Von den Pflichten der Kirchendiener. Ambrosius von Mailand
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48. Nach dieser Darlegung erachte ich es für leicht, die übrigen Einwände zu widerlegen: zunächst die Behauptung derer, die glauben, Gott kümmere sich keineswegs um die Welt. So behauptet Aristoteles, seine Vorsehung reiche nur bis zum Monde79. Aber welcher Meister vergäße der Sorge um sein Werk? Wer ließe das, was er selbst ins Dasein setzen zu sollen glaubte, im Stiche und gäbe es preis? Wenn Regieren ein Unrecht ist, liegt nicht im Erschaffen ein noch größeres Unrecht? Würde doch, so wenig das Nichterschaffen ungerecht ist, im Nichtsorgen die größte Grausamkeit liegen.
49. Gott, seinen Schöpfer, verleugnen, oder aber sich selbst zu den Tieren und Bestien rechnen: was sollen wir zu solchen Leuten sagen, die sich selbst so unrecht tun und verurteilen? Sie behaupten selbst, Gott durchdringe alles und auf seiner Kraft beruhe alles, seine Macht und Größe durchdringe alle Elemente, Erde, Himmel und Meere: und wenn er den Geist des Menschen, das Erhabenste, was er uns verliehen hat, durchdringt und mit dem Wissen seiner göttlichen Majestät darin eindringt, so rechnen sie ihm das als ein Unrecht an.
50. Indes spotten die Philosophen selbst, soweit sie als nüchtern gelten, über den Lehrer solcher Leute (Epikur) als einen Trunkenbold und Anwalt der Lust. Was soll ich aber von der Meinung des Aristoteles sagen, der glaubt, Gott bescheide sich in die ihm gezogenen Grenzen und friste sein Dasein innerhalb eines abgesteckten Reiches gemäß jener Fabeldichtungen, wonach drei Herrscher in der Weise in die Welt sich teilten, daß dem einen der Himmel, dem anderen das Meer, dem dritten die Unterwelt durch das Los zur Beherrschung zufiel; und wonach sie sich hüteten, um fremde Gebietsteile sich zu kümmern und so Krieg unter sich heraufzubeschwören? Ähnlich, so behauptet er, kümmert sich auch Gott nicht um die Erde, wie er sich auch um das Meer oder die Unterwelt nicht kümmert. Wie wollen sie denn die Dichter ablehnen80, denen sie folgen?
XIV. Kapitel
Von der göttlichen Vorsehung: Gottes Allwissenheit leugnen die Weltweisen vergeblich (51). Schon das Alte Testament nimmt Stellung gegen letztere (52). Schriftbeweis (53). Hinter der Leugnung birgt sich sündhaftes Tun (54). Auch die Sonne bietet einen Kongruenzbeweis (55—56).
51. Nun der weitere Einwand, ob nicht Gott, wenn nicht die Sorge, so doch das Wissen um seine Schöpfung abgehe? Er also, „der das Ohr gepflanzt, soll nicht hören, und der das Auge gebildet, nicht sehen“81, nicht schauen!
52. Dieses Hirngespinst entging den heiligen Propheten nicht. So führt denn schon David solche Leute redend ein, wobei er sie der Aufgeblasenheit vor Hochmut bezichtet. Was wäre denn auch, nachdem sie selbst doch unter der Sünde schmachten, so dünkelhaft als ihr Unwille darüber, daß andere Sünder am Leben sind, indem sie in die Klage ausbrechen: „Wie lange, Herr, werden die Sünder sich noch brüsten?“82 Und im Folgenden: „Und sie sprachen: Nicht wird der Herr es sehen und nicht merken der Gott Jakobs“83. Darauf nun antwortet ihnen der Prophet: „Kommt jetzt zur Einsicht, ihr Unverständigen im Volke, und endlich zur Vernunft, ihr Toren! Der das Ohr gepflanzt, hört nicht, und der das Auge gebildet, sieht nicht? Der die Völker züchtigt, soll nicht strafen: er, der den Menschen das Wissen lehrt? Der Herr kennt die Gedanken der Menschen, daß sie eitel sind“84. Er, der alles Eitle gewahrt, soll über das Heilige in Unwissenheit sein und, was er selbst geschaffen hat, nicht kennen? Kann ein Künstler in Unwissenheit über sein Werk sein? Nur ein Mensch ist er und versteht die heimlichen Dinge an seinem Werke: und Gott soll sein Werk nicht kennen? Ist das Werk abgrundtiefer als der Meister? Und hat er etwas geschaffen, was an Erhabenheit ihn übertrifft? dessen Verdienst der Schöpfer nicht kennt? dessen Gesinnung der Richter nicht weiß? Soviel wider jene.
53. Im übrigen genügt uns das Zeugnis eben dessen, der beteuerte: „Ich bin es, der Herzen und Nieren durchforscht“85. Und im Evangelium spricht der Herr Jesus: „Was denkt ihr Böses in eurem Herzen?“86 Er wußte nämlich, daß sie Böses dachten. Das beteuert denn auch der Evangelist mit den Worten: „Es wußte nämlich Jesus ihre Gedanken“87.
54. Die Ansicht dieser Leute kann nicht viel Eindruck machen, wenn wir ihr Tun ins Auge fassen. Sie wollen über sich keinen Richter haben, dem nichts entgeht. Sie wollen ihm keine Kenntnis des Verborgenen einräumen, weil sie sich vor der Aufdeckung ihres verborgenen Treibens fürchten. Und doch, der Herr kennt ihre Werke und überantwortet sie der Finsternis: „In der Nacht“, heißt es, „wird der Dieb sich einfinden, und das Auge des Ehebrechers wird die Finsternis abwarten und sprechen: mich wird kein Auge sehen. Er sorgte vor, daß seine Person verborgen bleibe“88. Denn jeder, der das Licht flieht, liebt die Finsternis; er bestrebt sich, verborgen zu bleiben. Und doch kann er Gott nicht verborgen bleiben, der in der Tiefe des Abgrundes und im Geiste des Menschen nicht bloß das Gewordene, sondern auch das Werdende erkennt. So trifft es denn auch bei jenem (Ehebrecher) zu, der im Ekklesiastikus [= Sirach] spricht: „Wer sieht mich? Sowohl die Finsternis wie die Wände decken mich: wen brauche ich fürchten?“89 Wiewohl er in seinem Bette liegend solches denkt, wird er, wo er es nicht vermutete, beobachtet. „Und er wird zuschanden werden“, heißt es, „weil er nicht wußte, was Furcht Gottes ist“90.
55. Was aber wäre so einfältig als glauben, Gott könne etwas entgehen, da selbst die Sonne, die Spenderin des Lichtes, ihren Strahl ins Verborgene senkt und die Kraft ihrer Wärme auf den Grund, oder in die geheimen Gemächer eines Hauses dringt? Wer möchte leugnen, daß die milde Frühlingsluft das Innere der Erde erwärmt, die des Winters Eis in Fessel geschlagen hat? Man kennt die verborgene Gewalt, welche Wärme und Kälte in den Bäumen äußern, so groß, daß deren Wurzeln entweder vor Kälte ersterben oder unter dem belebenden Hauch der Sonne zu treiben anfangen. Wo milder Himmel lacht, da ergießt sich denn auch die Erde in mannigfaltigen Fruchtsegen.
56. Wenn nun der Sonnenstrahl sein Licht über die ganze Erde ausgießt und in verschlossene Räume dringt und selbst durch eiserne Riegel oder schwere Türbalken sich nicht am Eindringen hindern läßt, wie sollte Gottes unsichtbarer Lichtglanz nicht den Weg in des Menschen Sinn und Herz sich bahnen können, die er erschaffen hat? Wie sollte er vielmehr sein eigenes Werk nicht schauen und bewirkt haben, daß die Geschöpfe besser sind und mehr vermögen als er selbst, ihr Schöpfer, so daß sie sich nach Belieben der Kenntnis ihres Schöpfers entziehen können? Eine so fabelhafte Kraft und Macht soll er unserem Geiste eingesenkt haben, daß er, selbst wenn er wollte, sie nicht mehr zu beherrschen vermag?
XV. Kapitel
Von der göttlichen Vorsehung: Die Leugner einer ausgleichenden Gerechtigkeit im Jenseits straft die Parabel vom armen Lazarus (57) und die Lehre des hl. Paulus Lügen. Gott straft und lohnt einstens nach Verdienst (58).
57. Zwei Punkte haben wir erledigt, und nicht ungelegen kam uns, wie wir glauben, diese Erörterung. Noch erübrigt eine dritte Frage dieser Art: Warum haben Sünder Überfluß an Schätzen und Reichtümern, zechen in einemfort sonder Kummer, sonder Trauer, während