Essentielle Werke des Heiligen Ambrosius von Mailand, Band 2. Ambrosius von Mailand

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Essentielle Werke des Heiligen Ambrosius von Mailand, Band 2 - Ambrosius von Mailand Die Schriften der Kirchenväter

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glaubt, der wird nicht gerichtet.

      Hier bemerken die Gegner, daß derjenige, welcher an Christus glaube, auch sein Wort bewahren müsse nach dem Ausspruche des Herrn: „Ich bin als das Licht in die Welt gekommen, damit Jeder, der an mich glaubt, nicht in der Finsterniß bleibe; wenn aber Jemand meine Worte hört und sie bewahrt, den werde ich nicht richten.“ Er richtet also nicht, und du willst richten. Er sagt: „Damit, wer an mich glaubt, nicht in der Finsterniß bleibt“, d. h. damit er, wenn er in der Finsterniß war, nicht in ihr bleibe, sondern seinen Fehler bessere, seine Schuld gutmache und meine Gebote darnach beachte. Ich habe ja gesagt: „Ich will nicht den Tod des Sünders, sondern seine Bekehrung;“ und ferner: „Wer an mich glaubt, der wird nicht gerichtet.“ Ich halte fest an meinem Worte: „Ich bin nicht in die Welt gekommen als ihr Richter, sondern daß die Welt durch mich selig werde.“ Ich verzeihe gerne, bereitwillig erweise ich mein Erbarmen; ich will ja lieber Barmherzigkeit, als Brandopfer. Durch das Opfer empfiehlt sich der Gerechte; aber durch die Barmherzigkeit wird der Sünder gewonnen; „ich bin ja gekommen, nicht die Gerechten zu berufen, sondern die Sünder.“ Im Gesetze galt das Opfer, im Evangelium gilt Barmherzigkeit; das Gesetz ist durch Moses gegeben, durch mich aber ist die Gnade vermittelt. Kann es nun etwas Deutlicheres geben, als diese Worte?

      Der Herr fährt fort: „Wer mich verachtet und meine Worte nicht annimmt, der hat seinen Richter.“ Scheint dir denn nun, daß derjenige die Worte Christi annimmt, der sich nicht bekehrt? Sicherlich scheint es dir nicht so. Aber wer sich bekehrt, der nimmt das Wort des Herrn an; jenes Wort, nach welchem „ein Jeglicher sich abwenden soll von seiner Schuld.“ Entweder mußt du diesen Ausspruch des Herrn aus seinen Worten tilgen, oder wenn du ihn nicht leugnen kannst, mußt du dich dabei beruhigen.

      Darnach muß also doch auch derjenige wohl die Gebote des Herrn beobachten, der zu sündigen aufhört, der von seinen Vergehungen abläßt. Du darfst somit den Ausspruch Christi nicht so auslegen, als habe er gesagt: „Wer mein Wort allezeit beobachtet hat.“ Hätte der Herr das sagen wollen, so hätte er auch das Wort „allezeit“ hinzugesetzt. Da er das nicht gethan hat, so hat er von dem gesprochen, welcher das, was er gehört hat, auch befolgt. Nun hat dieser gehört, daß er seinen Fehler bessern solle; indem er das that, hat er befolgt, was er gehört hat.

      Wie hart es aber sei, Jemanden zur ständigen (aussichtslosen) Bußübung zu verpflichten, der doch nachher die Gebote des Herrn beachtet, davon mag dich derjenige überzeugen, der selbst den Uebertretern seiner Gebote die Verzeihung nicht verweigert hat. So spricht er: „Wenn sie meine Satzungen entheiligen und meine Gebote nicht halten: so werde ich heimsuchen mit der Ruthe ihre Missethaten und mit Schlägen ihre Sünden; doch meine Barmherzigkeit will ich nicht von ihnen hinwegnehmen.“ Allen verspricht er also Erbarmung.

      Damit diese Erbarmung aber nicht als ohne Unheil und Recht erscheine, so ist ein Unterschied gemacht zwischen denjenigen, welche unausgesetzt den himmlischen Geboten sich gehorsam gezeigt haben und denjenigen, welche zeitweilig, von Irrthum verführt oder durch Zwang veranlaßt, zum Falle gebracht sind. Um dem Vorwurfe, als solle die eigene Beweisführung hier überreden, zu entgehen, möge das Urtheil des Herrn selbst entscheiden. „Jener Knecht“, sagt er, „der den Willen seines Herrn gekannt und doch nicht gethan hat, was er wollte, wird viele Streiche bekommen; der ihn aber nicht gekannt, wird weniger bekommen.“ Beide werden, wenn sie glauben, aufgenommen nach dem Wort des Apostels: „Wen der Herr lieb hat, den züchtigt er; er schlägt jedes Kind, das er aufnimmt.“31 Den er züchtigt, den übergibt er dem Tode nicht, wie geschrieben steht: „Hart gezüchtigt hat mich der Herr, aber dem Tode nicht übergeben.“32

      Cap. 13

      Uebrigens lehrt der Apostel Paulus keineswegs, daß man diejenigen, welche eine Sünde zum Tode begangen haben, schlechtweg im Stich lassen dürfe: vielmehr soll man dieselben durch das Brod, das sie unter Trauer essen, durch den Trank, den sie mit Thränen trinken müssen, zur Umkehr zwingen, immer aber wieder so, daß auch die Traurigkeit das rechte Maß innehalte. Das besagen die Worte des Psalmisten: „Wie lange, Herr, willst du uns tränken mit Thränen im vollen Maße?“ Auch die Traurigkeit soll ihr Maß haben, damit derjenige, welcher Buße thut, nicht in übermäßiger Trauer sich verzehre. So schreibt auch der Apostel an die Korinther: „Was wollet ihr? Soll ich mit der Ruthe zu euch kommen, oder mit Liebe und im Geiste der Sanftmuth?“34 Aber auch die Ruthe ist nicht verderbenbringend; denn der Apostel hatte ja gelesen im Buche der Sprüche: „Schlägst du ihn mit der Ruthe, so wirst du seine Seele von der Hölle befreien.“35

      Was der Apostel unter dem Worte „mit der Ruthe kommen“ versteht, das zeigt der Tadel, den er über die Unlauterkeit ausspricht, die Anklage, die er gegen den Blutschänder erhebt, die scharfe Zurechtweisung, die er dem Stolze derjenigen zu Theil werden läßt, welche sich aufblähen, wo sie billig trauern sollten. Zumeist aber erhellt es aus der Verurtheilung des Schuldigen, der von der heiligen Gemeinschaft ausgeschlossen, dessen Seele dem Widersacher übergeben wurde, zum Verderben nicht des Geistes, sondern des Fleisches. Denn wie der Herr dem Satan nicht Macht gab über die Seele Job’s, sondern nur über seinen Leib: so wird auch dieser dem Widersacher zum Verderben des Fleisches übergeben, damit er, „wie die Schlange den Staub leckt“, so das Fleisch, nicht aber die Seele schädige.

      So sterbe denn unser Fleisch den Gelüsten; es sei gefangen und unterthan und ohne Widerspruch gegen das Gesetz unseres Geistes; heiliger Knechtschaft ergeben möge es sterben. So war es bei Paulus, der seinen Leib züchtigte, damit er ihn in Dienstbarkeit brächte, um dadurch, wenn nämlich in ihm das Gesetz des Fleisches dem Gesetze des Geistes entspräche, zugleich seine Predigt zu bewähren. Es stirbt ja das Fleisch, wenn sein Wollen und Verlangen übergeht auf den Geist, so daß es nun nicht mehr darnach trachtet, was des Fleisches, sondern was des Geistes ist. Möchte ich nun an mir selbst erfahren, daß das Fleisch schwach wird; möchte es nur nicht gefangen werden unter das Gesetz der Sünde; möchte ich nur leben nicht im Fleische, sondern im Glauben Christi! So wird dann der Gnadenerweis Gottes größer in der Schwachheit des Fleisches, als in dessen Stärke. Deßhalb wollte ja der Herr auch seinen Apostel, den er doch so sehr liebte, nicht von der Armseligkeit des Fleisches befreien. „Es genügt dir“, antwortete er ihm, als er ihn um Befreiung von derselben bat, „es genügt dir meine Gnade; denn die Kraft wird in der Schwachheit vollkommen.“ Und Paulus selbst hatte Wohlgefallen an seinen Schwachheiten: „Wenn ich schwach bin,“ sagt er. „dann bin ich stark.“ Die Stärke des Geistes kommt eben in den Armseligkeiten des Fleisches zur Vollendung.

      Haben wir bis jetzt den Sinn des Paulinischen Wortes erörtert, so erübrigt noch, die Worte selbst zu betrachten, in wiefern der Apostel nämlich sagen kann, daß er den Sünder dem Satan übergebe zum Verderben des Fleisches, da doch der Teufel unser Versucher ist. Er thut einzelnen Gliedern Gebrechen an und pflegt auch wohl den ganzen Körper in Krankheit zu versenken. So schlug er Job mit bösem Geschwür von den Füßen bis zum Haupte, weil er Gewalt über den Leib des heiligen Dulders erhalten hatte durch das Wort des Herrn: „Siehe, ich gebe ihn in deine Hand, nur schone seines Lebens.“ Genau so handelte der Apostel, da er sagte, daß er den Sünder dem Satan übergebe zum Verderben des Fleisches, damit sein Geist gerettet würde auf den Tag unseres Herrn Jesu Christi.

      Das ist eine große Gewalt, eine mächtige Gnadengabe, dem Teufel gebieten zu können, sich selbst zu schädigen, sein eigen Werk zu vernichten. Das thut er ja wirklich, wenn er einen Menschen, den er zu unterjochen bemüht ist, gerade dadurch, daß er ihn quält, statt schwächer, stärker macht. Denn indem er das Fleisch mit Schwäche heimsucht, stärkt er den Geist. Die Krankheit des Fleisches vertreibt ja die Sünde, während die Ueppigkeit des Fleisches die Schuld auflodern läßt.

      So wird der Teufel hintergangen, daß er sich selbst mit seinem Bisse verwundet und gegen sich denjenigen bewaffnet, den er zu schwächen glaubte. So hat er auch dem heiligen Dulder Job stärkere Waffen verliehen, da er ihn mit Wunden geschlagen. An seinem ganzen Leibe mit Wunden überdeckt,

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