Die bekanntesten Theaterstücke. Heinrich von Kleist
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Sprich deutlich mit dem Menschen, daß ers weiß
Auch, was er soll!
RUPERT (erblickt Agnes' Leiche): Mein Sohn! Mein Sohn! Ermordet!
Zu meinem Sohne laßt mich, meinem Sohne!
(Er will sich losreißen, die Ritter halten ihn.)
SYLVESTER:
Er trägt sein eigen schneidend Schwert im Busen.
(Er steckt ein.)
Laßt ihn zu seinem Sohne.
RUPERT (stürzt über Agnes Leichnam hin): Ottokar!
GERTRUDE (tritt auf):
Ein Reuter flog durch Warwand, schreiend, Agnes
Sei tot gefunden in der Höhle. Ritter,
Ihr Männer! Ist es wahr? Wo ist sie? Wo?
(Sie stürzt über Ottokars Leichnam..
O heilge Mutter Gottes! O mein Kind!
Du Leben meines Lebens!
EUSTACHE (tritt auf): Seid ihr Männer,
So laßt ein Weib unangerührt hindurch,
Gebeuts, Sylvester, ich, die Mutter des
Erschlagnen, will zu meines Sohnes Leiche.
SYLVESTER:
Der Schmerz ist frei. Geh hin zu deinem Sohn.
EUSTACHE:
Wo ist er? – Jesus! Deine Tochter auch? –
Sie sind vermählt.
(Sylvester wendet sich. Eustache läßt sich auf ein Knie vor Agnes' Leiche nieder. Sylvius, von Johann geführt, treten auf. Der letzte mit Zeichen der Verrückung.)
SYLVIUS: Wohin führst du mich, Knabe?
JOHANN:
Ins Elend, Alter, denn ich bin die Torheit.
Sei nur getrost! Es ist der rechte Weg.
SYLVIUS:
Weh! Weh! Im Wald die Blindheit, und ihr Hüter
Der Wahnsinn! Führe heim mich, Knabe, heim!
JOHANN:
Ins Glück? Es geht nicht, Alter. 's ist inwendig
Verriegelt. Komm. Wir müssen vorwärts.
SYLVIUS: Müssen wir?
So mögen sich die Himmlischen erbarmen.
Wohlan. Ich folge dir.
JOHANN: Heißa lustig!
Wir sind am Ziele.
SYLVIUS: Am Ziele schon? Bei meinem
Erschlagnen Kindeskind? Wo ist es?
JOHANN: Wär ich blind,
Ich könnt es riechen, denn die Leiche stinkt schon.
Wir wollen uns dran niedersetzen, komm,
Wie Geier ums Aas.
(Er setzt sich bei Ottokars Leiche.)
SYLVIUS: Er raset. Weh! Hört denn
Kein menschlich Ohr den Jammer eines Greises,
Der blind in pfadelosen Wäldern irrt?
JOHANN:
Sei mir nicht bös, ich mein es gut mit dir.
Gib deine Hand, ich führe dich zu Agnes.
SYLVIUS:
Ist es noch weit?
JOHANN: Ein Pfeilschuß. Beuge dich.
SYLVIUS (indem er die Leiche betastet):
Ein Schwert – im Busen – einer Leiche. –
JOHANN: Höre, Alter,
Das nenn ich schauerlich. Das Mädchen war
So gut, und o so schön.
SYLVIUS: Das ist nicht Agnes!
– Das wäre Agnes, Knabe? Agnes' Kleid,
Nicht Agnes! Nein bei meinem ewgen Leben,
Das ist nicht Agnes!
JOHANN (die Leiche belastend): Ah! Der Skorpion!
's ist Ottokar!
SYLVESTER: Ottokar!
GERTRUDE:
So wahr ich Mutter, das ist meine Tochter
Nicht. (Sie steht auf)
SYLVESTER: Fackeln her! – Nein, wahrlich, nein! Das ist
Nicht Agnes!
EUSTACHE (die herbeigeeilt): Agnes! Ottokar! Was soll
Ich glauben –? O ich Unheilsmutter! Doppelt
Die Leiche meines Sohnes! Ottokar!
SYLVESTER:
Dein Sohn in meiner Agnes Kleidern? Wer
Denn ist die Leiche in der Männertracht?
Ist es denn – Nein, es ist doch nicht –?
SYLVIUS: Sylvester!
Wo ist denn Agnes' Leiche? Führ mich zu ihr.
SYLVESTER:
Unglücklicher! Sie ist ja nicht ermordet?
JOHANN:
Das ist ein Narr. Komm, Alter, komm. Dort ist
Noch eine Leich, ich hoffe, die wirds sein.
SYLVIUS:
Noch eine Leiche? Knabe! Sind wir denn
In einem Beinhaus?
JOHANN: Lustig, Alter!
Sie ists! 's ist Agnes!
SYLVESTER (bedeckt sich das Gesicht):