Von den Pflichten der Kirchendiener. Ambrosius von Mailand
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79. So errötet denn auch die Schamhaftigkeit vor einer zufälligen Entblößung dieser Glieder; absichtliche Entblößung gilt für unschamhaft. Noës Sohn Cham zog sich eben darum Ungnade zu, weil er beim Anblick des entblößten Vaters lachte; die Söhne aber, die den Vater zudeckten, empfingen das Gnadengeschenk des Segens127. Es war daher auch alte Sitte sowohl in der Stadt Rom wie in den meisten sonstigen Städten, daß erwachsene Söhne nicht gemeinsam mit ihren Vätern, oder Schwiegersöhne mit ihren Schwiegervätern baden durften128, damit die väterliche Autorität und Achtung nicht darunter litte. Übrigens bedeckt man sich zumeist auch im Bade nach Tunlichkeit, damit nicht einmal hier, wo der ganze Körper entblößt ist, ein solcher Teil unbedeckt bleibe.
80. Auch die Priester erhielten nach alter Sitte Beinkleider, wie wir es im Buche Exodus lesen. So erging an Moses das Wort vom Herrn: „Und du sollst ihnen linnene Beinkleider machen lassen, um die Blöße ihrer Scham zu bedecken. Von den Lenden bis zu den Schenkeln sollen sie reichen. Und Aaron und seine Söhne sollen sie tragen, so oft sie in das Zelt des Zeugnisses eintreten und so oft sie zum Altare hintreten werden zu opfern; und sie sollen sich nicht mit Sünde bedecken, um nicht zu sterben“129. Manche von uns sollen das auch jetzt noch beobachten; meist legt man es aber im geistigen Sinn aus und glaubt, der Ausspruch beziehe sich auf die Behütung der Schamhaftigkeit und die Wahrung der Keuschheit.
XIX. Kapitel
Von der Sittsamkeit: Sie schickt sich für jedes Alter, am meisten für das jugendliche (81—82). Ihr Verhältnis zur leiblichen Schönheit (83). Sie muß in Stimme und Haltung etwas Männliches wahren, von Weichlichkeit und Derbheit sich gleich weit entfernt halten (84).
81. Es hat mir Vergnügen gemacht, etwas länger bei den Funktionen der Sittsamkeit zu verweilen, weil ich zu euch redete, die ihr entweder ihr Gutes aus eigener Erfahrung kennt, oder von ihrem Verluste nichts wißt. Sie ist jedem Alter, jeder Person, Zeit und Örtlichkeit angemessen, schickt sich aber am meisten für die Heranwachsenden und Jugendlichen.
82. Bei jedem Alter ist darauf zu achten, daß man tut, was sich ziemt, und daß die Lebensordnung im Einklang und in Übereinstimmung mit sich selbst bleibt. Daher hält Tullius dafür, es müsse auch im Schicklichen Ordnung gewahrt werden, und behauptet, es liege „in der Anmut, Anordnung und Zierlichkeit, die einer Handlung entsprechen“, Dingen, die sich mit Worten, wie er beifügt, schwerlich darlegen lassen; es genüge darum, daß man sie fühle130.
83. Warum er gerade die leibliche Schönheit anführte, verstehe ich nicht; übrigens gilt sein Lob auch den Kräften des Leibes131. Wir verlegen jedenfalls die Tugend nicht in die Körperschönheit. Wir schließen freilich deren Anmut nicht aus, weil die Sittsamkeit gerade auch das Antlitz mit Schamröte zu bedecken und reizender zu machen pflegt. Wie nämlich des Künstlers Schaffen in der Regel an einem geschmeidigeren Stoff besser hervortritt, so leuchtet auch die Sittsamkeit gerade aus der leiblichen Anmut mit erhöhtem Glanze hervor. Doch soll auch die leibliche Schönheit nichts Gekünsteltes, sondern etwas Natürliches sein: einfach, eher vernachlässigt denn gesucht, nicht in kostbare und glänzende Gewänder gehüllt, um ihr nachzuhelfen, sondern in gewöhnliche, so daß der Ehrbarkeit oder dem Bedürfnis kein Eintrag geschieht, die natürliche Anmut ohne künstliche Zutat bleibt.
84. Selbst die Stimme soll nicht weichlich, nicht gebrochen sein, nicht weibisch klingen, wie es sich viele unter dem Schein des Würdevollen angewöhnt haben; sie soll vielmehr in Ausdruck, Modulierung und Kraft etwas Männliches wahren. Das heißt eine schöne Lebensweise einhalten: sich so geben, wie es seinem Geschlecht und seiner Person ziemt. Das ist die beste Handlungsweise, das die rechte Zier für jedes Tun. Doch wie ich nichts Weichliches und Schwächliches im Ton der Stimme und in der Körperhaltung billigen kann, so auch nichts Rohes und Bäuerisches132. Ahmen wir die Natur nach! Ihr Bild spiegelt die Norm der Zucht, die Norm der Ehrbarkeit wider.
XX. Kapitel
Von der Sittsamkeit: Sie flieht die Gesellschaft der Genußmenschen (85). Kleriker sollen Gastmähler der Laien (86), Besuche bei Witwen und Jungfrauen meiden (87), ihre freie Zeit lieber auf Schriftlesung und fromme Übungen verwenden (88—89).
85. Die Sittsamkeit hat freilich auch ihre Klippen, nicht solche, die sie selbst mit sich führt, sondern in die sie hineingerät, wenn wir in die Gesellschaft ausschweifender Menschen fallen, die unter dem Schein der Lustbarkeit Gift in die Guten träufeln. Sind sie ständig um einen, insbesonders bei Mahl, Spiel und Scherz, entnerven sie den männlichen Ernst. Hüten wir uns darum, daß wir nicht, während wir geistige Abspannung suchen, die ganze Harmonie, sozusagen den Einklang unseres guten Handels und Wandels zerstören! Denn Gewohnheit verkehrt rasch die Natur.
86. Es entspricht sonach, wie ich glaube, einem klugen kirchlichen Wandel, wie insbesonders dem Dienste von Kirchendienern, daß ihr die Gastmähler von Laien meidet, sei es um selbst Gastfreundschaft gegen Fremde zu üben, sei es um durch solche Vorsicht nicht schlimmer Nachrede Raum zu geben. Machen doch auch Gastmähler von Laien ihre Ansprüche. Sodann verraten sie auch Genußsucht. Oft laufen auch Possen mitunter, welche die Welt und ihre Lustbarkeiten zum Gegenstand haben. [:] Die Ohren kann man nicht schließen,[;] sie verbieten gälte für [gelten als] Anmaßung. Auch mehr Becher, als man wünscht, laufen unter [machen die Runde]. Besser ist es, einmal im eigenen, als wiederholt im fremden Hause Entschuldigung stammeln zu müssen und seinerseits nüchtern aufstehen zu können. Gleichwohl dürfte man wegen der Ausgelassenheit anderer deine Beteiligung noch nicht verurteilen.
87. Besuche jüngerer Kirchendiener in den Häusern von Witwen und Jungfrauen sind unstatthaft, außer zum Zwecke einer Visitation, und auch da nur im Beisein von Älteren, d. i. des Bischofs oder, wenn ein wichtigerer (Verhinderungs-) Grund vorhanden ist, von Presbytern. Was tut es not, Weltleuten Anlaß zu übler Nachrede zu geben? Was brauchen jene häufigen Besuche auch noch den Charakter von Amtsbesuchen annehmen? Wie, wenn eine von jenen Personen etwa fallen sollte? Was willst du das Odiose fremden Falles auf dich nehmen? Wie viele, selbst starke Männer hat die verlockende Gelegenheit schon verführt! Wie viele haben zwar nicht der Verirrung, aber dem Verdacht Raum gegeben!
88. Warum willst du nicht die Zeit, die dir vom Kirchendienst erübrigt, auf die (Schrift-) Lesung verwenden? Warum nicht Christus besuchen, mit Christus sprechen, Christus hören? Mit ihm sprechen wir, wenn wir beten; ihn hören wir, wenn wir die göttlichen Aussprüche lesen. Was haben wir in fremden Häusern zu suchen? Ein Haus gibt es, das alle aufnimmt. Jene sollen lieber zu uns kommen, wenn sie