Von den Pflichten der Kirchendiener. Ambrosius von Mailand

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Von den Pflichten der Kirchendiener - Ambrosius von Mailand Die Schriften der Kirchenväter

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also gleichsam ein efficium (Pflichtverrichtung) — des besseren Wortklanges wegen sagte man aber mit Veränderung eines Buchstabens officium — oder besagt doch ein Handeln, das niemand schadet (officiat), allen frommt41.

      IX. Kapitel

      

       Der Philosophie gilt das Sittlichgute und das Nützliche als Einteilungsgrund der drei, bezw. fünf Arten von Pflichten (27), für uns nur das Sittlichgute, gemessen am Maßstabe des Ewigen (28); daher die Darstellung der christlichen Pflichtenlehre nicht überflüssig (29).

      27. Die Pflichten, meinte man42, leiten sich her vom Sittlichguten und Nützlichen und von der Wahl des Besseren zwischen diesen beiden; es könne ferner der Fall eintreten, daß es sich um ein zweifaches Gute und ein zweifaches Nützliche zugleich handle und die Frage entstehe, was das Bessere und was das Nützlichere davon sei. So ergibt sich denn zunächst eine dreifache Einteilung des Pflichtmäßigen: in das Sittlichgute, das Nützliche und das, was das Bessere ist. Sodann teilte man diese drei Arten in fünf weitere ein: in ein zweifaches Sittlichgute, in ein zweifaches Nützliche und in die Wahl und Entscheidung darüber. Die ersteren betreffen, wie man sagt, das Schickliche und das Ehrbare im Leben, die beiden folgenden die Glücksgüter des Lebens: Besitz, Reichtum und Vermögen; die Wahl hierüber stehe dem Urteil zu. So jene Autoren.

      28. Wir aber bemessen ausschließlich nur das Schickliche und Ehrbare43, mehr mit dem Maßstab des Zukünftigen als des Gegenwärtigen, und bezeichnen nur das für nützlich, was der Seligkeit des ewigen Lebens, nicht was der Lust des gegenwärtigen frommt. Wir erblicken auch keinerlei Vorteile in Reichtum und Vermögensschätzen, sondern halten diese für Nachteile, wenn man nicht darauf verzichtet. Schwerer drückt ihre Last, wenn sie vorhanden sind, als ihr Verlust, wenn sie abhanden kommen.

      29. Unsere schriftliche Arbeit ist daher nicht überflüssig, weil wir an den Pflichtbegriff einen anderen Maßstab anlegen, als jene Autoren es getan haben. Sie halten die irdischen Glücksgüter für etwas Gutes, wir halten sie geradezu für einen Nachteil, weil einer, der gleich jenem Reichen hier Gutes empfängt, dort gepeinigt wird, ein Lazarus dagegen, der hier Schlimmes erduldete, dort seinen Trost findet44. Wer jene Werke nicht liest, mag nach Gutdünken unsere Zeilen lesen, wenn es ihm sonst nicht um Wortgepränge und Redekunst, sondern um die schlichte Schönheit der Sache zu tun ist.

      X. Kapitel

      

       Schweigen ein Gebot der Hl. Schrift (30). Dieser, nicht der Philosophie, kommt die Priorität hierin zu (31). Schweigen eine Kunst, die geübt werden muß (32—33). Vom rechten Maßhalten im Schweigen, Reden und Handeln (34—35).

      30. An erster Stelle waren es unsere Schriften, worin das Geziemende, griechisch πρέπον [prepon] genannt, näher festgesetzt wurde. Wir werden darüber aufgeklärt und belehrt, wenn wir lesen: „Dir geziemt Lobgesang, o Gott, auf Sion“, oder im Griechischen: Σο πρέπει μνος θες ν Σιών [Soi prepei hymnos ho theos en Siōn]45. Auch der Apostel mahnt: „Rede, was sich für eine gesunde Lehre geziemt!“46 Und an einer anderen Stelle: „Es ziemte sich aber dem, durch welchen alle Dinge und um dessentwillen alle Dinge sind, und welcher viele Kinder zur Herrlichkeit herbeiführte, den Führer ihres Heils durch Leiden zu vollenden“47.

      31. Hat etwa Panätius, hat Aristoteles, der ebenfalls von der Pflicht handelte, früher gelebt als David? Ist doch selbst Pythagoras, der an Alter, wie wir lesen, über Sokrates hinaufreicht, dem Propheten David gefolgt, da er den Seinigen das Gesetz des Schweigens gab. Doch er wollte seinen Schülern fünf Jahre lang das Sprechen überhaupt verbieten, während David diese Naturgabe nicht beeinträchtigen wollte, sondern nur Bedachtsamkeit im Reden lehrte. Näherhin wollte Pythagoras mittels des Nichtsprechens das Sprechen lehren; nach David sollten wir mehr durch Sprechen das Sprechen lernen. Wie wäre denn eine Unterweisung ohne Schulung oder ein Fortschritt ohne Übung denkbar?

      32. Wer im Kriegsfach sich ausbilden will, der übt sich täglich in den Waffen, tritt in voller Rüstung gleichsam in das Vorspiel des Kampfes ein, sucht Deckung, als stünde der Feind schon vor ihm, und erprobt seine Arme im gewandten und kräftigen Speerwerfen oder weicht dem Geschosse des Gegners aus und entgeht ihm wachsamen Auges. Wer ein Schiff auf dem Meere durch Steuer zu lenken oder durch Ruder zu leiten begehrt, übt sich zuvor auf einem Flusse. Wer einen lieblichen Sang und eine schöne Stimme erstrebt, bildet erst nach und nach die Stimme im Singen aus. Und wer durch Körperkraft und regelrechten Wettkampf nach der Siegeskrone auslangt, übt sich täglich in der Ringkunst, stählt seine Glieder, nährt seine Ausdauer, um sich erst mühsam daran zu gewöhnen.

      33. Das lehrt uns die Natur schon am kleinen Kinde. Es bemüht sich zunächst um die Sprachlaute, um das Sprechen zu lernen; der Laut ist gleichsam die Schule und der Ringplatz für die Stimme. So sollen denn auch die, welche Behutsamkeit im Reden lernen wollen, die Gabe der Natur nicht verleugnen, das Gebot der Wachsamkeit hingegen üben gleich wachestehenden Posten, die wachend, nicht schlafend auslugen. Jedes Ding findet nämlich durch Schulung, die seiner Eigenart und natürlichen Beschaffenheit entspricht, Förderung.

      34. David schwieg nicht immer, sondern wenn es der Augenblick erforderte; er verweigerte nicht ständig und nicht jedermann die Antwort, sondern nur dem Gegner, der ihn reizte, dem Sünder, der ihn herausforderte48. Und er hörte, wie er an einer anderen Stelle versichert, nur auf solche nicht, welche Eitles redeten und Trug sannen; und öffnete ihnen wie taub und stumm seine Stimme nicht49. Auch anderswo liest man: „Antworte dem Törichten nicht auf seine Torheit, damit du ihm nicht ähnlich werdest!“50

      35. Die erste Pflicht ist sonach das Maßhalten im Reden. Das heißt Gott ein Lobopfer darbringen; das heißt Ehrfurcht wahren bei der Schriftlesung; das heißt den Eltern Ehrerbietung erweisen. Ich weiß, daß man gar häufig nur redet, weil man nicht zu schweigen versteht. Selten schweigt einer, wenn schon das Reden ihm nicht frommt. Der Weise überlegt erst viel, wenn er reden soll: was er sprechen soll, zu wem er sprechen soll, an welchem Ort, zu welcher Zeit. So gibt es denn ein Maßhalten sowohl im Schweigen wie im Reden, aber auch ein Maßhalten im Handeln. Schön ist es, hierin das Pflichtmaß einzuhalten.

      XI. Kapitel

      

       Die Einteilung der Pflichten in vollkommene und mittlere kennt auch die Hl. Schrift (36—37). Zu den ersteren zählt die Barmherzigkeit (38—39).

      36. Jede Pflicht ist entweder eine mittlere oder eine vollkommene51. Auch das können wir gleicherweise an der Hand der Schrift nachweisen. Wir lesen nämlich im Evangelium den Ausspruch des Herrn: „Willst du zum ewigen Leben gelangen, so halte die Gebote. Da sprach jener: welche? Jesus aber sprach zu ihm: Du sollst nicht töten; du sollst nicht ehebrechen; du sollst nicht stehlen; du sollst nicht falsches Zeugnis geben; ehre Vater und Mutter; und liebe deinen Nächsten wie dich selbst!“52. Das sind mittlere Pflichten, denen etwas fehlt.

      37. So spricht denn auch der Jüngling zu ihm: „Das alles habe ich von Jugend auf beobachtet: was fehlt mir noch? Da entgegnete ihm Jesus: Willst du vollkommen sein, so geh, verkaufe alle deine Güter und gib sie den Armen, und du wirst einen Schatz im Himmel haben, und komm und folge mir nach!“53 Im Vorausgehenden findet sich die Schriftstelle mit der Mahnung, die Feinde zu lieben, für unsere Verleumder und Verfolger zu beten und die, welche uns fluchen, zu segnen54. So müssen wir es halten, wenn wir vollkommen sein wollen

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