Von den Pflichten der Kirchendiener. Ambrosius von Mailand

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Von den Pflichten der Kirchendiener - Ambrosius von Mailand Die Schriften der Kirchenväter

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kennen; in der Reihenfolge geht freilich das Reden dem Handeln voraus. Die Rede nun wird zweifach eingeteilt: in das gewöhnliche Gespräch und die (förmliche) Abhandlung und Untersuchung über den Glauben und die Gerechtigkeit151. In beiden ist darauf zu achten, daß man alles Aufregende meide, die Rede vielmehr sanft und gefällig, voll Wohlwollen und Liebenswürdigkeit und ohne jede beleidigende Äußerung geführt werde. Im gewöhnlichen Gespräche bleibe hartnäckiger Streit ausgeschlossen. Er pflegt mehr eitle Fragen aufzuwirbeln, als irgendeinen Nutzen zu stiften. Die wissenschaftliche Auseinandersetzung sei ohne Leidenschaftlichkeit, ihre Anmut ohne Bitterkeit, ihr Mahnwort ohne Schroffheit, ihre Aufforderung ohne Beleidigung! Und wie wir uns bei jeder Lebensbetätigung davor in acht nehmen sollen, daß nicht eine zu große seelische Erregung uns die Vernunft raube; wie vielmehr die Besinnung das Feld behaupten muß, so geziemt sich auch in der Rede die Norm festzuhalten, keiner Regung des Zornes oder Hasses Raum zu geben, bezw. nichts erscheinen zu lassen, was Leidenschaftlichkeit oder Gleichgültigkeit unsererseits verriete.

      100. So denn sei die Rede, namentlich wenn sie die Hl. Schrift zum Gegenstand hat. Wovon sollen wir denn mehr reden als von einem möglichst guten Wandel, von der Aufforderung zur Gesetzesbeobachtung, von der Einhaltung sittlicher Zucht? Gleich ihr Anfang trage den Stempel des Vernünftigen, ihr Ende halte Maß! Eine zum Ekel langweilige Rede erregt Unwillen. Wie unschicklich aber, wenn sie den widerlichen Eindruck des Abstoßenden macht, nachdem schon jedes gewöhnliche Gespräch in wachsendem Maße immer anziehender zu werden pflegt!

      101. Auch soll die Behandlung der Glaubenslehre, der Unterweisung in der Enthaltsamkeit, der Einführung in die Gerechtigkeit und der Aufmunterung zur Gewissenhaftigkeit nicht immer die gleiche sein, sondern je nach der Schriftlesung von uns in Angriff genommen und nach Kräften durchgeführt werden. Sie soll weder zu lange fortgesetzt, noch zu rasch abgebrochen werden, daß sie einerseits nicht Überdruß zurücklasse, anderseits nicht Bequemlichkeit und Gleichgültigkeit verrate. Die Rede sei natürlich, einfach, klar und verständlich, voll Ernst und Nachdruck, nicht von gesuchter Ziererei, aber auch nicht ohne Anmut.

      XXIII. Kapitel

      

       Vom Schicklichen im Reden: Scherz ist in der kirchlichen Rede (102), in der Regel selbst in Plaudereien zu meiden (103). Ein einfaches Organ mit deutlicher Aussprache genügt für den Redner (104).

      102. Weltliche Autoren geben überdies noch viele Vorschriften über die Redeweise, die wir meines Erachtens übergehen dürfen. So über die Scherzrede152. Sind nämlich Scherze dann und wann auch schicklich und köstlich, vertragen sie sich doch nicht mit der Kirchenregel. Wie könnten wir denn auch Dinge in den Mund nehmen, die wir in der Schrift nicht finden?

      103. Selbst bei Plaudereien sind sie zu meiden, damit sie nicht ein ernsteres Gesprächsthema seiner Würde entkleiden. „Wehe euch, die ihr lacht! Ihr werdet weinen“153, warnt der Herr. Und wir wollten nach einem Stoff zum Lachen fahnden, um hier zu lachen, dort zu weinen? Nicht bloß lose, sondern alle Scherze überhaupt, meine ich, sollten vermieden werden, außer es wäre ein Vollmaß des Köstlichen und Anmutigen in der Rede nicht unschicklich.

      104. Was soll ich denn von der Stimme sagen?154 Meiner Ansicht nach genügt ein einfaches und reines Organ. Der Wohlklang der Stimme ist eine Naturgabe, nicht eine Errungenschaft. Durch die Art des Vortrags soll sie freilich deutlich und voll männlicher Kraft werden. Den derben und bäuerlichen Ton meide sie! Nicht den theatralischen Rhythmus schlage sie künstlich an, sondern den kirchlichen wahre sie!

      XXIV. Kapitel

      

       Vom Schicklichen im Handeln: Drei Forderungen schließt es in sich (105—106). Vollendete Vorbilder: Abraham (107—110), Jakob (111), Joseph (112), Job (113), David (114). Die vier Kardinaltugenden (115).

      105. Über die Art zu sprechen, meine ich, ist genug gesagt worden. Jetzt wollen wir erwägen, was sich für das Handeln im Leben geziemt. Auf diesem Gebiete sind nun augenscheinlich drei Stücke zu beachten155. Fürs erste darf die Begierde der Vernunft nicht widerstreiten. Nur so können unsere Diensthandlungen mit dem Schicklichen übereinstimmen. Folgt nämlich die Begierlichkeit der Vernunft, läßt sich in allen Verrichtungen das Schickliche wahren. Zweitens soll es nicht den Anschein gewinnen, als wäre unser Eifer größer oder kleiner, als es die Sache verdient, die man unternimmt; als hätten wir eine belanglose Sache mit großem Eifer aufgegriffen, oder aber eine wichtige mit geringerem Eifer abgetan. Drittens, glaube ich, sollten wir uns nicht über das rechte Maß in unserem Streben und Handeln, desgleichen nicht über die Ordnung in den Dingen und den rechten Zeitpunkt hinwegsetzen.

      106. Doch die Grundlage von allem bildet jene erste Forderung, daß die Begierde der Vernunft sich unterordne156. Die zweite und dritte verlangt das gleiche, d. i. in beiden Fällen das Maßhalten. Die Erwägung über jenes vornehme Äußere, das für Schönheit gilt, sowie über das würdevolle Auftreten fällt nämlich bei uns weg. Es folgt sofort jene über die Ordnung in den Dingen und den rechten Zeitpunkt157. Und so verbleiben denn damit drei Stücke, von denen wir sehen wollen, ob wir sie in vollendetem Maß an irgendeinem Heiligen aufzeigen können.

      107. Ward nicht fürs erste gerade jener Vater Abraham, der zur Belehrung der künftigen Nachkommenschaft seine Anleitung und Unterweisung erhielt, auf den Befehl, aus seinem Lande und aus seiner Verwandtschaft und aus seinem Vaterhause fortzuziehen, durch mehrfache Pietätsgefühle wie mit Fesseln zurückgehalten, und zwang er nicht dennoch sein Begehren zu gehorsamer Unterordnung unter die Vernunft?158 Wer würde denn nicht mit Lust und Freude an seinem Lande, an seiner Verwandtschaft, desgleichen am eigenen Hause hängen? Auch ihn nun wandelte die süße Freude an den Seinigen an, doch mehr noch bestimmte ihn der Gedanke an den himmlischen Befehl und die ewige Vergeltung. Sah er nicht, wie seine für Strapazen so schwächliche, für Kränkungen so zartfühlende, für Wüstlinge so reizende Gattin nicht ohne die größte Gefahr mitgeführt werden konnte? Und dennoch hielt er es für geratener, sich allem zu unterziehen, statt Entschuldigungen vorzubringen. Als er sodann nach Ägypten hinabzog, riet er derselben, sich als seine Schwester, nicht als seine Frau auszugeben.

      108. Beachte, wie stark die Regungen des Begehrungsvermögens waren! Er fürchtete für der Gattin Reinheit, fürchtete für sein eigenes Leben, mißtraute der Lüsternheit der Ägypter: und dennoch wog bei ihm der Gedanke an die religiöse Pflichterfüllung vor. Er beherzigte nämlich, wie er sich mit Gottes Gnade überall sicher fühlen, mit des Herrn Ungnade aber auch zu Hause nicht heil bleiben könne. So obsiegte also die Vernunft über das Begehren und machte es sich unterwürfig.

      109. Die Gefangennahme seines Neffens machte ihn nicht bangen, die Völker so vieler Könige beirrten ihn nicht: er greift wiederholt zu den Waffen. Als Sieger verzichtete er auf einen Anteil an der Beute, deren Eroberer er war159. Als ihm ferner ein Sohn verheißen wurde, schenkte er, obschon er seinen erstorbenen Leib entkräftet, seine Gattin unfruchtbar und hochbetagt sah, wider die Stimme der natürlichen Erfahrung Gott Glauben160.

      110. Beachte, wie alle Bedingungen eingelöst waren! Es fehlte nicht an der Regung des Begehrungsvermögens, aber sie wurde unterdrückt. Jenes Gleichmaß im Handeln war vorhanden, das weder Wichtiges für gering, noch Geringeres für wichtig hält, ferner das rechte Maßhalten im Tun, die Ordnung in den Dingen, die Einhaltung der rechten Zeit, die Abwägung der Worte. Ein Mann — im Glauben der erste, in der Gerechtigkeit allen voran, im Kampfe ausdauernd, im Siege nicht beutegierig, zu Hause gastfreundlich und treubesorgt um die Gattin.

      111. Ebenso freute sich sein Enkel Jakob zu Hause eines ruhigen Lebens. Doch die Mutter wollte, daß er in die Fremde ziehe, um dem erzürnten Bruder auszuweichen161.

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