Perry Rhodan Neo 244: Iratio. Rüdiger Schäfer

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Perry Rhodan Neo 244: Iratio - Rüdiger Schäfer Perry Rhodan Neo

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trug ein dünnes Hemdchen mit schmalen Trägern. Einer davon war ihr über die Schulter gerutscht und bewegte sich nun im Takt ihrer rhythmischen Bewegungen den Arm entlang. Erst ein kleines Stück nach oben, dann wieder ein kleines Stück nach unten. Hoch ... runter ... hoch ... runter ...

      Die Frau war schrecklich mager. Ihre Arme, die sie links und rechts auf Vaters Oberschenkel gelegt hatte, bestanden nur aus Haut und Knochen. Iratio hockte einfach da und beobachtete. Natürlich wusste er, was da vor sich ging; schließlich war er schon sieben Jahre alt. Er verstand nur nicht, warum Erwachsene so etwas Seltsames machten. Wenn man genauer darüber nachdachte, war es eigentlich furchtbar komisch, vor allem am Ende, wenn Vater grunzte wie ein Hausschwein und heftig nach Luft schnappte. Sofern ihm sein Leben lieb war, durfte Iratio trotzdem nicht lachen.

      Wenige Minuten später war alles vorbei. Die dürre Frau erhob sich, griff nach einer noch zu einem guten Drittel gefüllten Schnapsflasche und schüttete sich deren Inhalt in den Mund, als wäre er Wasser. Vaters Kopf ruckte nach oben. Iratio erstarrte. Er kannte das Funkeln in den Augen des Manns nur zu gut. Im nächsten Moment war Vater schon aufgesprungen, das Gesicht vor kochender Wut verzerrt.

      Seine rechte Faust schoss nach vorn und traf die Frau mit voller Wucht am Kopf. Ihr schmächtiger Körper wurde nach hinten geschleudert. Sie schrie, stieß gegen den Tisch, kam ins Straucheln und stürzte zu Boden – gemeinsam mit mindestens der Hälfte der dort stehenden Flaschen, die mit lautem Klirren zu Bruch gingen. Vater stieß ein Brüllen aus, das kaum noch etwas Menschliches an sich hatte. Er war zwar ein großer und schwerer Mann mit einem nicht unbeträchtlichen Bauch, doch wenn er wollte, konnte er ziemlich schnell sein. Noch bevor die Frau sich wieder aufgerappelt hatte, war er bereits über ihr, packte sie an den Haaren und riss sie brutal auf die Beine. Ihr kurzzeitiges Kreischen brach sofort ab, als sie einen zweiten Schlag direkt in den Magen kassierte.

      »Perra estúpida!«, herrschte Vater sie an. »Das war die letzte Flasche! Hab ich dir etwa erlaubt, mir meinen Stoff wegzusaufen? Na los: Antworte mir, wenn ich dich etwas frage!«

      Die Frau versuchte hektisch, von ihrem Peiniger wegzukommen, rutschte jedoch auf dem Teppich aus Glassplittern, Bier- und Schnapsresten aus. Außerdem steckten ihre Füße in Schuhen mit furchtbar hohen Absätzen, was ihre Fluchtbemühungen zusätzlich erschwerte. Zuerst glaubte Iratio, dass sie sich – wie die meisten von Vaters »Freundinnen« – die Zehennägel rot lackiert hatte. Dann sah er genauer hin und begriff, dass sie sich an den Scherben verletzt hatte und blutete.

      »Por amor de Dios!«, stieß der bullige Mann hervor. Er hatte die Hand noch immer in die Haare der Frau verkrallt und zog sie nun dicht zu sie heran. Als er weitersprach, versprühte er einen Regen aus Speicheltröpfchen, die im schwachen Licht des Trivids wie winzige Perlen glänzten. »Wer glaubst du eigentlich, dass du bist? Ich werde dich lehren, einem hart arbeitenden Mann seinen letzten Schnaps zu stehlen ...«

      Erst da bemerkte Iratio, dass die Frau noch immer die Flasche in der rechten Hand hielt, aus der sie kurz zuvor getrunken hatte. Oder zumindest das, was noch von ihr übrig war, denn in dem ganzen Durcheinander war auch dieses Gefäß zerbrochen und bestand nur noch aus ein paar spitzen Scherben und dem Flaschenhals, den die Finger der Frau so fest umkrampften, dass ihre Fingerknöchel weiß hervortraten. Als Vater ausholte, um ein weiteres Mal zuzuschlagen, stieß sie zu.

      Iratio biss sich mit aller Kraft in die Faust, als die scharfen Glassplitter Vaters Wange zerfetzten. Plötzlich war überall Blut. Es tropfte aus Vaters Gesicht, lief an seinem Kinn und Hals herab und besudelte das ehemals weiße Unterhemd.

      Diesmal brüllte Vater nicht. Er schnaufte nur. Dann griff er mit der freien Hand hinter seinen Rücken, und im nächsten Moment blitzte sein Ausbeinmesser auf, ein Andenken an die Zeit, als er noch im Schlachthof gearbeitet hatte. Iratio wusste, dass die kurze, sanft gebogene Klinge rasiermesserscharf war. Vaters Lippen verzogen sich zu einem grausamen Lächeln.

      Die Frau hatte die zerbrochene Flasche fallen lassen. Vermutlich hatte sie gar nicht mit Absicht, sondern rein instinktiv gehandelt, hatte sich lediglich vor einem weiteren brutalen Schlag ihres Peinigers schützen wollen. Nun wirkte sie wie gelähmt. Ihre Augen waren glasig und weit aufgerissen.

      »Das wirst du bereuen, coño«, drohte Vater zischend und strich ihr mit dem Messer über die bleiche Haut des Halses. Mit einer kaum wahrnehmbaren Bewegung durchtrennte er den Träger des inzwischen ebenfalls blutbefleckten Hemds und entblößte dadurch ihre rechte Brust. »Ich werde dich ganz langsam ...«

      »Nein!«, schrie Iratio.

      Während die lästige Stimme in seinem Verstand ihn einen Narren schalt, sprang Iratio aus der Deckung und rannte auf seinen Vater zu. Ebenso wie er nicht hätte erklären können, warum er überhaupt sein Bett verlassen hatte und nach unten gekommen war, konnte er diesmal nicht sagen, was ihn zum Eingreifen veranlasste. Niemals zuvor in seinem Leben hatte er solche Furcht empfunden. In seinem Innern fochten nackte Panik und absolute Klarheit einen erbarmungslosen Kampf miteinander aus, einen Kampf, bei dem es nur Verlierer geben würde. Wenn Vater der Frau etwas Schlimmes antat, wenn er seiner Wut nachgab, sie womöglich sogar umbrachte, verlor Iratio sein Zuhause. Ein erbärmliches, dreckstarrendes und niederdrückendes Zuhause, sicher, aber das einzige Zuhause, das er kannte.

      »Qué diablos ...?« Das überraschende Auftauchen des Jungen schien den gereizten Mann tatsächlich für ein paar Sekunden zu beruhigen. Die Hand mit dem Messer sank herab. Er ließ den Haarschopf seines Opfers los, das wie leblos zu Boden sackte und hysterisch zu schluchzen begann.

      Vater sah furchtbar aus. Die Wunde in seinem Gesicht blutete noch immer, doch das kümmerte ihn offenbar nicht. Die Verblüffung, die seinen Jähzorn ein paar Atemzüge lang im Zaum gehalten hatte, verschwand genauso schnell, wie sie gekommen war. Und diesmal projizierte er die neu erwachte Wut auf seinen Sohn.

      Iratio verspürte einen scharfen Schmerz, als er das Wohnzimmer betrat und sich einige der überall verteilten Scherben in die weiche Haut seiner Fußsohlen bohrten. Zeit, hierüber nachzudenken, bekam er jedoch nicht. Die riesige Pranke seines Vaters packte ihn am linken Arm und schleuderte ihn zur Seite. Ein hässliches Knacken ertönte, als wäre jemand im Wald auf einen Ast getreten. Iratio prallte gegen die am Boden kauernde Frau. Der Schmerz im Arm war mörderisch, aber kein Laut entrang sich seiner Kehle.

      Hör auf zu flennen, hörte er die lästige Stimme in seinem Kopf. Diesmal hatte sie den Tonfall seines Vaters. Wenn Iratio weinte, würde das Vaters Zorn nur noch verstärken.

      »Verschwinde!«, flüsterte Iratio der Frau zu. »Los, hau ab, oder er bringt dich um ...«

      Für einen kurzen Moment schien die Zeit stillzustehen, und Iratio konnte das von Tränen, Rotz und verlaufenem Lidschatten verschmierte Gesicht der Frau betrachten. Sie war jung, viel zu jung für das, womit sie ihr Geld verdiente, doch ihre Augen gehörten einer Greisin. Ihre Lippen zitterten. Anscheinend wollte sie etwas sagen, überlegte es sich dann jedoch anders, sprang auf und rannte davon. Iratio sah noch, wie sie das Wohnzimmer verließ, die Diele entlanghetzte und die Apartmenttür aufriss. Dann war sein Vater heran und griff wieder zu.

      Diesmal konnte der Junge ein Aufstöhnen nicht unterdrücken. Sein Arm musste gebrochen sein; es fühlte sich an, als würde Iratio von einem unglaublich heißen Feuer sehr langsam verzehrt werden.

      »Tut es weh, pequeña mierda?«, fragte Vater höhnisch. Sein nach Schnaps und Knoblauch stinkender Atem ließ Iratio würgen. Aber Iratio bettelte nicht, denn er wusste, dass das alles nur schlimmer machen würde.

      »Du sollst mich doch nicht wütend machen ...« Iratio spürte, wie sich ihm eine Hand des Manns um den Hals legte. Er bekam kaum noch Luft, strampelte verzweifelt mit Armen und Beinen, doch gegen die Kraft des erwachsenen Manns kam er nicht an. Dann sah er das Messer vor Vaters grinsendem

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