Perry Rhodan Neo 244: Iratio. Rüdiger Schäfer

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Perry Rhodan Neo 244: Iratio - Rüdiger Schäfer Perry Rhodan Neo

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wegen des illegalen Beherbergens eines gesuchten Minderjährigen ins Loch stecke?«

      Maylin kam stöhnend auf die Beine. Die Drohung des Polizisten kümmerte sie nicht, sie stürzte sich sofort wieder auf ihn. Ihre kleinen Hände hatte sie zu Fäusten geballt, und zwischen den faltigen Lippen waren die schadhaften Zähne gebleckt. Wenn die Situation nicht so ernst gewesen wäre, hätte Iratio gelacht.

      Diesmal schlug der Oficial zu, unbarmherzig und mit aller Kraft. Entsetzt musste Iratio mit ansehen, wie die alte Frau im Gesicht getroffen wurde und erneut zu Boden ging. Das schreckliche Knacken, das dabei ertönte, erinnerte ihn an das Brechen seines Arms. Wie lange war das mittlerweile schon her? Er wusste es nicht.

      Blut schoss aus Maylins Nase. Die Schirmmütze war ihr vom Kopf gerutscht, und das graue Haar hing ihr wie ein Netz aus Spinnenfäden vor den Augen. Dennoch dachte sie nicht daran, aufzugeben. Der Polizist lachte, als sie beim abermaligen Versuch, aufzustehen, wegrutschte und wieder in den Matsch fiel.

      »Verschwinde endlich!«, herrschte er sie an. »Bevor ich die Geduld verliere!«

      Maylin stand nun keuchend und mit in die Hüften gestemmten Armen vor dem Ordnungshüter. Noch immer kam Blut aus ihrer Nase, was ihr einen gleichzeitig furchterregenden und bemitleidenswerten Ausdruck verlieh. Für ein paar Atemzüge standen sich die beiden so unterschiedlichen Gegner gegenüber wie zwei Revolverhelden in einem der uralten Westernfilme, die sich Iratio manchmal im Trivid ansah.

      Dann spuckte Maylin den Oficial an. Der daumennagelgroße Klumpen aus Speichel, Rotz und Blut landete mitten auf dem Helmvisier des Manns und rann wie in Zeitlupe daran herunter.

      »Hijo de puta!«, zischte die alte Frau. Iratio hatte sie niemals zuvor so wütend gesehen.

      Er wusste, was geschehen würde, noch bevor der Polizist sich bewegte, doch er konnte nichts dagegen tun. Der Mann hielt ihn nach wie vor an der Kapuze seiner Jacke fest, und alle Versuche, sich zu befreien, waren bislang erfolglos geblieben.

      »Pagarás por eso!« Noch während der Oficial die hasserfüllten Worte hervorstieß, hatte er mit seinem Batuta ausgeholt und zugeschlagen.

      Maylin wollte sich wegducken, doch sie war viel zu langsam. Der Stock erwischte sie zuerst am Hals und danach an der Schläfe. Als sie diesmal zu Boden fiel, war Iratio sicher, dass sie nicht mehr aufstehen würde.

      »Lass sie ...«, bekam Iratio unter Schluchzen heraus. Ein dicker Kloß im Hals machte das Sprechen nahezu unmöglich. »Lass sie ... in Ruhe ...«

      Doch der Oficial dachte gar nicht daran. Stattdessen versetzte er der hilf- und wehrlosen Frau mehrere Tritte mit seinen schweren, schwarzen Stiefeln. Maylin versuchte verzweifelt wegzukriechen, doch der Polizist folgte ihr und traktierte sie immer weiter. Es schien eine Ewigkeit zu dauern, bevor er endlich von ihr abließ. Maylin bewegte sich nicht mehr.

      Iratio hing schluchzend und schniefend wie ein nasser Sack im harten Griff des Polizisten. Iratios Mund formte Maylins Namen, doch er brachte nur ein ersticktes Röcheln heraus.

      »Was machst du da?«, erklang plötzlich eine weitere Stimme. Durch den Tränenschleier hindurch erkannte Iratio einen zweiten Oficial, der herangelaufen kam, seinen Kollegen an den Schultern packte und von der alten Frau wegzog. »Bist du von Sinnen, Tipo? Wenn der Líder dich sieht, kriegst du mächtig Ärger.«

      Der Angesprochene grunzte unwillig und schüttelte die Hände seines Kumpans ab. »Scheiß auf die Alte«, sagte er. »Schau mal, was ich gefunden habe ...« Dabei schwenkte er Iratio wie eine Jagdtrophäe hin und her.

      »Okay.« Der zweite Polizist hieb dem ersten kräftig auf den Rücken. »Dann lass uns verschwinden und das Balg wegschaffen. Hier stinkt es wie in einer Kloake.«

      Lachend drehten sich die Oficiales um und schlugen die Richtung zu den Mannschaftswagen ein. Iratio schleiften sie dabei einfach hinter sich her. Als der Junge Maylin endgültig aus den Augen verlor, hatte sie sich noch immer nicht gerührt.

      4.

      Quito, 2057

      Iratio Hondro verbrachte den kurzen Rest der Nacht in einer winzigen Zelle. Am Morgen bekam er ein karges Frühstück und wurde von einer furchtbar dürren Frau in Uniform befragt, die sich als Señora Caparolez vorstellte. Sie war eine Mitarbeiterin des Instituto Nacional de la Niñez y la Familia und sprach mit ihm, als wäre er ein Kleinkind. Alle paar Minuten versicherte sie ihm, dass er keine Angst mehr zu haben brauche und dass nun alles gut werde.

      Als Iratio schließlich aufsprang und zornig »Ich habe keine Angst, und gar nichts wird gut!« schrie, musterte sie ihn ein paar Sekunden lang mit gerunzelter Stirn, stand dann auf und ließ ihn allein zurück.

      Eine halbe Stunde später war sie wieder da; diesmal mit einer Flasche Limonade und einem Schokoriegel. Sie lächelte, aber ihr Blick war kalt und emotionslos. Als sie Iratio eröffnete, dass man ihn noch am selben Tag wieder nach Hause bringen würde, wollte er es zunächst nicht glauben. Dennoch schwieg er, denn die Alternative wäre die Einweisung in eins der staatlichen Heime gewesen, und die Geschichten, die man sich über diese Orte erzählte, waren ... nun ja, alles andere als erbaulich.

      In der Vergangenheit hatte er hin und wieder daran gedacht, die staatlichen Stellen um Hilfe zu bitten; vor allem dann, wenn Vater ihn mal wieder ganz besonders übel verdroschen hatte und Iratio tagelang weder sitzen noch richtig laufen konnte. Dennoch hatte er es nie getan. Für einen Außenstehenden mochte das schwer nachvollziehbar sein, aber bei seinem Vater wusste er wenigstens, woran er war. Schmerzen konnte man aushalten. Schmerzen härteten ab. Was ihn dagegen erwartete, wenn man ihn von zu Hause wegholte, war unvorhersehbar und womöglich schlimmer als das, was er kannte.

      Nachdem Señora Caparolez ihm versichert hatte, in den nächsten Tagen bei ihm und seinem Vater nach dem Rechten zu sehen, fuhren ihn zwei Oficiales in einem Streifenwagen nach Guayllabamba, dem Viertel, in dem er wohnte. Als sein Vater die Tür des schäbigen Apartmenthauses öffnete, hätte Iratio ihn beinahe nicht wiedererkannt. Er trug nicht nur weitgehend saubere Kleidung und frisch geputzte Schuhe, sondern hatte sich sogar rasiert und die schütteren Haare gekämmt. Die Verletzungen im Gesicht waren erstaunlicherweise kaum noch zu sehen. Die beiden Polizisten ermahnten ihn mit strengem Blick, in Zukunft besser auf seinen Sohn aufzupassen. Vater strich Iratio daraufhin unbeholfen über den Kopf und legte die rechte Hand schwer auf seine Schulter, während er brav nickte. Es kostete Iratio erhebliche Mühe, sich nicht sofort loszureißen und wieder wegzulaufen.

      Sobald die Oficiales verschwunden waren, ging Vater wortlos ins Haus. Iratio stand minutenlang unschlüssig auf der Stelle. Dann folgte er ihm. Es hatte keinen Sinn, das Unvermeidliche unnötig hinauszuzögern. Besser, er brachte es sofort hinter sich und holte sich seine Tracht Prügel so schnell wie möglich ab.

      Doch als er das Apartment betrat, hockte der bullige Mann nur auf seinem Sessel und starrte blicklos auf die laufende Projektion des Trividwürfels, der irgendeine Dokumentation über die Artenvielfalt auf den Galapagosinseln zeigte. Dort unterhielt die Terranische Union mit Genehmigung der ecuadorianischen Regierung seit dem Jahr 2055 eine große Forschungsstation. Mit deren Hilfe war es gelungen, einen Großteil der angerichteten Umweltschäden zu beheben und eine Reihe von ausgestorbenen Tier- und Pflanzenarten dank moderner Gentechnik neu anzusiedeln.

      Iratio wartete darauf, dass Vater etwas tat oder zu ihm sprach, doch der saß einfach nur wie eingefroren da und schwieg. Er wirkte beinahe apathisch; so hatte Iratio ihn noch nie zuvor erlebt. Iratio zögerte einen Moment. Dann gab er sich einen Ruck, ging ins Wohnzimmer und setzte sich Vater schräg gegenüber auf die Couch. Iratio überlegte, ob er

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