren mehrere kleine Wunden.
»Woran ist er gestorben?«, fragte Capaul.
»Verblutet«, meinte der Arzt. »Die Arteria carotis externa ist zerfetzt, die äußere Halsschlagader. Unter anderem.«
Und Roman erklärte: »Die Leiche geht jetzt nach Chur zur Obduktion. Morgen oder übermorgen wissen wir Genaueres.«
»Vielleicht geht es auch schneller«, antwortete Capaul. »Macht mal Fotos, ich rufe Fritz Marx an.«
»Wer ist das?«, fragte Barbla.
»Na, der Gerichtsmediziner. – Hier Massimo Capaul, KP Engadin«, sprach er ins Telefon.
»Ich weiß schon, die Tunnelleiche«, sagte Marx am anderen Ende. Capauls letztes Telefonat mit Marx lag nur wenige Wochen zurück. Die Erinnerung an den jungen Tiroler Mineur der Rhätischen Bahn, der zwischen Zug und Tunnelwand aufgerieben worden war, war nicht schön.
»Genau«, bestätigte Capaul. »Leider ist auch diese Leiche in ähnlicher Verfassung. Können wir dir ein, zwei Fotos mailen?«
»Klar, nur zu.«
Der Rettungsdienst hatte inzwischen die Bahre aus dem Wagen gezogen und auf dem Parkplatz aufgestellt. Roman errichtete einen Sichtschutz, Barbla knipste mit dem Smartphone. Marx gab seine Mailadresse durch, und sie schickte ihm direkt die ersten Bilder.
Marx murmelte vor sich hin, während er sie betrachtete, dann stellte er fest: »Sieht nach Schrot aus. Riech mal an den Einschusslöchern der Jacke, Capaul. Riecht es verbrannt?«
Capaul beugte sich über die Leiche und roch. »Nein.«
»Dachte ich mir, ich kann auch keine Versengungen erkennen. Macht mal noch ein Foto vom Hals.«
Capaul ließ sich vom Sanitäter Latexhandschuhe geben und hob den Bart an. »Barbla, wir bräuchten noch ein Foto.«
Barbla knipste, dann wandte sie sich ab und übergab sich. Roman übernahm es, das Foto abzuschicken.
Nur Sekunden später erklärte Marx: »Da ist noch zu viel Blut. Könnt ihr es mal eben abspülen?«
»Hat jemand Wasser?«, fragte Capaul.
Der Sanitäter schnitt ihm einen Beutel Salzwasserlösung auf, und Capaul wusch das Blut ab, so gut es ging. Fast alles Gewebe war zerstört, die Luftröhre und die Wirbelsäule lagen frei. Der Kopf der Leiche lag nun in einem See von Blutwasser.
»Wer knipst?«, fragte Capaul. »Könnte bitte jemand knipsen?« Die Fahrerin nahm Roman das Handy ab, knipste und schickte das Foto. Capaul hörte durch den Hörer das Pling, als es drüben ankam.
»Ah ja, wunderbar«, murmelte Marx. »Ganz schön konzentrierte Ladung, kaum Streuung. Schussdistanz ein halber Meter, plusminus zehn Zentimeter. Zum Kaliber kann ich nichts sagen, aber heutzutage verschießen fast alle 12er-Munition.«
»Sieht es nach Unfall aus?«, fragte Capaul.
Marx zögerte. »Kann sein, dass ihm die Flinte aus der Hand gerutscht und auf einen Stein geknallt ist. Andererseits sitzt der Schuss so schön mittig, dass ich eher meine, da hat wohl jemand gezielt.«
»Mord?«
»Oder Selbstmord. Wobei ein halber Meter ganz schön viel ist. Lange Arme hat der Typ ja nicht gerade. Entweder hat er den Schuss mit einem Stock ausgelöst, oder er hat mit dem Zeh abgedrückt. Trägt die Leiche Schuhe?«
Capaul sah nach. »Nein.«
»Na, siehst du. Wenn wir Glück haben, finden wir auf Füßen oder Socken Pulverspuren, damit wäre die Sache schon ziemlich eindeutig. Aber muss nicht sein, moderne Flinten schießen leider ziemlich sauber. Jedenfalls ein interessanter Fall, der eine öde Woche aufpeppt. Ich freue mich auf die Leiche.«
»Gern geschehen und vielen Dank.« Capaul hängte auf.
Inzwischen waren auch die beiden Jäger auf dem Parkplatz eingetroffen, die den Toten gefunden hatten. Sie hießen Steivan und Hermann und standen nun bei den Polizisten.
»Wie geht es weiter?«, fragte Capaul mit einer gewissen Ungeduld. »Wer befragt die Jäger und das Rettungspersonal, wer inspiziert den Schauplatz, wer sagt der Familie des Opfers Bescheid, wer übernimmt die Kommunikation?«
»Ich muss aufpassen, dass ich mich nicht gleich wieder übernehme«, sagte Roman. »Wenn ich ausfalle, nützt das niemandem.«
»Und mich erwarten meine Jungs«, erklärte Barbla. »Mit dem einen muss ich für eine Deutschprüfung pauken, den anderen zum Fußball fahren.«
»Verstehe ich alles«, sagte Capaul. »Dann sollten wir um Verstärkung bitten.«
»Du bist die Verstärkung«, erklärte Roman.
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