Crazy Love. Eva Kah

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Crazy Love - Eva Kah Crazy Love

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gestrichen und erinnerten stark an Disneys Version von Schloss Neuschwanstein. Im Hintergrund tummelten sich glänzende schwarze Rennpferde mit wehenden Mähnen, fleißige Gärtner oder schneeweiße Kamele, je nach Situation. Stark geschminkte Frauen in sehr knappen Designerklamotten (so sahen die also aus, wenn sie gerade kein Zelt tragen mussten) tranken Champagner neben Flachbildschirmen, die man zur Not auch als Esstisch für Ali Baba und die vierzig Räuber verwenden konnte. Auf den Fotos war immer prächtiges Wetter. Alle lachten glücklich, sogar die weiß gekleideten Dienstmädchen, deren Uniform frappierend an unsere Schwesternkittel erinnerte. Zwischen Palmen und Golf spielenden Kindern ging spektakulär die Sonne unter.

      Heiliger heißer Wüstensand! Das hätte auch meinem Hamster bestimmt gut gefallen, angeblich kommen doch Hamster da her. Mich machte nur misstrauisch, dass mir die Gute kein einziges Foto von ihrem Sohn zeigte. Es hatte wohl seine Gründe, dass der „sehr nette Mann“ in seinem Heimatland noch keine abgekriegt hatte.

      Als ich mich von der El-Fayyad verabschiedet hatte und in der Umkleide meinen Kittel auszog, war ich immer noch ganz verzaubert. Goldene Wasserhähne schwirrten mir durch den Kopf, hundert Paar Manolo-Blahnik-Schuhe und ein turnhallengroßes Freilauf-Paradies für meinen Hamster. Aber erstens dürfen wir Schwestern mit Patienten nichts Privates anfangen, und außerdem hätte ich das alles lieber noch einmal aus einem ganz anderen Mund gehört. Aus dem Mund meines Dauerfreundes Max. You are such a lovely girl, we should marry. I want you to be my lovely little wife. Go shopping. Let’s have some nice little babies, eh?

      Max Emanuel Herzog, mit dem ich seit der zehnten Klasse zusammen bin und den ich in Momenten von ausgeprägtem Ego – seinem ausgeprägten Ego – scherzhaft „Max der Erste“ nenne, ist Schauspieler. Kein wahnsinnig erfolgreicher bisher, aber trotzdem Schauspieler mit Herz und Seele. Im Alltagsleben merkt man das an seiner Vorliebe für das Überdramatisieren ganz undramatischer Situationen („Schatz, hast du etwa schon wieder meine neuen schwarzen Socken bei sechzig Grad gewaschen?! Du weißt doch, dann werden die so schnell anthrazitfarben!!! Guck doch, das ist jetzt gar kein richtig echtes Schwarz mehr! Nein, das sieht jeder Idiot, das bilde ich mir nicht ein! Ich STERBE, wenn ich morgen nicht in richtig echt schwarzen Socken zu diesem Casting gehen kann!! Ich werde keinen Ton herausbringen. Keinen einzigen. Ja, ich bin ein NICHTS in anthrazitfarbenen Socken, da fehlt die ganze Essenz und Tiefe des menschlichen Daseins. Ich werde versagen, versagen, versagen in diesen Socken. Untergehen. Und DU bist schuld!“).

      Wie vermutlich alle Schauspieler liebt Max Worte. Jedenfalls, wenn sie aus seinem Mund kommen. Auf Höflichkeitsfloskeln erstreckt sich diese Liebe allerdings nicht. Als ich die Wohnungstür aufsperrte, erschallte auf mein fröhliches „Hallo Max, ich bin wieder da!“ – nichts. Wie immer. Allerhöchstens erhalte ich mal ein Brummen zur Antwort. Aber ich bin das gewohnt. Stattdessen freute ich mich einfach, wieder zuhause zu sein. Nach sechs arbeitsintensiven Frühschichten hintereinander lagen nun vier freie Tage vor mir, und das würde diesmal besonders schön werden. Erstens waren die vier Tage genau an einem Wochenende und zweitens würde Max am Sonntag Geburtstag haben, wozu ich ihn mit einer dicken Party überraschen wollte.

      Vorher allerdings knurrte mein Magen, und ich wollte nicht hungrig in das schöne verlängerte Wochenende starten. Ich guckte in Igor, den Kühlschrank – ich nenne ihn Igor, weil das ein Name ist, der aus der Kälte kommt – nichts außer einem halben Glas Essiggurken und einer uralten Flasche Barbecuesauce, die wir noch nicht wegzuwerfen gewagt hatten.

      Ich beging den Fehler laut festzustellen, dass da wohl mal wieder jemand das Einkaufen vergessen hätte. Nicht unfreundlich sagte ich das, nur laut genug für Max. Es war sowieso erstaunlich, dass er mich hörte, weil er mal wieder seine superstylishen neongrünen Kopfhörer trug und im Wohnzimmer Tanzschritte übte. Gerade versuchte er erfolglos, sein linkes Bein um das rechte herumzuwickeln. Zumindest sah es für mich so aus. Seit er von einem Bekannten gehört hatte, irgendein großer Produzent wolle demnächst eine amerikanische Street Dance-Reihe auf Deutsch neu verfilmen, war er besessen von der Idee, seine Karrierechancen mit Breakdance- und Hip-Hop-Elementen immens beflügeln zu können.

      Max hörte auf, seinen linken Fuß schwungvoll um die rechte Wade schlingen zu wollen. Dann nahm er die Kopfhörer ab und schüttelte sein wildes Blondhaar, das er alle sechs Wochen beim zweitteuersten Friseur der Stadt machen lässt. Er murrte: „Bin ich hier nur der Hausmann oder was? Hab’ Besseres zu tun als Einkaufen.“

      Nicht Hallo, Schatz oder Willkommen in unserem schönen Wochenende oder gar Entschuldigung, dass ich dir alles weggemampft habe. Ich seufzte. Dass ich zwei Stunden vorher einen Heiratsantrag aus Saudi-Arabien erhalten hatte, verschwieg ich. Ich bin kein Angeber-Typ. Diesen kleinen Triumph wollte ich für mich behalten.

      „Ich geh ja schon. Hätte halt nur gerne eine Kleinigkeit gegessen, bevor ich wieder losziehe. Nicht mal mein Lieblingsmüsli hast du mir übrig gelassen. Du warst übrigens wirklich schon sehr lange nicht mehr einkaufen.“

      „Du mit deinem nachtragenden Elefantengedächtnis. Mein Leben gehört der Kunst. Ich hab keine Zeit für so einen Kleinscheiß, Icki!“

      Da packte mich nun doch ein klein wenig die Wut. Ich hatte einen – tierisch schlauchenden – Vollzeitjob, zahlte unsere Miete praktisch alleine und erledigte nebenher den kompletten Haushalt für ihn mit, und dafür musste ich mich noch doof anmachen lassen, wenn ich mich geschafft zurück in unsere Höhle geschleppt hatte?! Work, only work, kam mir wieder in den Sinn. A lovely girl like you should not have to work so hard.

      Klar, dass meine folgenden paar Sätze alles andere als überfreundlich ausfielen. So ähnlich wie Und wegen deiner Kunst soll ich von Luft und Wasser leben? und Für dich ist es vielleicht Kleinscheiß, für mich ist es ein Haushalt, und auch Künstler müssen doch mal was essen, verdammt! Aber seine Antwortsätze übertrumpften mich noch. Vermutlich hatte er wieder irgendwelche Tabletten eingeworfen, doch das war keine Entschuldigung.

      „Weißt du, Icki, es gibt Luftmenschen und Erdmenschen. Frag mal, zu welcher Sorte ich gehöre. Und mit deinem Hintern und deinen Waschfrauenhänden eignest du dich halt besser zum Arbeiten als ich, was willst du denn.“

      Max kann eben manchmal ein ganz schönes Egomonster sein. Nichts gegen Schauspieler; aber seitdem ich einige seiner „Freunde“ kenne, nehme ich an, die meisten Schauspieler sind so. Ich verstehe das auch. Um psychisch labile Typen spielen zu können, muss man wohl selbst ein bisschen neben der Spur stehen. Sonst kann man sich ja nicht richtig hinein fühlen in all seine möglichen Rollen. Schon mal was von Klaus Kinski gehört? Genau. Voll einen an der Waffel gehabt, allen Leuten in seinem Umfeld übelst mitgespielt, aber ein genialer Künstler gewesen. Max ist zwar noch nicht ganz auf der Ebene von Kinski angelangt, aber nur was den Erfolg betrifft.

      Ich war richtig beleidigt von dem Kommentar mit den Waschfrauenhänden. Wer sich täglich zwanzig Mal die Pfoten desinfizieren muss, kann halt keine zehn Zentimeter langen Acrylnägel mit French Manicure haben! Aber das sagte ich auch nicht. Wenn ich so richtig beleidigt bin, sage ich eigentlich nie was. Am Ende verschlimmert das die Situation noch. Lieber gehe ich raus und drehe eine Runde auf meinem totgeliebten, rostigen alten Vehikel von einem Fahrrad, das ich Susi nenne.

      „Dann geh halt ich einkaufen“, murmelte ich und schlüpfte schnell aus der Wohnung, bevor Max meine feuchten Augen sehen konnte.

      Als ich zurückkam, probierten wir es mit Versöhnungssex. Das heißt, ich probierte es, denn was Max da eigentlich für eine Nummer abzog, weiß der Teufel. Das war zwar Sex, keine Frage, aber zur Versöhnung nicht besonders gut geeignet.

      Max lungerte in der Küche herum, als wisse er selbst nicht so ganz, was er eigentlich wollte. Er musterte mich von oben bis unten; meine nachlässig zusammengebundenen Haare, meine Bluse mit dem hübschen Muster, die ausgewaschenen Jeans, meine roten Chucks. Ich schwieg und vermied es, ihn anzusehen. Etwas Lauerndes, Animalisches

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