Von den Pflichten der Kirchendiener. Ambrosius von Mailand

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Von den Pflichten der Kirchendiener - Ambrosius von Mailand Die Schriften der Kirchenväter

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       Von der Sittsamkeit: Sie bekundet sich im Reden (67), noch mehr im Schweigen (68). Sie ist die Genossin der Keuschheit (69), macht das Gebet Gott wohlgefällig (70), offenbart sich in Haltung und Gang (71—75). Von ihrer Verletzung in Wort (76) und Blick (77). Die Schamhaftigkeit gegen sich selbst ein Gebot der Natur, der Sitte, der Hl. Schrift (78—80).

      67. Schön ist die Tugend der Sittsamkeit und hold ihr Reiz. Nicht nur im Handeln, sondern selbst im Reden tritt sie zutage: man überschreite nicht das Maß beim Sprechen; die Rede lasse nichts Unziemliches verlauten! Im Worte spiegelt sich ja so häufig das Bild des Geistes. Sogar den Ton der Stimme wägt die Eingezogenheit ab, daß nicht eine zu kräftige Stimme das Ohr des Hörers verletze. So besteht schon beim Singen und überhaupt bei jedem Gebrauch der Sprache die erste Schulung in bescheidener Zurückhaltung. Erst nach und nach soll einer zu psallieren oder zu singen oder endlich zu sprechen anfangen, damit die bescheidenen Anfänge vielversprechend für den Fortschritt werden.

      68. Gerade das Stillschweigen, die Mußezeit der übrigen Tugenden, ist das Wichtigste in der Sittsamkeit. Dasselbe gilt denn auch, wenn kindisches Unvermögen oder aber Stolz dahinter vermutet wird, für eine Schande, wenn Sittsamkeit, für etwas Lobenswertes. Susanna schwieg in der Gefahr104; sie erachtete den Verlust der Schamhaftigkeit für schlimmer als den des Lebens und glaubte nicht ihre Reinheit auf das Spiel setzen zu sollen, um so ihr Leben zu wahren. Nur mit Gott sprach sie105, mit dem sie sich in keuscher Sittsamkeit aussprechen konnte. Sie vermied es, den Männern ins Gesicht zu sehen; denn auch in den Augen verrät sich die Schamhaftigkeit, so daß eine Frau weder Männer anblicken noch davon sich anblicken lassen will.

      69. Niemand aber glaube, dieses Lob gebühre allein nur der Keuschheit. Denn die Keuschheit hat zur Gefährtin die Sittsamkeit, in deren Gefolge die Keuschheit selbst sicherer ist. Eine gute Gefährtin und Führerin der Keuschheit ist die Schamhaftigkeit. Indem sie ihren Schild wehrend gegen die ersten Regungen der Gefahr hält, läßt sie keine Verletzung der Keuschheit zu. Sie vor allem nimmt die Schriftleser schon auf den ersten Blick für die Mutter des Herrn ein und läßt als vollgültige Zeugin dieselbe als würdig für die Erwählung zu einem solchen Berufe erscheinen. Sie weilt im Gemache, weilt allein, sie schweigt auf des Engels Gruß und ist bestürzt bei dessen Eintritt, weil der Blick der Jungfrau auf die ungewohnte Erscheinung einer Mannesperson in Verwirrung gerät. Obschon demütig, erwiderte sie doch aus Sittsamkeit den Gruß nicht und antwortete erst dann, als sie von ihrer Berufung zur Mutter des Herrn vernahm, um die Art des Vollzuges kennen zu lernen, nicht um die Anrede zu erwidern106.

      70. Auch bei unserem Gebete zieht die Eingezogenheit viel Wohlgefallen nach sich und erwirbt uns viel Gnade bei unserem Gott. Gereichte nicht sie dem Zöllner, der nicht einmal seine Augen zum Himmel aufzuschlagen wagte, zur Auszeichnung und Empfehlung. Er geht nach dem Urteil des Herrn gerechtfertigter weg als der Pharisäer, den seine Anmaßung so widerlich machte107. So laßt uns denn, wie Petrus mahnt, „in der Unversehrtheit eines stillen und bescheidenen Geistes beten, der vor Gott reich ist!“108 Etwas Großes muß es also um die Bescheidenheit sein, die sogar, des eigenen Rechtes lieber entsagend, sich nichts anmaßt, nichts aneignet, und mehr auf sich selbst sich beschränkend „vor Gott reich ist“, vor dem niemand reich ist109. Reich ist die Bescheidenheit, weil sie Gottes Anteil ist. Auch Paulus gebot, das Gebet in Eingezogenheit und Nüchternheit zu verrichten110. Diese Eingezogenheit wünscht er an erster Stelle und gleichsam als die Vorläuferin des nachfolgenden Gebetes, daß es nicht eines Sünders ruhmrediges Gebet werde, sondern ein Gebet, das gleichsam in die Farbe errötender Scham gehüllt, um so reichlichere Gnade verdient, je größere Beschämung es beim Gedanken an die Sünde auslöst.

      71. Ebenso ist auch in Bewegung, Haltung und Gang Sittsamkeit zu beobachten111. Denn in der Haltung des Körpers verrät sich der Zustand des Geistes. Danach hält man den „verborgenen Menschen unseres Herzens“112 entweder für mehr leichtfertig oder prahlerisch oder ungestüm, oder aber für mehr ernst, beständig, lauter und reif. Durch die Körperbewegung spricht also gleichsam die Stimme des Geistes.

      72. Ihr erinnert euch, meine Söhne, an einen Freund, der, obschon er sich durch fleißige Dienstverrichtungen zu empfehlen schien, nur allein darum von mir nicht in den Klerus aufgenommen wurde, weil seine Haltung so unziemlich war; wie ich ebenso einem anderen, als ich ihn unter dem Klerus entdeckt hatte, verbot, je einmal an mir vorüberzugehen, weil sein kecker Gang mein Auge verletzte. Und zwar sagte ich ihm das, als er nach einer Verfehlung von neuem in sein Amt eingesetzt wurde. Diese einzige Ausstellung machte ich, und das Urteil trog nicht; denn beide Kleriker fielen von der Kirche ab. Sie entpuppten sich in ihrer inneren Nichtsnutzigkeit als das, als was sie bereits das äußere Auftreten verriet. Der eine nämlich verleugnete in der Zeit der arianischen Verfolgung den Glauben; der andere sagte sich aus Geldgier von uns los, um nicht dem priesterlichen Gerichte zu verfallen. Ihr Gang spiegelte das Bild der Leichtfertigkeit, sozusagen das Bild von herumziehenden Possenreißern.

      73. Es gibt auch solche, die zu gemächlich einhergehen113, dabei wie Gaukler sich gebärden114 und gleichsam die Tragbahren auf den Umzügen115 und die Bewegungen der wackelnden Statuen nachahmen. Sie scheinen bei jedem Schritt, den sie tun, eine Art Rhythmus einhalten zu wollen.

      74. Auch das Laufen halte ich nicht für anständig116, außer wenn irgendeine begründete Gefahr oder gerechte Notwendigkeit es erfordert. Wir sehen so manchmal Leute außer Atem dahineilen und das Gesicht verzerren. Fehlt ihnen der Grund zu einer notwendigen Eile, liegt darin ein Mangel, an dem man sich mit Recht stößt. Aber nicht von denen rede ich, für die sich mit Grund ein seltener Anlaß zur Eile ergibt, sondern denen ständige und fortwährende Hast zur Natur geworden ist. Ich kann weder an jenen ersteren es billigen, wenn sie wie Götzenbilder auftreten, noch an letzteren, wenn sie sich überstürzen, als hätte man sie fortgejagt.

      75. Es gibt auch einen löblichen Gang. Er muß in der äußeren Haltung Würde und gemessenen Ernst und ruhigen Schritt wahren, doch so, daß Absichtlichkeit und Gesuchtheit unterbleibt, die Bewegung vielmehr natürlich und schlicht ist117; denn kein Falsch gefällt, natürlich sei die Bewegung! Haftet wirklich der Natur ein Fehler an, mag natürliche Geschicklichkeit ihn beseitigen; Künstelei sei ausgeschlossen, nicht Abhilfe.

      76. Wenn schon diese Dinge von einem höheren Gesichtspunkt sich ins Auge fassen lassen, wieviel mehr hat man sich zu hüten, daß dem Munde nichts Schändliches entschlüpft? Das wäre eine schwere Verunreinigung des Menschen. Denn nicht die Speise verunreinigt, sondern ungerechte Schmährede, unlautere Worte118. Das gereicht schon dem gewöhnlichen Mann zur Schande. In unserem Amte aber könnte kein unanständiges Wort fallen, das nicht die Sittsamkeit verletzen würde. Und wir dürfen nicht bloß selbst nichts Unziemliches sprechen, sondern derartigen Worten auch nicht unser Ohr leihen, wie Joseph sein Kleid zurückließ und floh, um nichts zu hören, was sich für seine Schamhaftigkeit nicht schickte119. Wer nämlich vergnüglich zuhört, reizt den anderen zum Reden.

      77. Schon der Gedanke an etwas Schändliches macht tief erröten. Welchen Schauder aber löst nicht der Anblick aus, wenn einem zufällig etwas Derartiges begegnet!120 Was nun an anderen mißfällt, kann etwa das an sich selbst Gefallen erwecken? Belehrt uns nicht die Natur selbst darüber? Wohl ließ sie sämtlichen Körperteilen an uns eine volle Entwicklung angedeihen, um sowohl den Bedürfnissen Rechnung zu tragen, wie für zierliche Anmut zu sorgen. Jene indes, die einen lieblichen Anblick gewähren, in denen wie auf ragender Burg der Gipfel der Schönheit, die Lieblichkeit der Gestalt und der Reiz des Antlitzes aufleuchten, die rascher zu praktischem Gebrauch bereitstehen sollten, ließ sie frei und bloß. Jenen hingegen, die nur einem natürlichen Bedürfnisse dienen sollten, wies sie teils, um nicht einen abstoßenden Anblick zu gewähren, am Leibe selbst eine abgelegene und verborgene Stelle an, teils gab sie Anleitung und Anregung, dieselben zu verhüllen121.

      78. Ist also nicht die Natur selbst

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